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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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Zunge heraus, als wollte sie laut aufschreien, doch sie brachte keinen Ton heraus. R.J. hatte Tobys Zustand beständig kontrolliert und bis dahin nur eine geringe zusätzliche Erweiterung des Muttermunds auf etwa vier Zentimeter feststellen können. Doch als sie jetzt nach unten sah, bildete Tobys Vulva ein volles Rund, in dem bereits ein kleiner, behaarter Kopf zu erkennen war.
    »Dennis!« rief sie. »Halt an!«
    Dennis steuerte den Krankenwagen geschickt an den Straßenrand und bremste sanft. R.J. dachte zunächst, daß es sich noch etwas hinziehen würde, aber die Art, wie Toby plötzlich ächzte, überzeugte sie vom Gegenteil. Sie griff zwischen Tobys Beine, und ein kleines, rosiges Baby glitt ihr in die Hände.
    Das erste, was R.J. bemerkte, war, daß das Baby, ob nun eine Frühgeburt oder nicht, bereits Haare hatte, so hell und fein wie die seiner Mutter.
    »Du hast einen Jungen, Toby. Jan, du hast einen Sohn.«
    »Schau nur«, sagte Jan. Er hörte keinen Augenblick auf, seiner Frau die Füße zu massieren.
    Der Junge schrie, ein helles, entrüstetes Aufheulen. Sie wickelten ihn in ein Handtuch und legten ihn neben seine Mutter.
    »Fahr uns ins Krankenhaus, Dennis!« rief Steve.
    Der Krankenwagen hatte eben die Stadtgrenze von Greenfield passiert, als Toby wieder zu keuchen begann. »O Gott Jan, ich krieg noch eins!«
    Sie warf sich hin und her, und R.J. nahm das Baby von der Trage und gab es Steve. »Noch mal anhalten!« rief sie nach vorne.
    Diesmal fuhr Dennis auf den Parkplatz eines Supermarkts.
    Überall um sie herum waren Leute, die gerade aus ihrem Auto stiegen oder es beluden.
    Toby riß die Augen weit auf. Sie hielt den Atem an, ächzte und preßte. Hielt den Atem an, ächzte und preßte, immer und immer wieder, während sie halb auf der Seite lag und hilflos die Wand des Krankenwagens anstarrte.
    »Wir müssen ihr helfen. Halt ihr das rechte Bein in die Höhe!« sagte R.J., und Jan faßte mit der rechten Hand Tobys Knie und drückte mit der linken auf ihren Schenkel, damit das Bein angewinkelt blieb. Jetzt schrie Toby.
    »Nein, halt sie fest!« sagte R.J. und löste die Plazenta; dabei hatte Toby ein wenig Stuhlgang. R.J. bemerkte es und bedeckte das Resultat mit einem Tuch, voller Staunen darüber, daß so das Leben entstand, daß all die Millionen von Menschen seit Millionen von Jahren in eben dieser Mischung aus Schleim, Blut und Qual auf die Welt kamen.
    Während Dennis den Parkplatz verließ und durch das Stadtzentrum fuhr, suchte R.J. sich eine Plastiktüte und steckte die Plazenta hinein.
    Das Baby lag jetzt wieder neben Toby, und die Plazenta neben dem Baby. »Sollen wir die Nabelschnur durchtrennen?« fragte Steven.
    »Womit denn?«
    Er öffnete den kleinen Geburtshilfekoffer des Krankenwagens und zog eine einschneidige Rasierklinge heraus. Bei dem Gedanken, dieses Ding in dem schwankenden Fahrzeug zu benutzen, lief R.J. ein Schauer über den Rücken. »Nein, das soll jemand im Krankenhaus mit einer sterilen Schere machen«, erwiderte sie, nahm aber die beiden Schnurstücke aus dem Koffer und band die Nabelschnur ab, zuerst zwei Zentimeter über dem Bauch des Babys und dann an der Öffnung der Plastiktüte. Toby lag erschöpft da, die Augen geschlossen. R.J. massierte ihr den Unterleib, und als der Wagen vor dem Krankenhaus vorfuhr, spürte sie durch die dünne, glatte Haut des jetzt schlaffen Bauchs, wie der Uterus reagierte und sich zusammenzog, wie er schon anfing, wieder fest und bereit für ein nächstes Mal zu werden.
    R.J. stand in der Personaltoilette am Waschbecken und wusch sich Hände und Arme, schrubbte sich Fruchtwasser und verdünntes Blut von der Haut. Ihre Kleidung war durchtränkt und verströmte einen stechenden, erdigen Geruch. Sie zog Jeans und Pullover aus und rollte beides zusammen. Auf einem Regal lag ein Stapel frischgewaschener, grauer Klinikanzüge. Sie nahm sich eine Hose und ein Oberteil und zog sie an. Mit ihren Kleidern in einer Papiertüte verließ sie die Toilette.
    Toby lag in einem Klinikbett »Wo ist er? Ich will ihn bei mir haben.« Ihre Stimme war heiser.
    »Sie machen ihn gerade sauber. Sein Daddy ist bei ihm. Er wiegt zweitausendfünfhundertfünfzig Gramm.«
    »Das ist nicht viel, oder?«
    »Er ist gesund. Nur klein, weil er ein bißchen früh geboren wurde. Deshalb hattest du es ja einfach.«
    »Ich hatte es einfach?«
    »Na ja ... es ging ziemlich schnell.« Eine Schwester kam ins Zimmer, und das erinnerte R.J. an etwas. »Sie hat ein paar kleine

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