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Medicus 03 - Die Erben des Medicus

Titel: Medicus 03 - Die Erben des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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die Leute Jahrhunderte zuvor in die Hügel geführt hatte. Während eines Blizzards stapfte R.J. eines Morgens zu Fuß durch Schneeverwehungen zu ihrer Praxis und stand dann weißgepudert in der Tür. »Was für ein Wetter!« keuchte sie. »Ja«, erwiderte Toby mit glühendem Gesicht, »ist es nicht großartig?«
    Es war ein Monat für warme, herzhafte Mahlzeiten, die man am besten mit Freunden und Nachbarn teilte, denn der Winter dauerte lange in den Hügeln, und eine Art Hüttenkoller war allgegenwärtig. Über Schüsseln mit dampfendem Chili bei Toby und Jan unterhielt R.J. sich mit Lucy Gotelli, einer Museumskuratorin, über amerikanisches Kunsthandwerk. Lucy sagte, ihr Labor sei in der Lage, das Alter von Objekten ziemlich genau zu datieren, und R.J. erzählte ihr von dem Tontäfelchen, das man bei den Babyknochen in ihrer Wiese gefunden hatte.
    »Ich würde es gern sehen«, sagte Lucy. »Im neunzehnten Jahrhundert gab es hier in Woodfield eine Töpferei, die ordentliches unglasiertes Geschirr herstellte. Vielleicht stammt das Täfelchen von dort.«
    Einige Wochen später brachte R.J. Lucy das Täfelchen.
    Die Kuratorin untersuchte es mit einem Vergrößerungsglas.
    »Also für mich sieht das wirklich wie ein Produkt der Woodfielder Töpferei aus. Ganz sicher können wir natürlich nicht sein.
    Jedes Stück war mit einer Markierung gekennzeichnet, den miteinander verschlungenen Buchstaben T und R auf der Unterseite. Falls dieses Täfelchen eine Markierung hatte, ist sie längst verblaßt.« Sie betrachtete neugierig die sieben übriggebliebenen Buchstaben - ah und od , u und dann ot - und kratzte dann mit dem Fingernagel an dem h. »Komische Farbe. Ist das Tinte, was meinen Sie?«
    »Keine Ahnung. Sieht aus wie Blut«, erwiderte R.J. zaghaft, und Lucy lachte.
    »Nein. Das ist garantiert kein Blut. Hören Sie, warum lassen Sie es nicht hier? Mal sehen, was ich im Labor herausfinden kann.«
    »Okay.« Sie ließ das Täfelchen bei Lucy, obwohl es ihr merkwürdigerweise widerstrebte, es auch nur für kurze Zeit aus der Hand zu geben.
    Trotz der Kälte und des tiefen Schnees kratzte eines frühen Morgens ein Lebewesen an R.J.s Haustür. Und dann noch einmal. Sie öffnete die Tür, und zu ihrer Erleichterung trottete nicht ein Bär oder ein Wolf herein, sondern die Katze, die von Zimmer zu Zimmer stolzierte.
    »Tut mir leid, Agunah«, sagte R.J. »Sie sind nicht hier.« Agunah blieb eine knappe Stunde, dann stand sie vor der Tür und wartete, bis R.J. sie hinausließ.
    Noch zweimal in dieser Woche kam sie und kratzte an der Haustür, durchsuchte dann ungläubig das Haus und verschwand schließlich wieder, ohne R.J. nur eines Blickes zu würdigen.
    Zehn Tage vergingen, bis Lucy Gotelli anrief und sich für die Verzögerung entschuldigte. »Ihr Täfelchen hab ich jetzt untersucht. War eigentlich keine große Sache, aber wir hatten im Museum eine Aufregung nach der anderen, und ich bin erst vorgestern dazu gekommen.«
    »Und?«
    »Es wurde wirklich in der Woodfielder Töpferei hergestellt. Ich habe die Markierung gefunden. Und ich habe Fragmente der Substanz untersucht, mit der die Buchstaben auf der Oberseite geschrieben wurden. Es ist Kaseinfarbe.«
    »Von Kasein weiß ich nur, daß es ein Milchbestandteil ist«, sagte R.J.
    »Richtig. Kasein ist das Hauptprotein der Milch, der Bestandteil, der stockt, wenn Milch sauer wird. Früher haben die meisten Milchfarmer hier in der Gegend ihre Farbe selbst hergestellt. Sie hatten ja genügend entrahmte Milch, und die gestockte ließen sie trocknen und zerrieben sie dann zwischen Steinen. Das Kasein wurde als Bindemittel benutzt und mit Farbpigmenten, Milch, Eiweiß und ein wenig Wasser vermischt In Ihrem Fall war das venvendete Pigment Mennige. Die Inschrift ist mit roter Scheunenfarbe auigemalt worden, eigentlich ein sehr leuchtendes Rot, das sich aber im Lauf der Zeit und durch die chemische Reaktion mit der Erde zu Rostrot verändert hat«
    Sie habe das Täfelchen nur unter ultraviolettes Licht zu legen brauchen, sagte Lucy. Der poröse Ton hatte die Farbe zwar absorbiert, aber unter dem Ultraviolettlicht fluoreszierte sie, indem sie Energie absorbierte und reflektierte.
    »Und - konnten Sie die anderen Buchstaben entziffera?«
    »Natürlich. Haben Sie einen Stift bei der Hand? Ich lese Ihinen die Inschrift vor.«
    Sie diktierte langsam, und R.J. notierte sich die Inschrift auf ihrem Rezeptblock. Als Lucy fertig war, saß sie da, ohne Lidschlag, ja fast ohne zu atmen, und

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