Meer der Liebe
zog er ihr Kleid hoch und schob ihr die Träger wieder auf die Schultern. »Ich bringe dich jetzt nach Hause.«
Die Zurückweisung traf sie wie ein Schlag.
Mit bebenden Lippen öffnete sie den Mund, schloss ihn wieder.
Um die aufsteigenden Tränen zurückdrängen zu können, griff sie hastig nach ihrer Jacke.
»Meg.« Er wollte sie bei der Schulter fassen und zu sich umdrehen, doch sie wich ihm aus.
»Nein. Fass mich nicht an.«
Ein Kloà saà ihr in der Kehle. Sie schluckte ihn mühsam hinunter. »Ich brauche nicht getröstet zu werden. Anscheinend habe ich etwas missverstanden.«
»Du hast nichts missverstanden«, knurrte er rau. »Und wein jetzt nicht, verflucht.«
»Ich habe nicht vor, in Tränen auszubrechen, keine Sorge. Ich möchte nur nach Hause.«
Als sie ihn ansah, schimmerten der Schmerz und die soeben verneinten Tränen in ihren Augen.
»Wir müssen reden.« Catch griff nach ihrer Hand, doch sie zog sie ruckartig zurück.
»Nein, müssen wir nicht.«
Sie reckte die Schultern und sah ihm geradewegs ins Gesicht. »Wir haben zusammen zu Abend gegessen, die Dinge sind ein wenig aus dem Ruder gelaufen. So einfach ist das. Und es ist auch vorbei.«
»Weder ist es einfach noch vorbei, Megan.« Er betrachtete sie eindringlich. »Aber für den Moment belassen wir es wohl dabei.«
Megan wandte sich stumm ab und stieg vor ihm die Treppe hinunter.
7. K APITEL
Bei Tageslicht verlor jeder Vergnügungspark seinen Zauber. Schmutz, abblätternde Farbe, Kratzer und Beulen waren dann deutlich zu sehen. Was bei künstlicher Beleuchtung ein Märchenland war, entpuppte sich im hellen Sonnenschein als gemeiner Tummelplatz.
Nur die ganz Jungen und die, die in ihrem Herzen jung geblieben waren, konnten dennoch Magie entdecken, wenn sie mit der schalen Realität konfrontiert wurden.
Zu diesen ewig Junggebliebenen gehörte auch Megans GroÃvater. Und dafür liebte Megan ihn umso mehr.
Mit einem Lächeln auf dem Gesicht ging sie die Gleise der Geisterbahn entlang. Sie bog in den dunklen Tunnel. Pop war hier irgendwo und reparierte ein paar Dinge. Seine Geister sind ihm lieb und teuer, dachte sie still. Und dabei wurde sie von ihren eigenen Dämonen verfolgt.
Zehn Tage war es jetzt her, seit Pop ihr von den notwendigen Reparaturen berichtet hatte. Zehn Tage, seit sie Catch das letzte Mal gesehen hatte.
Sie verbannte den Gedanken an Catch. Sie war alt genug, um Fantasie und Wirklichkeit auseinanderhalten zu können. Sie musste sich auf die Realität konzentrieren, und ihre Realität waren Pop und der Park.
»Hi«, rief sie, als sie Pop erblickte. »Wie kommst du voran?«
Bei ihren Worten drehte Pop sich mit einem vergnügten Grinsen zu ihr um.
»Bestens, Megan, schneller als erwartet. Bis Ostern ist längst alles erledigt.«
Er legte ihr einen Arm um die Schultern und drückte sie an sich. »Die kleinen Karussells laufen schon wieder. Und wie geht es dir?«
Gern lieà sie sich von ihm ans Tageslicht führen. »Wie sollâs mir schon gehen? Wie immer.«
Sie blinzelte, als sie zusammen in die Helligkeit traten.
»Du hast diesen unglücklichen Ausdruck in den Augen, schon seit über einer Woche.« Er rieb ihr über die Schulter, so als müsse er sie trotz der schon kräftigen Frühlingssonne wärmen. »Du weiÃt, mir kannst du nichts verheimlichen. Dazu kenne ich dich zu gut.«
Sie wählte ihre Worte mit Bedacht. »Ich versuche gar nichts zu verheimlichen, Pop.«
Mit einem Schulterzucken sah sie zu der Crew hinüber, die an der Achterbahn arbeitete.
»Es ist unwichtig, es lohnt nicht einmal, darüber zu sprechen. Wie lange wird es dauern, bis die Bahn repariert ist?«
»Offenbar ist es dir immerhin so wichtig, dass es dich traurig macht.« Er fiel nicht auf ihr Ablenkungsmanöver herein. »Und das wiederum ist für mich wichtig. Bist du etwa zu alt, um mit deinen Problemen zu mir zu kommen?«
Sie sah ihn entschuldigend an. »Nein, natürlich nicht, Pop. Ich weià doch, dass ich über alles mit dir reden kann.«
»Nun, ich bin hier und höre dir zu.«
»Ich habe einen Fehler gemacht, das ist alles.«
Sie wollte zu der Handwerkercrew hinüberlaufen, doch Pop hielt sie fest.
»Megan«, er legte beide Hände auf ihre Schultern und sah ihr ernst in die Augen, »ich werde dich jetzt offen
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