Meditation
Wenn Stille, Jetzt-Gewahrsein und Achtsamkeit stark genug sind, ist es kein Problem, beim Atem zu bleiben. Ich trage meinem Geist einfach auf, beim Atem zu bleiben, und er tut es mit Vergnügen.
Nach den Worten des Anapanasati-Sutta (MN 118) muss ein Meditierender zuerst und »vor allem« für Achtsamkeit sorgen. So übersetze ich für mich das Pali-Wort parimukha , das wörtlich »vornan« bedeutet. Wenn man etwas »vornan« stellt, macht man es zu etwas besonders Wichtigem. Sorgt also vor der Atembetrachtung vor allem erst einmal für Achtsamkeit. Macht sie wichtiger als alles Übrige – hellwach und bewusst. Körperbetrachtung, Körpergewahrsein, Meditation im Gehen – bei all diesen Dingen geht es um Stärkung der Achtsamkeit. Sie muss ein bestimmtes Maß an Klarheit und Wachheit erreicht haben, wenn die Sammlung auf ein bestimmtes Objekt gelingen soll.
Verunreinigungen überwinden
Ihr müsst aber nicht nur wach sein, sondern auch wissen, wohin das Bewusstsein zu richten ist. Ihr müsst lernen, zur richtigen Zeit auf die richtige Sache zu achten. Wenn es mit der Betrachtung des Atems nicht klappt, dann fragt euch, wie ihr es macht. Manchmal ist man versucht, die Atembetrachtung willentlich zu steuern, womit natürlich im Grunde Erwartungen und Forderungen verbunden sind. Und genau da liegt das Problem: im Wie der Atembetrachtung.
Hier ist ein gewisses Grundverständnis der Hindernisse und Verunreinigungen nützlich. Nach meiner Erfahrung ist es am besten, die Hindernisse und Verunreinigungen in dem Raum zwischen dem Betrachter und dem betrachteten Objekt anzusiedeln. Die Hindernisse liegen nicht im Atem und nicht im Bewusstsein, sondern genau dazwischen. Schaut euch diesen Zwischenraum an und versucht zu erfassen, wie ihr den Atem betrachtet. Macht euch klar, wie die fünf Hindernisse daran beteiligt sind: Verlangen, Widerwille, Unruhe, Dumpfheit oder Zweifel. Am Beginn der Meditation ist das wichtiger als die Betrachtung des Atems selbst.
Wenn ich beim Meditieren Anzeichen von Hindernissen und Verunreinigungen entdecke – etwa weil ich mir den schönen Atem wünsche oder ein Nimitta , dieses wunderschöne Licht eines stillen Geistes –, dann horche ich auf. Achtsamkeit entdeckt diesen Wunsch und weiß, dass er nur Schwierigkeiten machen wird, weil er Frieden und Stille hintertreibt. Wenn man das sieht, kann man es auch anhalten.
Wenn euch der Atem nicht befriedigt, werdet ihr euch etwas Interessanteres oder Angenehmeres wünschen, Fantasien oder eine Tasse Kaffee. Wenn man nicht zufrieden ist, möchte der Geist abwandern, das ist ganz natürlich. Stellt also dieses Übelwollen ab. Sagt euch: »Ich hege kein Übelwollen gegen diesen Atem, auch wenn er sich etwas unangenehm anfühlt. Das ist in Ordnung so, so ist er eben.« Lasst ihn ein Weilchen in Ruhe. Alle Meditationsobjekte sind am Beginn der Meditation ein wenig unbehaglich. Das ist ihre Natur. Wenn ihr das erkannt habt, lasst ihr es gut sein.
Bei natürlichen Übergängen von einer Meditationsphase zur nächsten – etwa vom Atem zum schönen Atem oder vom schönen Atem zum Nimitta – kann es sein, dass das neue Meditationsobjekt zunächst nicht sonderlich attraktiv wirkt. Dann denkt ihr: »Soll ich vielleicht lieber zum gewöhnlichen Atem zurückgehen?« Vielleicht fühlt ihr euch so wohl, so friedlich im schönen Atem, aber dann kommt dieses große helle Licht, ein Nimitta , und stört eigentlich ein bisschen. Da ist es gut zu wissen, dass jeder Übergang anfangs ein wenig Unruhe stiftet. Man übt Geduld, man lässt sich darauf ein, bis die Dinge wieder zur Ruhe kommen. Selbst wenn ein Meditationsobjekt etwas Unangenehmes hat, könnt ihr mit genügend Achtsamkeit euer Unbehagen oder Übelwollen hinter euch bringen, bis Freundlichkeit, Sanftmut und Loslassen überwiegen. Das sind übrigens die drei Dinge, die ich immer in den Raum zwischen mir und dem Objekt stelle.
Meditations-Kamma
Bei dieser Art zu üben konzentriert ihr euch auf den Raum zwischen dem Betrachter und seinem Objekt, und in diesen Raum legt ihr diese drei Dinge, die drei Aspekte des Sammasankappa (»rechtes Denken« oder »rechte Absicht«): Loslassen, Freundlichkeit und Sanftmut. Ihr wollt nichts gewinnen und ihr hegt gegen nichts ein Übelwollen. Ihr legt Sanftmut in den Raum zwischen euch und dem Objekt, keine Gewaltanwendung, nichts Aggressives. Wenn ihr diese drei Qualitäten in den Zwischenraum legt und achtsam dafür sorgt, dass sie dort bleiben, kehrt Frieden ein und
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