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Medicus von Konstantinopel

Medicus von Konstantinopel

Titel: Medicus von Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Walden
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Dutzend bewaffnete Reiter begleitet. Auch das Diebesgesindel wusste, dass zu einem Tag und einer Stunde wie diesen viele Gutbetuchte unterwegs waren, und so musste man entsprechend vorsichtig sein.
    Thomás hatte deshalb sogar zwei zusätzliche Männer angeheuert. Männer, die in der Garde des Kaisers dienten und sich durch solche Aufgaben ein paar Silberstücke dazuverdienten, obwohl das eigentlich strengstens verboten war. Aber die allgemeine Tendenz zur immer hemmungsloseren Vorteilsnahme hatte längst auch die Truppen des Kaisers erreicht.
    Während die Wagen und die begleitenden Reiter über die Mese am Forum Tauri und am Konstantin-Forum vorbeifuhren, fühlte Maria sich unbehaglich. Das lag nicht nur an dem stoischen Schweigen ihres Bruders, der sich nur widerwillig in sein brokatbesetztes Wams gezwängt hatte und die lederne Kappe mit dem neu eingesetzten Federschmuck etwas linkisch trug, sodass er in seinem Aufzug eher lächerlich als würdevoll wirkte. Maria hatte ein edel verarbeitetes, in der Mitte geschnürtes Kleid angezogen. Der Ausschnitt war gerade so, dass er für den Anlass noch akzeptabel war. Auf Schmuck hatte sie bis auf eine Kette, an deren Anhänger das Familienwappen eingearbeitet war, und einen schlichten Ring aus Gold ohne Steinbesatz verzichtet. Zu viel Schmuck konnte einem leicht den Ruf einbringen, zur Prunksucht zu neigen. Verzichtete man jedoch völlig darauf, kam ein Geschäftspartner womöglich ins Grübeln, ob vielleicht die Geschäfte des Hauses schlecht gingen. Und wenn man nicht aufpasste, dann verbreiteten sich üble Gerüchte sehr schnell, und im Handumdrehen standen dann all jene vor der Tür, die sich darum sorgten, was ihre noch nicht eingelösten Wechsel noch wert seien. Auf diese Äußerlichkeiten musste man sehr achten, das hatte man Maria und Marco von klein auf beigebracht. Dass Marco seine Verachtung dafür geradezu zelebrierte, hatte wohl damit zu tun, dass er sich noch immer nicht mit seinem Vater versöhnt hatte, auch wenn sie inzwischen der Tod trennte.
    »Jetzt werden wir diesem aufgeblasenen Palaiologos-Kaiser unsere Aufwartung machen«, meinte Marco schließlich. »Wollen wir darüber Wetten abschließen, ob es Konstantin vergönnt sein wird, eines natürlichen Todes zu sterben, oder ob ihn irgendeiner seiner eigenen, machtgierigen Günstlinge zum Herrn schickt?«
    »Reiß dich zusammen, Marco«, sagte Maria. »Wenn jemand hört, wie du über den Kaiser redest …«
    »Was sollte uns dann passieren, nun, da doch unser Freund Nektarios Erster Logothet wird und damit zum erlauchten Kreis derer gehört, die einen direkten Zugang zu unserem heiligen Herrscher haben! Nektarios wird es doch sicherlich richten.« Maria wandte den Blick an Davide. Der Schreiber schien ziemlich überrascht zu sein. Woher weiß Marco das ? , ging Maria durch den Kopf. Sie hatte es ihm nicht gesagt, und sie konnte sich eigentlich auch nicht vorstellen, dass Davide mit Marco über dieses Thema gesprochen hatte. Dazu hätte auch kaum eine Gelegenheit bestanden, und zudem war Davide inzwischen dazu übergegangen, Marco ohnehin nicht mehr mit Neuigkeiten zu versorgen, die ihm durch seine zahlreichen Kontakte am Hof und in der Stadt zugetragen wurden. Er traute Marco nicht mehr über den Weg, was wohl umgekehrt genauso galt. Hatte Seriféa etwas vom Aufstieg des Nektarios Andronikos mitbekommen und Marco davon erzählt? Maria hielt das für möglich.
    »Ich sehe Euch erstaunt, werter Davide … Und dich ebenfalls, geliebte Schwester. Aber nicht, was ich euch sagte, erstaunte euch, sondern die Tatsache, dass ich euch etwas gesagt habe, was ihr zuvor offenbar schon aus anderer Quelle erfahren und mir verschwiegen hattet, löste diesen einmaligen Ausdruck der Überraschung in euren Gesichtern aus, der sich einfach nicht fälschen lässt!« Marco lachte auf eine Art, die Maria nicht gefiel. Wie sehr hatten sie sich doch voneinander entfernt! In Augenblicken wie diesem wurde ihr das immer wieder aufs Neue schmerzlich bewusst. Sie gehörten derselben Familie an, hatten so gut wie ihr gesamtes Leben miteinander verbracht – ob nun in Konstantinopel oder in Genua – und waren sich doch so furchtbar fremd.
    »Ich empfehle allen, sich vor Taschendieben in Acht zu nehmen. Die mischen sich immer wieder gerne in die Kirchengemeinde, besonders zu solchen Anlässen wie dem, den wir jetzt gerade vor uns haben«, meldete sich nun Thomás zu Wort. »Vor allem achtet auf Bettler und auf jeden, der Euch in ein

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