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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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vollends öffnete und ebenfalls eintrat.
    Eine Ratte huschte über den Boden und verschwand in einem Nebenraum.
    »Sie sind immer noch da – die Boten des Übels«, sagte Maria tonlos.
    »Aber die Pest ist geflohen«, gab Davide zu bedenken.
    Im Inneren des Hauses waren die Wände mit Ruß bedeckt. Die Einrichtung war größtenteils zu Asche verbrannt. Hier und da gab es noch ein verkohltes Stück, von dem man kaum noch erahnen konnte, was es mal gewesen war.
    Ein Geräusch ließ Maria zusammenzucken. Schritte waren aus dem Obergeschoss zu hören. »Hier ist jemand!«
    »Sicher irgendwelches Gesindel, das sich ungebetenerweise einquartiert hat«, vermutete Davide. »Ich werde Thomás sagen, dass …« Der Schreiber des Hauses di Lorenzo stockte und sah zu der gewundenen Steintreppe, die ins Obergeschoss führte.
    Maria sah zuerst die Stiefel. Sie waren abgetragen, aber offensichtlich von guter Qualität.
    »Wolfhart!«, entfuhr es ihr.
    Er sah sie an. Sein Gesicht wirkte blass. Er hatte dunkle Ränder unter den Augen, so als hätte er über längere Zeit wenig Schlaf bekommen.
    »Maria!«, sagte er, und ein verhaltenes Lächeln spielte um seine Lippen.
    Ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Moment, und Maria spürte, wie wieder jene Gefühle aufkamen, die sie schon einmal völlig überwältigt hatten. Wie hatte er ihr gefehlt! Obwohl sie sich sicher war, dass Wolfhart in jener gemeinsamen Nacht dieselbe Leidenschaft empfunden hatte wie sie selbst, war sie sich trotzdem nicht ganz sicher, ob dieses Erlebnis für ihn wirklich dieselbe Bedeutung gehabt hatte. Bedauerlicherweise war keine Gelegenheit gewesen, sich darüber auszutauschen. Aber in diesem Moment war Maria einfach nur von unendlicher Freude erfüllt.
    »Es wundert mich schon, Euch hier zu sehen«, mischte sich nun Davide ein, der den jungen Medicus mit einem abschätzigen Blick von oben bis unten musterte. »Und davon abgesehen scheint Euch Eure Lehre bei diesem Meister-Medicus des Kaisers nicht zu bekommen! Ihr seht nicht gut aus!«
    »Ich arbeite viel und halte mich fast die ganze Zeit über in feuchten Kellern und halbdunklen Verliesen auf«, erklärte Wolfhart. »Da erscheint einem das ganz normale Tageslicht schon fast etwas grell.«
    »Ich bin froh, dich zu sehen!«, sagte Maria, und ihr entging Davides misstrauischer Blick nicht, als ihr diese vertraut klingenden Worte so einfach über die Lippen gingen.
    »Trotzdem, es würde mich sehr interessieren, was ein angehender Pestarzt ausgerechnet in diesem Haus zu suchen hat«, bestand Davide auf der Beantwortung seiner indirekt gestellten Frage.
    Wolfhart wandte dem Levantiner einen Blick zu. »Gewiss, Ihr habt Anspruch auf eine Erklärung. Sie ist ganz einfach: Meister Cagliari erforscht das Wesen des Schwarzen Todes, und deshalb schauen wir uns unter anderem in den Häusern um, in denen die Seuche gewütet hat.«
    »Und wonach sucht Ihr da genau?«, wollte Davide wissen.
    »Nach Gemeinsamkeiten und Merkmalen, die vielleicht etwas mit dem Ausbruch der Krankheit zu tun haben könnten. Dazu führen wir Listen und erhoffen uns aus diesen Aufzeichnungen neue Erkenntnisse.«
    »Und? Sind daraus schon irgendwelche Erkenntnisse gewonnen worden?« Der Zweifel, der in Davides Worten mitschwang, war unüberhörbar. »Ich kann mir kaum vorstellen, dass wirklich etwas dabei herauskommt, was später auch nur einem einzigen Kranken helfen könnte. Schließlich scheint Ihr noch nicht einmal zu wissen, wonach Ihr eigentlich sucht.«
    »Wüssten wir das, hätten wir vermutlich eines der wichtigsten Rätsel bereits gelöst.«
    Davide schien sich etwas unbehaglich zu fühlen. »Na, dann werde ich mal die allgemeine Wiedersehensfreude nicht länger stören und mir die oberen Geschosse ansehen. Ich vermute, dass es dort noch ein paar unangenehme Überraschungen gibt.«
    »Der Zustand des Hauses ist besser, als man es hätte erwarten können«, sagte Wolfhart. »Ich denke, dass man es wieder in seinem alten Glanz erstrahlen lassen kann.«
    »Diesen Glanz habt Ihr nie erlebt, Wolfhart«, gab Davide zu bedenken.
    Auf dem Gesicht des jungen Medicus zeigte sich ein nachsichtiges Lächeln. »Das mag sein, aber ich vermag ihn mir vorzustellen.«
    Davide hob die Augenbrauen. »So?«
    »Ich bin selbst in einem ähnlichen Haus aufgewachsen, das ebenfalls in schweren Zeiten arg verwüstet wurde und doch immer wieder zu seiner alten Herrlichkeit zurückgeführt werden konnte.«
    Davide stieg mit dem gerade eingetretenen Thomás die

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