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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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vom Mond erhellten Wasser liebte gleich zwei sich in der Luft vereinigenden Vögeln. Sie verließ den Damm und warf die restlichen Steine in den Fluß, als würde sie bei einem Bestattungsritual die Asche eines Verstorbenen verstreuen. Auf diese Weise verwandelte sie eine halbe Meile des wunderschönen Bergflusses in eine Stätte des Gedenkens an Sarah Markus.
    Im Fluß konnte man jetzt einen Herzstein finden, wann immer man einen brauchte. Sie schob den leeren Schubkarren nach Hause und stellte ihn ab.
    Im Vorraum zog sie die Stiefel und die durchnäßten Strümpfe aus. Barfuß holte sie sich trockene Wollsocken, die sie anzog. Dann fing sie auf Strümpfen in der Küche an zu putzen und wischte in jedem Zimmer des Hauses Staub. Als sie damit fertig war, ging sie ins Wohnzimmer. Alles war leer, sauber und still - bis auf das Geräusch ihres Atems.
    Es gab keinen Mann mehr, keine Katze, keinen Geist. Jetzt war es wieder ganz allein ihr Haus, und sie saß in der Stille und der dichter werdenden Dunkelheit im Wohnzimmer und wartete, was die Zukunft bringen würde.

Der erste Schnee
    Unter einem Himmel düsterer Wolken wurde der November zum Dezember. Die Laubbäume im Wald hatten die Blätter verloren, ihre Äste glichen in die Höhe gereckten Armen, die Zweige tastenden Fingern. Den ganzen Sommer hatte sie den Pfad bedenkenlos betreten, aber jetzt, da die meisten Bären bereits ihren Winterschlaf hielten, befürchtete sie komischerweise, auf dem schmalen Weg jenem großen Bären zu begegnen. Als sie wieder nach Greenfield fuhr, ging sie in ein Sportgeschäft und kaufte sich eine Schiffsirene, eine kleine Dose mit einem Schalltrichter, die ein lautes Tröten von sich gab, wenn man auf einen Knopf drückte. Immer wenn sie in den Wald ging, trug sie den Lärmmacher in einem Gürteltäschchen bei sich, aber das einzige Tier, das ihr begegnete, war ein großer Rehbock, der die Jagdsaison überlebt hatte. Er zog wenige Meter vor ihr durch den Wald, ohne sie zu wittern; wenn sie ein Jäger gewesen wäre, hätte er dran glauben müssen.
    Zum erstenmal war sie sich ihres Alleinseins voll bewußt. Sie sah, daß an den Bäumen entlang des Pfades viele der unteren Äste abgestorben waren, und eines Tages ging sie mit einer Baumsäge in den Wald und befreite Stamm um Stamm von den trockenen, rindenlosen Ästen. Die zurechtgestutzten Bäume, die nun glatt in die Höhe ragten wie natürliche Säulen, gefielen ihr, und sie beschloß, alle Bäume entlang des Pfades zu beschneiden, ein längerfristiges Projekt. Am dritten Dezembertag kam der Schnee - ein heftiger, alles unter sich begrabender Sturm, der ohne jede Vorwarnung losbrach. Es schneite einen Tag und eine Nacht lang. Als sie danach auf ihrem Pfad langlaufen wollte, mußte sie sich noch immer mit der namenlosen, irrationalen Angst herumschlagen, die sie seit einiger Zeit plagte.
    Sie ging zum Telefon und rief Freda Krantz an. »Hallo Freda, hier R.J. Ich will auf meinem Waldpfad Ski laufen. Wenn ich mich in ungefahr eineinhalb Stunden nicht wieder melde, würdest du dann bitte Hank sagen, er soll mich suchen? Ich erwarte zwar keine Probleme, aber...«
    »Kluges Mädchen«, sagte Freda ruhig. »Natürlich. Viel Spaß da draußen, R.J.!«
    Die Sonne stand hoch an einem strahlendblauen Himmel. Der Neuschnee blendete sie, aber im Wald war das Licht nicht mehr so grell. Ihre Ski zischten über den Pfad; es war noch zu früh nach dem Schneesturm, als daß sie viele Spuren hätte entdecken können, aber immerhin sah sie die Fährten eines Hasen und eines Fuchses und einige Mäuseabdrücke.
    Auf der ganzen Länge des Pfads gab es nur ein gefährliches Steilstück. Bei der Abfahrt verlor sie das Gleichgewicht und stürzte schwer in den frischen, tiefen Schnee. Mit geschlossenen Augen lag sie in der flockigen Kälte, eine leichte Beute für alles, was sie aus dem Wald heraus anfallen mochte: ein Bär, ein Räuber, ein bärtiger David Markus.
    Aber nichts geschah, und kurze Zeit später stand sie auf, machte sich auf den Heimweg und rief Freda an.
    Den Sturz schien sie gut überstanden zu haben, kein Bruch, keine Verstauchungen, nicht einmal ein blauer Fleck, nur ihre Brüste spannten und waren sehr empfindlich.
    Als sie an diesem Abend zu Bett ging, schaltete sie zum erstenmal seit langer Zeit das Sicherheitssystem an.
    R.J. beschloß, sich einen Hund zuzulegen. Sie holte sich Bücher aus der Gemeindebibliothek und informierte sich über die verschiedenen Rassen. Jeder Hundehalter, mit

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