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Medienmuendig

Medienmuendig

Titel: Medienmuendig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Bleckmann
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gab es eine Wanderung zur Stadtbibliothek als Klassenausflug, Brettspiele im Unterricht, zwei gemeinsame bildschirmfreie Tage, Vorführungen der Schüler zum Thema »Hobbys« (von der Steine-Ausstellung im Klassenzimmer über das kleine Klarinettenkonzert bis zur Fahrradakrobatik-Vorführung auf dem Schulhof), es gab Kartonpuppentheater, das bereits genannte Zeitungsprojekt, und es gab sogar ein eigenes Lied zur Medienwoche, von der Musiklehrerin selbst gedichtet. 7 Vorbildlich! Dazu der Kommentar einer Lehrerin:
     
    Da sahen die Schüler alt aus, die den ganzen Tag vorm Bildschirm hocken, die hatten ja nichts vorzuweisen. Und die anderen, die ihre Hobbys vorzeigten oder vorführten, die waren dann plötzlich die Vorbilder. Ich finde, es ist uns insgesamt einfach prima gelungen, die Alternativen zu stärken.

KAPITEL 12
Die soziale Frage – Wie man nicht zum Außenseiter wird
    Nichts ist wichtiger im Leben eines Menschen als die Menschen, von denen er umgeben ist. Als Eltern wünschen wir uns ein gelingendes Zusammenleben in der Gemeinschaft nicht nur für uns selbst, sondern auch für unsere Kinder. Gute Freunde sollen unsere Kinder später haben können. Ob sich in jedem Lebensalter auch wirklich jemand »Passendes« findet, ist natürlich immer ein Stück weit dem Schicksal überlassen. Aber es gibt sehr viel, was Eltern dafür tun können, dass ihr Kind freundschaftsfähig und freundschaftswürdig wird. Beziehungsfähigkeit erwerben unsere Kinder zuallererst am Beispiel ihrer Beziehung zu den Eltern, später zu den Geschwistern und Freunden. Wenn Sie sich als Eltern Zeit nehmen, diese allerersten Beziehungen in der Familie zu pflegen, legen Sie damit einen wichtigen Grundstein. Für die Fähigkeit, Freundschaften einzugehen, ist natürlich nichts so förderlich wie der unmittelbare Kontakt mit anderen Menschen. Die merkwürdige Dehnung des Begriffs »sozialer Kontakt«, die heute auch Facebook oder andere sogenannte »soziale Netze«, auch die Gilde im Computerspiel, auch die vollautomatisierte Verschickung von Weihnachtsrundmails einschließen kann, macht es erst möglich, immer mehr soziale Verluste und Katastrophen als Gewinne abzurechnen. »Ich habe jetzt schon 20 Freunde«, kann strahlend ein Facebook-Nutzer verkünden, der seit Wochen keinem lebendigen Menschen von Angesicht zu Angesicht begegnet ist. Dass ein Kind ohne Facebook-Account keine Facebook-Freunde haben kann, ist eine Binsenweisheit. Dass es deshalbim echten Leben vereinsamen müsse, ist eine unbewiesene Behauptung, die leider auf dem besten Weg ist, eine »self-fulfilling prophecy« zu werden, also eine in diesem Fall massiv durch Werbung unterstützte Prophezeiung, die für ihre eigene Verwirklichung sorgt. Bisher ist es aber immer noch umgekehrt: Je weniger Bildschirmzeit, desto mehr Gelegenheit zu unmittelbaren menschlichen Kontakten, desto mehr Schulung in Beziehungsfähigkeit, desto bessere Chancen, später vielleicht nicht unbedingt viele (wer braucht 20 Freunde?), aber wirklich gute Freunde zu haben.
    Haben Sie als Eltern also keine Angst, dass Ihr Kind durch eine Erziehung zur Medienmündigkeit, die mit einem späten Einstiegsalter bei der Mediennutzung verbunden ist (vgl. Kapitel 4 und 13), zum Außenseiter werden könnte! Sie können im Großen und Ganzen unbesorgt sein: Die Eltern der bildschirmfreien Zone berichteten, dass ihre Kinder besonders viele nette Spielkameraden hätten. Es mag anders geartete Einzelfälle geben, und allgemeinere Aussagen wie diese können nur eine Richtschnur sein. Sie dürfen selbstverständlich nicht an die Stelle der genauen Betrachtung Ihres Kindes treten.
    Ein gutes Beispiel, wie man gleich zu Beginn die Weichen richtig stellen kann, um soziales Eingebundensein mit einer kritischen Haltung gegenüber den Medien zu vereinbaren, lebt jedenfalls Annettes Familie vor.

Annette: … anderen Eltern nicht vorschreiben: So müsst ihr’s machen!
    Annette wohnt mit ihrem Mann und dem vierjährigen Sohn Alexander in einem kleinen Häuschen mit Garten. Von Alexander als einem Kind, dem die Fähigkeit, sich selbst zu beschäftigen, nicht einfach in den Schoß fiel, sondern mühsam eingeübt werden musste, war oben schon kurz die Rede. Zum Interview sitzen wir im Bauwagen des Waldkindergartens, und um den Wagen herum laufen schon einige, die nach und nach abgeholtwerden. Gerade hat Annette erzählt, dass sie erst spät Mutter geworden ist, dass Alexander keine jüngeren Geschwister haben wird. Jetzt blickt sie

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