Medizin der vier Temperamente
produziert, die ich esse?
Wer gute Ernährung will, muss sich dem Tierschutz öffnen: Wurden bei den Tieren, die sich auf meiner Tafel wiederfinden, wenigstens die Minimalforderungen des Tierschutzes eingehalten?
Wer gute Ernährung will, kann nicht nur auf Vitamine schauen, sondern muss sich der Umweltfrage stellen: Wurden bei den Pflanzen, die ich konsumiere, Grundprinzipien des ökologischen Landbaus beachtet?
Diesen Forderungen nach Fair Trade, Tierschutz und ökologischem Landbau kann man natürlich niemals völlig entsprechen! Der Einzelne stößt schnell an Grenzen, die er alleine nicht überwinden kann: beschränkte finanzielle Mittel, Zeitmangel und vieles mehr.
Doch auch kleine Schritte zählen – der Besuch eines Wochenmarktes, der Kauf von Eiern aus Bodenhaltung statt Legebatterie, der Verzicht auf Gänsestopfleber, das Päckchen Fair-Trade-Kaffee, die paar Euro mehr für einen »ehrlichen« Wein vom Winzer vor Ort. Seien Sie kreativ und entdecken Sie den ganz persönlichen Beitrag, den Sie leisten möchten und können!
Die benediktinische Ernährungspyramide
Benedikt von Nursia war ein aufmerksamer Bibelleser. Bei der Lektüre der Heiligen Schrift fiel ihm auf, dass die Weisungen in Sachen Ernährung ein wenig widersprüchlich scheinen: In der Paradiesgeschichte wird der Mensch als Vegetarier, ja sogar als Veganer, geschildert. Die unmissverständliche Anweisung lautet, er solle sich nur von Pflanzen ernähren!
Etliche Kapitel weiter – nach der Erzählung des Sündenfalls und der Sintflut – wird dann aber dem Noach gestattet, das Fleisch einiger Tiere unter bestimmten Umständen zu essen. Im Christentum hatte man über Jahrhunderte darüber nachgedacht, wie man mit den biblischen Ernährungsanweisungen im Alltag umgehen könnte: im Paradies Vegetarier, hier auf Erden dann aber doch die Erlaubnis, Fleisch zu essen. Benedikt versuchte, einen klugen Kompromiss zu finden, und hat damit eine ganz eigene Ernährungspyramide aufgestellt, welche die gesamte europäische Küche für Jahrhunderte geprägt hat.
Die Basis: Gemüse, Obst, Getreide
Die Paradieserzählung in der Heiligen Schrift ließ für Benedikt von Nursia keinen Zweifel aufkommen: Im Paradies war der Mensch Vegetarier. Die Tötung von Tieren zur Ernährung ist also kein Idealzustand, sondern bestenfalls eine traurige Notwendigkeit. Diese Einsicht hatte Konsequenzen für die Gestaltung der täglichen Ernährung: Der menschliche Speisezettel ist zunächst vegetarisch auszurichten. Die Basis der menschlichen Ernährung besteht aus Gemüse, Wildkräutern, Obst und Getreide.
Benedikt von Nursia fand einen Kompromiss zwischen Vegetariertum und Fleischgenuss.
Eine durchaus provokante Lehre: Beim Thema der vegetarischen Ernährung denken viele Menschen in Europa sofort an die Ethik des Buddhismus oder Hinduismus. Doch auch die jüdische und christliche Tradition in Europa schlagen in die gleiche Kerbe. Die Basis deiner Ernährung sei vegetarisch!
Zugabe: Milch, Eier, Geflügel, Fisch
So paradiesisch vegetarische Ernährung für einen Asketen klingen mag: Benedikt war klar, dass er dem durchschnittlichen Menschen eine strikt vegetarische Ernährung nicht zumuten konnte und dass sie auch unter dem Aspekt der Gesundheit und Vollwertigkeit nicht das Optimum war. Selbst die Bibel erlaubte ja Fleischgenuss unter Auflagen. Benedikt folgerte, dass der Verzehr von tierischen Produkten kein grundsätzlicher Fehler war. Seine salomonische Lösung: Die vegetarische Ernährungsbasis solle außerhalb der Fastenzeit durch einige tierische Nahrungsmittel angereichert werden – nämlich mit Eiern, Milch, Geflügel und Fisch!
Die Eiweißquellen, die Benedikt für das klösterliche Leben vorgesehen hatte, bewährten sich auch außerhalb des Klosters in der mittelalterlichen Stadt: Die europäischen Flüsse und Bäche waren bis zur Barockzeit übervoll mit Fischen und Krebsen. Geflügel ließ sich in jedem Hinterhof halten, um Eier und Fleisch zu gewinnen. Und Milch wurde in Form von Käse zu einer begehrten Handelsware.
Am Scheideweg: Vierfüßige Tiere
An einem Punkt war Benedikt allerdings konsequent und kompromisslos: Das Fleisch vierfüßiger Tiere – Schwein, Rind, Lamm, Ziege, Wild – war dem Mönch und der Nonne nicht erlaubt. Die Regel Benedikts, nur »weißes Fleisch«, aber kein »rotes Fleisch« zu essen, galt natürlich nur für das Kloster. In der breiten Gesellschaft des Mittelalters, der Renaissance und des Barocks standen Schwein, Rind,
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