Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
Vom Netzwerk:
und mit Reet gedeckt. In ihren Fensteröffnungen stehen bemalte Tontöpfe und Kelche. Eine Schmiedewerkstatt kann ich entdecken und eine Mühle, in der Getreide gemahlen wird. Ich kann riechen, dass irgendwo Fleisch geröstet und Brot gebacken wird. Jetzt sehe ich auch, woher die Musik kommt. Mitten auf dem Platz steht ein Altar, der über und über mit Feldfrüchten bedeckt ist. Darüber leuchtet an einem Holzpfahl ein goldenes Sonnensymbol. Einige Musiker mit Harfen und Dudelsäcken spielen ein fremdes Lied. Vor ihnen bewegen sich Mädchen mit Weizengarben in den Händen. Es sieht aus, als würden sie fliegen.« Patrick strahlte übers ganze Gesicht.
    Hannah hatte Mühe, die Hypnose aufrechtzuerhalten, denn mit einem Mal entstand Unruhe unter den Zuschauern. Sie hörte Worte wie Kelten, Sonnwendfeier und Erntedankfest. Selbst der Skeptiker Malcolm Neadry wirkte beeindruckt. Sie ließ den Kristall sinken und wandte sich an ihr Publikum. »Hat jemand von euch noch eine Frage, die ich ihm stellen soll? Wenn nicht, dann würde ich ihn gern langsam aus der Hypnose holen.«
    »Kann er auch in die Zukunft sehen?«, fragte Irene.
    »Möglicherweise. Er ist ein sehr gutes Medium. Soll ich ihn fragen?«
    Begeistertes Gemurmel erfüllte das Lager. »Ja, er soll uns sagen, was wir hier finden werden.«
    »Vielleicht König Salomons Diamanten«, feixte Albert, »oder das versunkene Atlantis.«
    Malcolm war aufgestanden und kam langsam näher. »Ja. Er soll uns die Zukunft voraussagen.«
    Hannah spürt die Erregung unter den Anwesenden. »In Ordnung, ich werde es versuchen. Aber ich möchte euch bitten, auf euren Plätzen zu bleiben. Patrick, das war bisher sehr gut. Ich möchte nun, dass du versuchst, in die Zukunft zu reisen. Lass alles hinter dir, was dir bekannt und vertraut ist, und begib dich in eine Zeit, in der noch keiner von uns war. Sag uns, was die Zukunft bringt.«
    Sekunden atemloser Spannung vergingen. Nichts geschah. Es schien, als habe Patrick ihren Wunsch nicht gehört. Hannah bereitete sich innerlich darauf vor, die Demonstration abzubrechen, als sie eine Bewegung wahrnahm. Patricks Arm bewegte sich zeitlupenartig nach oben und begann, Symbole in die Luft zu malen. Punkte, Wellenlinien und Schnörkel.
    »Was tut er denn da?«
    »Das war ein Wassersymbol, ich hab es deutlich gesehen«, flüsterte Chris, doch Hannah wies ihn an, den Mund zu halten.
    Alle Anwesenden schienen jetzt zu merken, dass es kein Spaß mehr war. Die Hand stieg noch weiter nach oben und begann in schneller Folge auf bestimmte Abschnitte am sternenübersäten Himmel zu zeigen und sie mit weiteren Symbolen zu markieren. Plötzlich, ohne Vorwarnung, hörten sie Patricks Stimme. Sie klang merkwürdig verzerrt und zischend.
    » Anethot, Imlaran, Farass. Das Auge vom Himmel. Für alle Ewigkeit ruht es im Herzen der schwarzen Berge, und niemand darf seinen Schlaf stören.«
    Die Worte klangen gespenstisch. Hannah hatte große Mühe, sich weiter zu konzentrieren. Abdu starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an, als wollte er sagen: Hör auf damit.
    Hannah nickte und sagte: »Sehr gut, Patrick. Ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um wieder zurückzukehren. Ich möchte, dass du auf mein Signal hin wieder erwachst. Drei … zwei … eins.«
    Doch Patrick schien sie nicht zu hören. »Ein Tunnel«, murmelte er. »Da ist ein Tunnel. Er ist schmal, seine Wände sind mit Zeichen und Symbolen bedeckt. Ich kann sie nicht erkennen. Ein seltsames Leuchten dringt aus dem Fels und lässt ihn lebendig erscheinen. Wie ein lebendes, atmendes Wesen. Weiter hinten öffnet sich der Gang zu einer Höhle. Oh, sie …«, langsam stand Patrick auf, die Arme ausgebreitet, »… sie ist gewaltig. Ich … es ist so dunkel, dass ich kaum etwas sehen kann. Ist das ein See?
    Ja, ein See, ein unterirdischer See und darauf … Nein. Ein Auge. Es scheint auf mich zu warten … muss zurück.« Er taumelte.
    Hannah spürte, wie ihr der Angstschweiß auf die Stirn trat.
    »Patrick, ich will, dass du sofort damit aufhörst. Auf mein Zeichen kommst du zurück. Sofort!«
    »Das Auge. Geh weg … lass mich in Ruhe … ich …« Schwankend kam Patrick auf Hannah zu, die Augen weit aufgerissen. Auch Irene geriet in Panik. »Mein Gott, Hannah, mach endlich Schluss. Siehst du nicht, dass da etwas schief geht.« Sie schickte sich an, zwischen die beiden zu treten, doch Hannah hielt sie zurück. »Bleib, wo du bist«, zischte sie. »Ich weiß nicht, was hier vorgeht, aber er steht

Weitere Kostenlose Bücher