Medusa
Unterseite der Platte traf, musste es zu den Seiten ausweichen. Genau diese Kraft wirkte auch auf Pangäa . Sie reichte aus, um den Superkontinent auseinander zu brechen und die einzelnen Bruchstücke in alle Himmelsrichtungen zu schieben. Irgendwann, in etwa zweihundert Millionen Jahren werden die Teile auf der gegenüberliegenden Seite der Erde wieder aufeinander treffen und einen neuen Superkontinent bilden.«
Chris lauschte fasziniert. »Und Afrika?«
»Der afrikanische Kontinent hat sich in der ganzen Zeit kaum bewegt. Er ist etwas nach Norden gedriftet und beginnt im Osten, am Rift Valley, auseinander zu brechen, aber das Zentrum dieser gewaltigen Landmassenverschiebung lag damals genau hier. Unter unseren Füßen. Es war ein gewaltiger hot spot . Durch die leichte Nordverschiebung des Kontinents liegt dieses Zentrum heute etwa tausend Kilometer südlich, unter dem Vulkangebiet des Virunga-Nationalparks. Wie auch immer, die alte Magmablase, durch die wir gerade gehen, ist ein Zeugnis aus dieser Zeit. Sie wurde im Verlauf von Jahrmillionen durch Erosion freigelegt und abgetragen.«
»Dann ist dies wohl wirklich der Nabel der Welt …«
»Und das nicht nur aus geologischer Sicht«, sagte Gregori. »Wie du weißt, ist Afrika auch die Wiege der Menschheit, die Wiege unserer gesamten Zivilisation. Aber das ist ein Thema, bei dem ich mich nicht besonders gut auskenne.«
Chris nickte abwesend. Er war auf einen Gedanken gekommen. Er fragte sich, ob es wirklich ein anderes Thema war oder ob das alles nicht in irgendeiner Form zusammenhing. Vielleicht gab es eine Verknüpfung, die sie bisher übersehen hatten. Vielleicht waren sie genau in diesem Augenblick auf etwas gestoßen, das die losen Enden des Rätsels zusammenführte. Er spürte, dass etwas in der Luft lag. Sie bewegten sich hier auf den Spuren eines uralten Geheimnisses.
Und sein Auftraggeber, Norman Stromberg, wusste davon.
9
Keuchend ließ sich Hannah im Schatten einer Akazie nieder. Die Mitglieder des Teams trafen nach und nach ein und setzten sich stöhnend neben sie.
»Ich glaube, wir haben es geschafft«, schnaufte sie, blickte auf ihre Karte und nickte dann. »Seht her. Dort ist der Felsendom, den uns deine Berechnungen ausgespuckt haben, Chris. Da drüben ist das kleine Seitental und hier auf unserer Seite die charakteristisch gezackte Bergkette. Voilà! Da wären wir.«
Patrick ließ sich neben sie fallen und streckte alle viere von sich. »O Mann. Ich habe geglaubt, dieses letzte Stück würde nie ein Ende nehmen. Ich wäre an dieser Schutthalde vorhin beinahe unter meinem Kamel begraben worden.«
Irene beugte sich vor und massierte ihre Waden. »Mir tun Muskeln weh, von denen ich noch nicht einmal ahnte, dass es sie überhaupt gibt. Hier zum Beispiel.« Sie drückte auf eine Stelle oberhalb des Hüftknochens. »Weiß irgendjemand, wie dieser Muskel heißt und wozu man ihn braucht?«
»Könnte mich irgendjemand in einer halben Stunde wecken?«, seufzte Albert. »Ich würde jetzt nämlich gern ohnmächtig werden.« Er ließ sich neben Patrick in den Sand fallen.
»Seht mal«, lächelte Chris. »Für unsere Freunde, die Tuareg, scheint das ein Sonntagsspaziergang gewesen zu sein. Die witzeln immer noch herum.«
Hannah ließ die Karte sinken und blickte zu der Eskorte hinüber. »Ich kann es auch nicht verstehen. Jetzt lebe ich schon seit so langer Zeit hier, aber es ist mir immer noch ein Rätsel, wie sie diese mörderischen Temperaturen aushalten. Wie macht ihr das nur?«, wandte sie sich an ihren Assistenten.
Abdu zuckte die Schultern. »Ich weiß gar nicht, was ihr alle habt. Es hat doch kaum mehr als vierzig Grad im Schatten. Angenehme Lauftemperatur.«
Hannah grinste und warf einen kleinen Stein nach ihm. »Ich glaube, ihr Tuareg verfügt einfach über einen anderen Metabolismus.«
»Sie hatten ja auch Tausende von Jahren Zeit, sich anzupassen«, stöhnte Irene. »Ich für meinen Teil würde jetzt ein Vermögen für ein kühles Bad geben. Kaltes, perlendes Bergwasser. Etwas in der Art wie dieser Tümpel, in dem ihr beide gebadet habt.« Um ihren Mund spielte ein spitzbübisches Grinsen, als sie Chris und Hannah ansah. »Ich glaube, das würde mir jetzt gefallen.«
Während sie so plauderten, wurden die Kamele von den Tuareg in den Schatten der Palmen geführt, wo sie sich sofort niederlegten. Nach und nach verstummte ihr Röhren, während sie anfingen, genussvoll wiederzukäuen.
Ein leichter Wind setzte ein und blies staubfeinen
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