Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
Vom Netzwerk:
unpassierbar, doch der Kaiser hatte schon lange nicht mehr die Mittel, um für eine Instandhaltung zu sorgen. Dann sprangen oft die Zünfte und Gilden der Handwerker und Kaufleute ein und versetzten wichtige Teilstücke mit eigenen Kräften wieder in einen Zustand, der zumindest den ungehinderten Warenverkehr erlaubte.
    Um die Burg der Sieben Türme herum befand sich ein dichter besiedelter Teil Konstantinopels. Die Burg bildete, zusammen mit dem zwischen der Mese und der Küstenmauer gelegenen Bereich, eine kleine Stadt für sich. Vor allem Angehörige der kaiserlichen Söldnertruppe lebten hier, aber auch viele Händler und Huren, die nicht Mitglieder der angestammten Gilden für diese Berufsstände geworden waren, was immer wieder zu Auseinandersetzungen führte. Letztlich gab es keine Macht in Konstantinopel, die stark genug gewesen wäre, die Gildenordnung auch hier durchzusetzen. Wie alles andere auch schien sie dem langsamen, unaufhaltsamen Verfall preisgegeben zu sein.
    In der Gegend um die Burg der Sieben Türme sprach nur eine Minderheit Griechisch. Während der Wagen in diesen Bereich einfuhr und von der Mese in eine der engen Gassen einbog, hörte Maria das Stimmengewirr aus den Tavernen. Auf dem vorherigen Abschnitt der Mese war es sehr dunkel gewesen, fast so, als wäre man durch die freie Wildnis gefahren, dagegen gab es rund um die Burg der Sieben Türme genug Helligkeit, um die Häuser in einem dämmrigen, flackernden Licht erscheinen zu lassen.
    An den Straßenecken befanden sich Leuchten, und auch aus den Häusern schimmerte Licht. Trotz der fortgeschrittenen Stunde schien hier noch lange nicht Ruhe eingekehrt zu sein.
    »Halt! Bis hierher!«, rief Davide dem Kutscher zu, woraufhin dieser den Wagen stoppte.
    »Sind wir schon am Ziel?«, fragte Maria.
    »Nein, das letzte Stück werden wir zu Fuß gehen. Es soll sich niemand an uns erinnern. Auch nicht der Kutscher soll unser Ziel kennen!«
    »Stammt er nicht aus Eurer Familie?«
    »Ja, aber das heißt nicht, dass er auf der Folter nicht verraten würde, mit wem wir uns getroffen haben. Darum ist es besser, er weiß es gar nicht erst!«
    »Ich weiß Eure Vorsicht sehr zu schätzen, Davide.«
    Sie stiegen aus dem Wagen. Davide wandte sich an den Kutscher. »Warte auf dem Platz vor dem Triumphbogen des Konstantin! Falls wir dort nicht eintreffen, bevor die Glocken der Märtyrer-Kapelle zweimal die nächste Stunde geschlagen haben, dann fahr zurück zum Kontor, Michael!«, ordnete er an.
    »Ich werde alles tun, wie du es verlangst«, versprach Michael. »Aber was wird dann aus euch?«
    »Du gehst in diesem Fall zu Thomás. Er weiß, was dann zu tun ist.«
    Thomás war ein Veteran der kaiserlichen Garde, der sich im Haus di Lorenzo als Kommandant der Waffenknechte und Leibwächter verdingte. Wie die meisten ehemaligen Garde-Söldner stammte er aus Nordeuropa. Sein eigentlicher Name lautete Thomas Angus de Hamilton, und er entstammte der Nebenlinie eines in Ungnade gefallenen schottischen Adelsgeschlechts.
    Maria kannte ihn schon seit ihrer Kindheit – allerdings nur unter der griechisch ausgesprochenen Form seines Namens: Thomás, mit einem weichen, mit der Zunge zwischen den Zähnen gesprochenen Theta am Anfang und einer Betonung auf der letzten Silbe. Sie wunderte sich etwas darüber, dass Davide es vorgezogen hatte, selbst Thomás nicht mitzunehmen. An mangelndem Vertrauen zu dem alten Söldner konnte es nicht liegen, denn offensichtlich hatte Davide ihn eingeweiht. Möglicherweise wollte der kluge Schreiber des Hauses di Lorenzo sich ja einfach noch eine Option für den Fall offenhalten, dass dieses Treffen einen unerwarteten Verlauf nähme.
    Maria folgte Davide in den Schatten auf der anderen Straßenseite, während Michael mit dem Wagen auf der Straße weiterfuhr. Der Triumphbogen des Konstantin bildete das stadtwärts ausgerichtete Haupttor der Burg, und davor gab es einen großen Platz, auf dem sie sich später treffen konnten. Dort standen viele Wagen, weil sie entweder darauf warteten, in die eigentliche Burg gelassen zu werden, um Versorgungsgüter dorthin zu bringen, oder um kontrolliert zu werden. Die Liste der Waren, die auf Dauer oder zeitweilig nicht ausgeführt werden durften, veränderte sich so schnell, dass es kaum einem der Fuhrleute noch möglich war, die Vorschriften wirklich einhalten zu können.
    Maria und Davide bogen in eine enge Gasse ein, von der aus Davide die junge Frau in einen noch viel schmaleren Durchgang, zwischen

Weitere Kostenlose Bücher