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Medusa

Medusa

Titel: Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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zu. Nicht, weil ihr das Tosen des Windes Angst machte, sondern weil sie wusste, was ein Sturm um diese Jahreszeit anrichten konnte.
    Sie hatte gesehen, wie Autos binnen Minuten von ihrer Lackschicht befreit, wie Fenster matt geschmirgelt worden und Zelte im Nichts verschwunden waren. Sie hatte gesehen, dass Dünen sich auftürmten, wo zuvor eine ebene Fläche gewesen war, und wie die Wüste sich in ein lebendes, tosendes Meer verwandelte. Wer noch nie zuvor in der Sahara gewesen war, hatte keine Ahnung, was ein ausgewachsener Sandsturm anrichten konnte.
    Sie befanden sich noch etwa dreihundert Meter von der Höhle entfernt, als die ersten Böen einsetzten. Zuerst begann sich die oberste Staubschicht zu lösen, dann wurde der darunter liegende Sand in Bewegung gesetzt.
    »Mein Gott, seht doch nur«, stammelte Patrick. »Der Sand beginnt zu fließen. Es sieht aus, als würde er sich in Wasser verwandeln.«
    Hannah wusste, dass es jetzt nicht mehr lange dauern konnte, bis das Inferno mit voller Wucht über sie hereinbrach. »Haltet euch bei den Händen«, schrie sie. »Sofort!«
    Kaum hatte sie die Warnung ausgestoßen, schoss eine Windböe durch das Tal, die sie von den Füßen riss. Tausend glühende Nadelspitzen brannten auf ihrer Haut. Sie sah nichts mehr. Zum Schutz vor dem fliegenden Sand bedeckte sie ihr Gesicht mit den Händen und versuchte sich seitlich in eine Felsnische zu verdrücken. Das wirbelnde, donnernde Inferno aus Sand und Staub schien sich gegen sie zu stemmen. Gelbe Schleier verdunkelten den Himmel. Jeder Schritt war eine Qual, doch schließlich gelang es ihr, hinter einem Felsen Schutz zu finden. Sie nahm die Hände vom Gesicht und setzte die sandverkrustete Sturmbrille ab. Was sie sah, erfüllte sie mit Schrecken. Wo eben noch rosafarbene Felswände im Licht der Nachmittagssonne geschimmert hatten, war nur noch gelber, rauschender Untergang. Das war etwas, was selbst sie noch nie zuvor erlebt hatte.
    Plötzlich hörte sie Rufe und Hilfeschreie, die durch das Inferno zu ihr drangen. Im Nu hatte sie die Brille vom Sand gereinigt und wieder aufgesetzt. Dann stürzte sie sich zurück in den Sturm. Der Erste, den sie zu fassen bekam, war Malcolm. Er hatte dem Wind seinen Rücken zugewandt und den Kopf eingezogen. Er hielt Irene gepackt, die wiederum mit Chris, Abdu und Patrick eine Kette bildete. Nur Albert und Gregori fehlten.
    »Wo sind die beiden?«, brüllte Hannah. Malcolm wies mit ausgestrecktem Arm in die Richtung, aus der das Tosen kam. Sie nickte. »Geht nach links«, rief sie. »Da drüben ist eine Stelle, wo ihr geschützt seid. Wir treffen uns dort. Ich werde versuchen, die beiden anderen zu finden.«
    Malcolm begann unter Aufbietung aller Kräfte, die Gruppe zum vereinbarten Sammelpunkt hinüberzuziehen, während Hannah nach den Verschollenen suchte.
    Es dauerte nicht lange, da erkannte sie vor sich jemanden, der auf allen vieren über den Boden kroch. Es war Albert. Verzweifelt scharrte er mit seinen Händen im Sand.
    »Wo ist Gregori?«, rief Hannah.
    »Weiß nicht!«, gab er zurück. »Stand dort drüben, als ein Windstoß kam und ihn wie ein Stück Papier durch die Luft wirbelte.«
    Hannah fiel neben ihm auf die Knie und fing fieberhaft an, mit ihren Händen zu wühlen. Sollte Gregori tatsächlich vom Sand begraben worden sein, so hatten sie weniger als drei Minuten, um ihn zu finden. Sonst würde er ersticken.
    Ihre Augen tränten unter der Sturmbrille, die den Staub nicht vollständig abhalten konnte. Mühsam grub und grub sie, schaufelte den Sand mit vollen Händen weg, nur um danach an einer neuen Stelle zu suchen. Nichts. Hier waren nur Steine und Sand. Sie arbeitete sich weiter vor und stieß plötzlich auf einen Sandhaufen, unter dem etwas Großes liegen musste. Hannah schickte ein Stoßgebet in den Himmel, dass es kein Felsbrocken war. Wieder begann sie, wie eine Besessene zu graben. Plötzlich stieß sie auf eine Hand, die sich um den Griff eines Gewehres klammerte. Gregori!
    »Hierher, Albert! Ich habe ihn.«
    Kurze Zeit später hatten sie den erschlafften Körper freigelegt.
    »Wir müssen ihn in den Windschatten tragen!«
    Der Tontechniker zog und zerrte, aber der weiche Boden rutschte mit jedem Schritt unter seinen Füßen weg. »Mein Gott, ist der schwer.«
    »Wir müssen ihn wegschaffen. Er wird sonst sterben, also reiß dich zusammen.« Obwohl Hannah am Ende ihrer Kräfte war, wollte sie sich nicht geschlagen geben. Aber es war wie in einen dieser Träume, in denen man

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