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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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ein Drittel ihrem eigentlichen Zweck – wahrscheinlich haben die schon Schwierigkeiten, ihre Vertreterinnen für die Zunftversammlungen zu benennen, so erbärmlich geht es selbst in dieser Hinsicht hier zu! Was sollte ich dort wohl? Das sind Weiber, bei denen man sich höchstens eine ansteckende Krankheit holen kann und die ihre Gesichter so dick übermalen müssen, dass man die Spuren des Aussatzes nicht gleich sieht! Damit kann man doch nur Seeleute aus den Ländern der Araber beeindrucken, die die Wirkung des Weines nicht gewohnt sind und außerdem ihr Lebtag nur verschleierte Frauen gesehen haben! Und was das Glücksspiel angeht, so solltest du mich auch in dieser Hinsicht besser kennen und wissen, dass ich weder an mein eigenes noch an das Glück irgendeines anderen Menschen mehr glauben kann!«
    »Dann sag mir um Gottes willen, was du mit all diesem Geld getan hast!«, forderte Maria ihren Bruder auf. Er wandte sich von ihr ab. Sie fasste ihn bei den Schultern und drehte ihn zu sich herum, was er widerstandslos geschehen ließ. »Sieh mich an! Wir hatten nie Geheimnisse voreinander!«
    »Das ist lange her, Maria … Und eins dieser Geheimnisse ist dir doch gerade in diesem Raum begegnet!«
    »Jetzt weich mir nicht aus! Ich will die Wahrheit wissen! Was ist los?«
    Mit angehobenen Augenbrauen erwiderte er nun ihren Blick. »Es gibt nichts dazu zu sagen, Maria. Nichts, was du nicht bereits wüsstest. Kann sein, dass ich dazu neige, das Silberstück nicht erst lange umzudrehen, bevor ich es dem Bettler am Hafen oder einem Spielmann auf dem Markt gebe. Das Leben ist kurz und endlich, das solltest auch du inzwischen begriffen haben. Davon abgesehen …« Er stockte und sprach nicht weiter.
    »Was?«, verlangte Maria zu wissen.
    »Nichts«, sagte er. »Du würdest es nicht verstehen. Zudem habe ich keine Lust mehr, mich länger mit dir darüber zu unterhalten.«
    »Hat es irgendetwas mit den vielen Nächten zu tun, die du nicht zu Hause bist? Du bist ganze Tage verschwunden gewesen.«
    »Ist auch das nicht mein gutes Recht – ohne dass ich dafür Rechenschaft ablegen müsste? Ich erinnere dich ungern daran, aber du bist meine Schwester – und nicht meine Mutter!«
    Maria hatte das Gefühl, immer wieder gegen eine unsichtbare Wand anzurennen. Es schien keinerlei Möglichkeit zu geben, diese Barriere, die mit der Zeit immer stärker geworden war, zu durchbrechen. Sie sprach mit ihm, doch er tat so, als hörte er sie nicht oder verstünde sie nicht richtig. Alles, was sie sagte, prallte an ihm ab, so als hätte irgendeine dämonische Macht von seiner Seele Besitz ergriffen. Eine Macht, die ihn unempfänglich für ihre Worte, ihren Segen und ihre beschwörenden Einwände machte. Alles, was ihm früher einmal etwas bedeutet hatte, schien ihm gleichgültig geworden zu sein. Dazu zählte das Wohl und Wehe des Hauses di Lorenzo genauso wie die Sorge seiner Schwester oder sogar sein eigenes Schicksal.
    »Es hat einmal eine Zeit gegeben, in der wir uns alles sagen konnten«, stellte sie fest.
    »Ich weiß«, sagte Marco. »Aber ehrlich gesagt erinnere ich mich kaum noch daran. Es scheint so lange her zu sein.«
    »Was ist in der Zwischenzeit mit uns geschehen?«
    »Das weiß ich nicht«, gestand er. »Erklären kann ich es noch viel weniger.« Er ging zur Kommode auf der anderen Seite des Zimmers, öffnete eine Schublade und holte jenes Buch hervor, das er ihr schon einmal gezeigt hatte – die Abschrift des Buchs der Cherubim, dessen Studium er sich in letzter Zeit offenbar sehr stark hingegeben hatte. »Satan mit den Mitteln des Satans bekämpfen, sich selbst das Zeichen des Teufels ins Fleisch brennen, um ihm die Stirn bieten und diesen Feind und Verderber der Menschheit bekämpfen zu können! Das ist es, was ich will! Und in den Zeilen dieses Buches steht es geschrieben, wie das vor sich zu gehen hat!«
    »Hast du das Geld vielleicht für weitere Abschriften dieses Buches ausgegeben?«, fragte Maria.
    »Du verstehst mich noch immer nicht, Maria! Du begreifst nicht, was es für diese verderbte Welt bedeuten könnte, wenn jemand auftauchte, der noch verderbter als alle anderen ist. Jemand, der von allen gehasst wird und das Böse anzieht wie das Licht die Motten. Jemand, vor dem sich selbst der Höllenfürst fürchten müsste! Dann wäre uns allen geholfen, Maria!«
    »Marco, du redest wirres Zeug«, gab Maria voller Abscheu zurück. »Offen gestanden weiß ich jetzt nach wie vor nicht, was das alles mit den fehlenden

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