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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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kniete nieder. Zwischen den rußigen Holzscheiten lagen angekohlte Schnürsenkel. Er hob sie auf und hielt sie prüfend vors Gesicht.
    Er stand auf und atmete tief ein. Der Gefesselte musste seine Hände in die Glut gestoßen haben, um die Fesseln zu lösen. Es gehörte viel Willenskraft dazu, so etwas zu tun. Durand fühlte sich in seinem Verdacht bestätigt, dass es sich bei der gesuchten Person um Carter handeln musste. Kein anderer aus dem Team hätte dazu den Mumm gehabt. Ohne es sich eingestehen zu wollen, empfand er Respekt vor dem Mann. Er begann zu verstehen, warum Naumann ihn für einen der besten Männer Strombergs hielt. So weit, so gut. Durand stand auf und verfolgte die Fußspuren im Sand. Der Klimatologe hatte sich befreit, und es war zum entscheidenden Kampf gekommen. Durand schlich um die schwere Steinplatte herum, unter der sich die Antwort auf seine Fragen befinden musste. Klar war, dass einer der beiden Kontrahenten hier unter der Felsplatte begraben lag. Er konnte nur hoffen, dass es sich bei dem Toten, dessen Beine so unnatürlich in die Luft ragten, um Carter handelte. Alles andere würde die Lage erheblich komplizieren.
    Er hatte genug gesehen. Er winkte seinen Männern, die tonnenschwere Platte beiseite zu schieben, und bereitete sich auf einen wenig appetitlichen Anblick vor. In Windeseile wurden zwei Seile durch die Öse an dem einen Ende der Platte gezogen. Durand gab ein Zeichen, und acht Männer warfen sich mit ihrem ganzen Gewicht in die Seile. Die Platte hob sich mit überraschender Leichtigkeit.
    Der Anblick ließ ihn erschauern. Er hatte richtig getippt. Ein solcher Tod war selbst für einen Schurken unwürdig. Aber zu allem Überfluss handelte es sich bei dem grausam zerquetschten Körper um den Leichnam Albert Becks. Zu erkennen an der goldenen Brille und dem dunklen Haarkranz. Chris Carter war blond. Und nun war auch klar, wie Carter entkommen konnte – vor seinen Füßen führten Stufen hinab in dunkle Tiefen!
    »Schafft ihn weg«, befahl Durand. »Und dann streut Sand über die Reste. Ich will, dass nichts mehr zu sehen ist, wenn ich wieder heraufkomme. Sada, ich wünsche, dass du und weitere vier Mann mich begleiten.«
    Mehr als ein Nicken bekam Durand nicht, aber das genügte ihm. Er blickte auf seine Uhr, dann auf den Rest seiner Leute.
    »Habré, ich möchte, dass du das Kommando führst, solange ich weg bin. Meine Uhr zeigt 15:29 Uhr. Wenn ihr bis 20:00 Uhr nichts von uns gehört habt, schickt ihr ein zweites Team hinterher. Vermutlich funktionieren die Funkgeräte hier unten nicht, also haltet euch streng an den Zeitplan. Alles verstanden? Gut, dann los.«
     
    Chris war aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht und wälzte sich unruhig hin und her. Er war todmüde, doch die Verletzungen an seinen Händen und Füßen brannten so sehr, dass an Schlaf nicht zu denken war. Seine Wunden waren von Abdu mit Salbe behandelt und verbunden worden, aber es würde noch Tage dauern, bis er einigermaßen schmerzfrei war. Der schweigsame Targi mied ihn wie einen räudigen Hund. Chris hatte versucht, ein paar Worte mit ihm zu wechseln, aber es war aussichtslos. Abdu war noch nie besonders gesprächig gewesen, doch jetzt war er einfach nur stumm. Er schien den Verrat an der Gruppe, besonders den an Hannah, persönlich zu nehmen und hatte sich in die entgegengesetzte Ecke der Höhle verzogen.
    Nach seiner Uhr war es jetzt 17:30 Uhr, aber er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit Hannah und Gregori aufgebrochen waren. Sein Zeitgefühl hatte er auf dem Weg von der Krypta hierher vollends verloren. Er entschied, dass es das Beste war, sich aufzurappeln und auf andere Gedanken zu kommen. Was ihm keine Ruhe ließ, waren Hannahs Worte, dass sich dort an der Decke ein zweiter Ausgang befinden sollte. Und dass er über die Medusenskulptur zu öffnen war. Vielleicht schaffte er es. Er hatte die Nase voll von engen Gängen und dunklen Höhlen, wollte wieder die Sonne und die Sterne sehen und den Wind im Haar spüren. Entschlossen schnappte er sich eine Gaslaterne und setzte sich neben den Sockel der Skulptur.
    Wie zu Beginn der Reise stellte er das Licht ganz nah an den Sockel, so dass die flachen Strahlen die Struktur der Zeichnungen deutlicher hervortreten ließen. Die Zeichnungen waren wesentlich besser erhalten als die im Tassili N’Ajjer , da sie keinerlei Witterungseinflüssen ausgesetzt waren. Sie wirkten so frisch, als hätten die Künstler erst gestern die Arbeit an ihnen beendet.
    Er

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