Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)
erlernt werden und dann weitgehend unbewusst »ablaufen«. Das meditative Gehen wird daher stark verlangsamt, um die Komplexität des »Vorgangs« wahrnehmen zu können: die Gewichtsverlagerungen, das Aufsetzen der Ferse, das Abrollen über die Fußsohle, die Muskelarbeit in Waden, Oberschenkeln und Gesäß.
Sich mittels Meditation die eigenen Haltungs- und Bewegungsmuster bewusst zu machen dient der Einsicht in den eigenen Körperausdruck. Außerdem ist dies für die Übertragung und Ausweitung meditativer Qualitäten »vom Kissen in den Alltag« wichtig. Wenn Sie in der Meditation beispielsweise chronische Verspannungen im Nacken und Gesäß erspüren und auflösen, werden Sie merken, dass Sie anschließend den Boden besser spüren, sich freier und geschmeidiger bewegen.
Viele alltägliche Situationen, zum Beispiel der Gang zum Bäcker oder Zeiten, in denen Sie warten müssen, können Sie dazu nutzen, sich die eigene Haltung und Bewegung bewusst zu machen. Keine der Meditationsübungen in den nachfolgenden Kapiteln setzt zwingend eine Sitzhaltung voraus. Insbesondere wenn es Ihnen schwerfällt, Zeit für die Sitzmeditation zu reservieren, bietet es sich an, geeignete Situationen im Alltag für die Meditation zu nutzen. Besonders vorteilhaft ist es, wenn Sie formelle Sitzmeditation und Achtsamkeitsübungen bei alltäglichen Handlungen kombinieren, weil dadurch die positiven Qualitäten, die Sie anstreben, am schnellsten entwickelt, vertieft und im tätigen Leben verwirklicht werden können.
Achtsamkeit und Körperbewusstheit können während der nach innen gewandten Sitzmeditation besonders leicht gesteigert werden. Versuchen Sie, diese erhöhte Bewusstheit danach so lange wie möglich zu bewahren, wenn Sie wieder in der Außenwelt aktiv werden. Nutzen Sie jede Wartezeit als Gelegenheit zum Meditieren. Wenn Sie stehen, beispielsweise an einer Haltestelle, dann drücken Sie nicht die Beine durch, sondern gehen Sie unmerklich etwas in die Knie, um den Bodenkontakt zu verbessern. Spüren Sie, wie die Füße Ihr Gewicht tragen. Verlagern Sie Ihren Schwerpunkt pendelnd von den Zehenballen auf die Fersen und vom linken auf den rechten Fuß, bis er schließlich in der Mitte der Füße liegt. So können Sie auch im Stehen eine zentrierte Haltung einnehmen, die sich für die nachfolgend beschriebenen Meditationsübungen hervorragend eignet.
Checkliste: Welche Haltung ist für mich optimal?
Als Entscheidungshilfe werden nachfolgend Empfehlungen für einige typische Situationen gegeben. Prüfen Sie, was am ehesten auf Sie zutrifft.
Ich möchte Meditation ausprobieren und erst einmal kein Geld für Hilfsmittel ausgeben: Sitzen Sie auf einem vorhandenen Stuhl.
Ich möchte gerne die traditionellen Meditationshaltungen ausprobieren: Beginnen Sie mit dem Schneidersitz oder dem Fersensitz. Verwenden Sie ein festes Kissen als Sitzfläche, und unterpolstern Sie Knie und Füße.
Ich bin bereit, Zeit und Geld zu investieren, um in einer traditionellen Meditationshaltung zu üben: Kaufen Sie sich ein Bänkchen oder Meditationskissen, und praktizieren Sie Dehnübungen, wenn Sie den halben oder vollen Lotossitz erlernen möchten.
Ich habe bereits nach kurzer Zeit heftige Rückenschmerzen, wenn ich mich aufrecht hinsetze: Lehnen Sie Ihren Rücken an, oder praktizieren Sie mit einer gesprochenen Anleitung im Liegen.
Ich habe keine Zeit für die regelmäßige Sitzmeditation: Finden Sie im Alltag Gelegenheiten zum Meditieren (z.B. Wartezeiten), oder gestalten Sie Alltagshandlungen (z.B. Treppensteigen) als meditative Übungen.
Unabhängig von der gewählten Haltung sollten Sie darauf achten, bequeme Kleidung zu tragen, die nicht einschnürt und die Atmung beengt. Ziehen Sie die Schuhe aus, und verwenden Sie bei Bedarf ein Paar Socken, um die Füße warm zu halten. Legen Sie Brille, Schmuck, Armbanduhr und dergleichen ab – bei der Erforschung der Innenwelt werden sie nicht benötigt. Das Ablegen ist auch eine symbolische Handlung, das Einleitungsritual für eine private Auszeit, in der solche Äußerlichkeiten keine Rolle spielen.
Atmen
Sie haben Ihre Motivation geklärt, befinden sich an einem geeigneten Ort und haben Zeit. Sie haben eine bequeme Körperhaltung für sich gefunden und möchten Meditation ausprobieren. Doch wie geht Meditieren? Was tut jemand, der meditiert? Auf diese Frage gibt es viele mögliche Antworten, weil eine Vielzahl unterschiedlicher Meditationstechniken existiert.
In der Literatur werden diverse
Weitere Kostenlose Bücher