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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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aufregst, Schwesterherz. Die Geschäfte des Hauses di Lorenzo gehen gut – trotz der Pest, trotz der Tatsache, dass diese Stadt sich langsam, aber sicher in ein rattenverseuchtes Trümmerfeld verwandelt, ohne dass auch nur ein einziger Türke dazu beigetragen hätte! Aber anscheinend gibt es Geschäfte, die immer gut laufen, und Orte, die allein durch ihre Lage schon einen guten Umsatz garantieren!« Marco kicherte auf eine derart unangemessene und befremdliche Art und Weise, die Maria zutiefst abstieß. Sie konnte es nicht leiden, wenn er sich wie ein Kind benahm. Dazu waren die Zeiten einfach zu ernst.
    »Du irrst dich, wenn du glaubst, dass alles von allein vorangeht, Marco! Da irrst du dich gewaltig! Was glaubst du, was ich den ganzen Tag tue – oder Davide?«
    »Oh, natürlich, der unermüdliche Davide, der unserem Vater immer so getreulich nach dem Munde redete und der nun zu glauben scheint, dass zur Abwechslung seine Erbin dies in Zukunft bei ihm tun könnte!« Beißender Spott klang in seinen Worten mit. Er stand auf, steckte das Hemd in die Hose und hob Wams und Gürtel vom Boden auf.
    »Deine Abneigung scheint ja nicht sämtliche Mitglieder von Davides Familie zu treffen«, konnte sich Maria eine spitze Bemerkung im Hinblick auf Seriféa nicht verkneifen.
    Marco grinste. »Das mag wohl stimmen«, gab er zu.
    »Marco, wohin fließen all diese Beträge, die du anscheinend immer wieder aus unserem Guthaben nimmst?«
    »Habe ich nicht das Recht dazu?«, fragte er. »Bin ich nicht auch ein Erbe des Hauses di Lorenzo, genau wie du?«
    »Aber du kannst nicht einfach Wechsel ausstellen lassen, ohne dass …«
    »… ohne dass ich dich gefragt hätte – oder diesen Davide, der wohl so etwas wie der Sachwalter unseres Vaters über seinen Tod hinaus zu sein scheint oder es sich zumindest anmaßt?«
    »Marco, er maßt sich nichts an! Er dient dem Haus, das ist alles! Und das macht er treu und ergeben, wie man es sich von anderen nur wünschen könnte!«
    Marco musterte seine Schwester. Er ging auf Maria zu. Sein Blick hatte wieder diese eigenartige, unangenehme Intensität, die Maria erschrecken ließ. Früher war er immer ihr Vertrauter gewesen, aber jetzt wirkte er unsagbar fremd auf sie. Wie jemand, den sie kaum kennen würde. Wie war das nur möglich? Wie hatte es sein können, dass auf einmal so viel zwischen ihnen zu stehen schien? Das hatte nicht nur damit zu tun, dass Marco ganz offensichtlich größere Summen aus den Erlösen des Hauses di Lorenzo abzweigte und für Dinge ausgab, von denen sich Maria nicht einmal vorzustellen vermochte, worum es eigentlich ging.
    »Allein in den letzten Wochen fehlt uns eine Summe, die ausreichen würde, mehrere Schiffe auszurüsten und nach Alexandria oder nach Genua zu schicken«, sagte Maria sehr ernst. »Du hast Wechsel auf unseren Namen ausgestellt, die bereits alle eingelöst wurden. Außerdem fehlen Gold- und Silbermünzen aus unseren Tresoren, zu denen du Zugang hast!«
    »Ich habe nichts getan, wozu ich nicht berechtigt gewesen wäre!«, verteidigte sich Marco. »Lies es im letzten Willen unseres Vaters nach!«
    »Marco, wenn es so weitergeht, dann wirst du uns in den Ruin treiben!«
    Marco lachte rau auf. »Maria, du scheinst dir das Schwarzsehen regelrecht angewöhnt zu haben! So schlimm ist es nicht! Du übertreibst maßlos – und abgesehen davon solltest du doch nun, nach dem Ableben unserer Eltern, begriffen haben, dass irdischer Reichtum nichts bedeutet. Wohin willst du all die Güter denn mitnehmen, wenn der Sensenmann an deine Tür klopft – womöglich in Gestalt eines Pestdoktors? Staub, das ist alles, was von uns bleiben wird. Und vielleicht sogar früher, als wir es für möglich halten.«
    »Ich möchte einfach nur wissen, wofür du derart große Summen ausgibst, Marco. Wenn ich dich herausgeputzt wie ein Edelmann daherlaufen sehen würde, mit Ringen behängt und mit einem rubinbesetzten Zierschwert an der Seite, dann könnte ich das verstehen. Das ist jedoch nicht der Fall, und eigentlich würde das auch gar nicht zu dir passen!«
    »Stimmt, das würde nicht zu mir passen«, nickte Marco.
    »Was ist es dann? Frauen? Das liederliche Glücksspiel, dem in einigen Hinterhöfen am Hafen gefrönt wird?«
    Jetzt brach aus Marco ein lautes Lachen heraus, das Maria genauso befremdete wie kurz zuvor sein seltsames Kichern. »Von der einstmals von allen Seefahrern des Mittelmeeres gerühmten Hurengasse Konstantinopels dient doch mittlerweile höchstens noch

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