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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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spielte Albert einige Variationen aus Herbie Hancocks Cantaloupe Island – mit tatkräftiger Unterstützung von Patrick, der den Takt auf Töpfen und einem hohlen Baumstamm schlug. Chris verblüffte sie danach mit zahlreichen Taschenspielertricks, in deren Verlauf er einige Eier hinter Hannahs und Irenes Ohren hervorzauberte. Als Abdu erkannte, dass diese aus seiner gut gesicherten Vorratskiste stammten, begann eine wilde Verfolgungsjagd um die Zelte. Selbst die Tuareg, die noch eine anstrengende Begehung der angrenzenden Täler hinter sich gebracht hatten, kamen herbei und lachten lauthals. Die Stimmung war auf dem Höhepunkt, als alle Hannah bedrängten, auch etwas vorzuführen. Zuerst sträubte sie sich, doch nachdem man ihr noch ein Glas Wein versprochen hatte, stimmte sie zu. Sie kündigte eine Kostprobe ihrer Hypnosefähigkeiten an, vorausgesetzt, dass sich ein Freiwilliger fand. Malcolm, den alle für das ideale Opfer hielten, wehrte sich mit Händen und Füßen. »Lasst mich bloß in Frieden mit diesem Quatsch. Nachher laufe ich auf allen vieren, belle und mache Männchen. Danke, ohne mich. Ich kann mir als Leiter des Filmteams einen solchen Autoritätsverlust nicht leisten.« Auch die Tuareg weigerten sich, als Freiwillige herzuhalten. Ihre Reaktion deutete darauf hin, dass sie regelrecht Furcht vor diesem Experiment zu haben schienen. Einige rutschten unruhig hin und her, andere machten sogar Anstalten, sich davonzustehlen. Hannah, die nicht vorhatte, die Männer zu kompromittieren, beschloss, die Sache abzukürzen, und zeigte einfach auf Patrick.
    »Hier sehe ich einen Freiwilligen«, rief sie. »Vielen Dank für deine Meldung.« Patrick blickte sich irritiert um.
    »Aber ich hab doch gar nicht …«
    Weiter kam er nicht, denn sein Widerspruch ging im Jubel der Anwesenden unter. »Bravo, Junge, das nenne ich Mut«, rief Chris. »Schade, dass ich zu blau bin, um aufzustehen, sonst hätte ich mich selbst gemeldet.«
    Patrick ging mit einem schiefen Lächeln nach vorn und verneigte sich ungelenk. Offensichtlich hatte er etwas zu viel getrunken. Umso besser, dachte Hannah. Das würde die Demonstration erheblich vereinfachen.
    »Ihr habt es ja so gewollt. Da ich weder singen noch Witze vortragen kann, möchte euch heute Nacht eine kleine Demonstration von der Macht der Suggestion geben«, sagte sie. »Bitte hört auf zu reden, stellt das Rauchen ein und die Rückenlehnen senkrecht und konzentriert euch auf mich und das Medium. Jede Ablenkung kann zum Scheitern des Experimentes oder im schlimmsten Fall zu einer Gefährdung des Mediums führen.« Erwartungsvolles Gemurmel war zu hören.
    »Ist das dein Ernst?« Patricks Nase wurde blass.
    »Ich mache nur Spaß«, flüsterte Hannah und zwinkerte ihm zu.
    »So, und nun bitte ich alle Anwesenden um absolute Aufmerksamkeit. Patrick, setz dich bitte hier vor mich hin, und sieh mir genau in die Augen.«
    Hannahs Talent zur Hypnose war angeboren. Schon als Kind hatte sie ihre Altersgenossen mit der Fähigkeit, sie ohne zu zwinkern anzusehen, beeindruckt. Später, während der Studienzeit, trat sie vor ihren Kommilitonen auf und verdiente sich so nebenher etwas Geld. Hypnose war für sie ein Kinderspiel, wenn die Voraussetzungen stimmten. Und an diesem Abend waren sie geradezu perfekt.
    Sie platzierte sich neben der Gaslaterne, so dass ein schmaler Lichtstreifen über ihre Augen fiel. Der Rest ihres Gesichtes lag im Schatten. Dann zog sie den Beryll heraus, den sie immer an einem Lederband um ihren Hals trug, und hielt ihn hoch. Das Licht brach sich hundertfach in den Facetten des Kristalls und zauberte leuchtende Punkte auf die Gesichter der Anwesenden. Sie war sich darüber im Klaren, dass dies selbst für jemanden, der nicht an Magie glaubte, ein wirkungsvoller Effekt sein musste.
    Als sie die Einleitungsworte sprach, klang ihre Stimme dunkel und geheimnisvoll. Langsam versetzte sie den Kristall in eine Pendelbewegung. »Patrick Flannery, ich werde dich nun über fünf Stufen hinweg in einen Zustand der Tiefenentspannung führen, in dem nur meine Stimme zu dir vordringt. Der Klang meiner Stimme führt dich in die Tiefe deines Unterbewusstseins, und allein der Klang meiner Stimme vermag dich wieder herauszuführen. Daher möchte ich, dass du dich ausschließlich auf meine Stimme und den Kristall konzentrierst.
    Eins: Dein Körper wird warm und schwer. Du spürst, wie sich die Wärme bis in deine Fingerspitzen ausbreitet. Du bist vollkommen entspannt, doch dein Geist

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