Meditation für Skeptiker: Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst (German Edition)
Anlehnung an Persinger, siehe oben)
Nucleus caudatus, beidseitig: Gefühle der Freude und bedingungslosen Liebe
linker Hirnstamm und Inselcortex: Körperempfindungen, die die intensiven Gefühle begleiten
linker, mittlerer Präfrontalcortex und anteriorer cingulärer Cortex: Wahrnehmung und Bewusstheit der Gefühle
mittlerer Orbitofrontalcortex: subjektives Angenehmsein der Erfahrung
parietaler Cortex: Erweiterung des Selbsterlebens, Veränderung des Körperschemas
Die Autoren der Studie räumen ein, dass sie lediglich Erinnerungen an mystische Erfahrungen untersucht haben. Das Phänomen eines plötzlichen Erwachens in eine zeit- und grenzenlose Realität, in der die Einheit mit allem als objektive Gegebenheit wahrgenommen wird, ist nicht identisch mit einer willkürlich hervorgerufenen Erinnerung an solch eine Erfahrung. Im Widerspruch zu den Annahmen von Newberg trat im parietalen Cortex keine Abnahme, sondern eine Zunahme der Aktivität auf.
In den beiden nachfolgenden Abschnitten wird eine weitere Hypothese dazu vorgestellt, welche neurophysiologischen Mechanismen der Erfahrung eines allumfassenden Einsseins zugrundeliegen könnten. Diese Hypothese liefert Erklärungen dafür, wodurch die Meditationspraxis das Auftreten mystischer Erfahrungen begünstigt (Ott, 2000; Ott, 2007) und welche Nebenwirkungen dabei auftreten können.
Wahrnehmung und Gamma-Aktivität im EEG
Das Elektroenzephalogramm (EEG) misst die elektrische Aktivität des Gehirns mit Hilfe von Elektroden, die auf der Kopfhaut befestigt werden. Die registrierten elektrischen Hirnwellen weisen unterschiedliche Frequenzen auf, die in mehrere Bereiche (Frequenzbänder) unterteilt sind:
Delta (unter 4 Hz): tritt vor allem im Tiefschlaf auf
Theta (4 bis 7 Hz): kennzeichnet leichten Schlaf und Zustände des Dösens
Alpha (8 bis 12 Hz): kennzeichnet den entspannten Wachzustand
Beta (13 bis 30 Hz): bei wacher Aufmerksamkeit, geistiger Anspannung, emotionaler Erregung
Gamma (30 bis 80 Hz): kurzzeitig in eng umschriebenen Gebieten während fokussierter Aufmerksamkeit
Die langsamen EEG-Wellen bei geringer Aktivierung (Delta, Theta und Alpha) werden als Ruhe- oder Leerlauf-Rhythmen angesehen, bei denen relativ große Gehirnareale synchronisiert feuern, so dass sich die Potentiale der einzelnen Nervenzellen summieren und die Amplituden in der Regel zwischen 30 und 150 μV liegen. Beta- und Gamma-Wellen begleiten demgegenüber Aktivierungs- und Informationsverarbeitungsprozesse und gehen mit einer großflächigen Desynchronisierung einher. Beta-Wellen sind daher selten größer als 30 μV, Gamma-Wellen liegen normalerweise unter 10 μV. Hier sind es nur kleine Gebiete, in denen die Nervenzellen für kurze Zeit synchron feuern.
In den letzten Jahren hat das Interesse an Oszillationen im Gamma-Band des EEGS erheblich zugenommen, weil weitreichende Hypothesen zu ihrer Bedeutung für Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsprozesse formuliert wurden. Die bekannteste dieser Annahmen bezieht sich auf das sogenannte Bindungsproblem. Wenn wir einen Gegenstand wahrnehmen, werden neuronale Repräsentationen in mehreren Hirnregionen hervorgerufen, die unterschiedliche Eigenschaften des Gegenstandes verarbeiten, wie beispielsweise dessen Form, Farbe und Bewegung. Das Bindungsproblem besteht darin, dass die verteilten Aktivierungsmuster in irgendeiner Weise zu einem einheitlichen Wahrnehmungsobjekt verbunden werden müssen.
Singer (1993) konnte zeigen, dass offenbar kohärente Oszillationen im Gamma-Band des EEGS die Zugehörigkeit zu einem Objekt anzeigen. Die entsprechenden Repräsentationen schwingen also nicht nur mit derselben Frequenz, sondern phasengleich, d.h. die Berge und Täler der Wellen treten exakt zum gleichen Zeitpunkt auf. Unser Gehirn ist ständig damit beschäftigt, Wahrnehmungsobjekte aus dem Hintergrund herauszulösen. Wenn wir zwei Objekte als voneinander verschieden wahrnehmen, dann schwingen die Neuronenverbände, die sie im Gehirn repräsentieren, nicht kohärent, sondern mit verschobenen Phasen. Wenn wir zwei Objekte als zusammengehörig wahrnehmen, weil sie sich beispielsweise gleichförmig bewegen, dann ist die Kohärenz ihrer Repräsentationen erhöht.
Bei alltäglichen Handlungen wandert der Fokus der Aufmerksamkeit mit großer Geschwindigkeit und Leichtigkeit von Objekt zu Objekt und verbindet mühelos zugehörige optische und akustische Sinneseindrücke zu einem Gesamterleben der Außenwelt. Zur Ausführung von Handlungen existieren
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