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Meer ohne Strand

Meer ohne Strand

Titel: Meer ohne Strand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Friedrich
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zurecht ohne mich. Was soll ich denn machen? Ich kann nicht ewig in Amerika bleiben. Ich werde schließlich im Büro gebraucht. Ich muß mich um mein eigenes Leben kümmern«,
    Fand es unerträglich albern, was er da daherredete. Redete trotzdem weiter, Gabriel sagte: »Ich denke, keiner hat was davon, wenn du dein Büro kaputtgehen läßt, Robby. Du hast getan, was du konntest. Du hast wirklich mehr als genug getan«,
    Bestätigte also die Worte der Eisprinzessin: Du hast wirklich genug getan für mich, Robert, Robert war wütend auf Gabriel.
    Stand später auf der Straße. Hatte keine Lust, nach Hause zu gehen: in seine Wohnung, vielleicht würde er Natalie die Wohnung überlassen. Würde sich ein kleines Apartment suchen, sollte er sich ein neues Auto kaufen? Was brauchte man für ein eigenes Leben? Für ein richtiges Leben: das einen Kampf wert war, was waren die Zutaten? Beruf, Familie, gesellschaftliches Engagement? Kind zeugen Wolkenkratzer bauen Zwölfzylinder fahren,er hatte jedenfalls keine Lust, nach Amerika zurückzufliegen.
    Haßte das Krankenhaus. Ertrug sie nicht mehr: die Selbstbezogenheit, den Egoismus des Schmerzes, sie hatte sich den Tod gewünscht, während er neben ihr saß. Während er sich um sie bemühte, er hatte sein Bestes getan! Ohne ihn wäre sie schon viel früher gestorben.
    Wäre in der Nacht im Schnee gestorben. Wäre einfach eingeschlafen im Schnee, man hätte ihr nicht die Zehen amputiert. Man hätte sie nicht operiert und wieder operiert, sie hätte all diese Schmerzen nie zu erdulden gehabt: wenn Robert Brauer sie nicht gerettet hätte.
    »Mr. Brauer? Großartig, daß Sie anrufen, es gibt nämlich ein Problem. Nein, nein, es geht ihr ganz gut, den Umständen entsprechend, sie kann inzwischen einigermaßen mit den Krücken umgehen, aber sehen Sie, genau das ist es: Sie könnte eigentlich in ein paar Tagen entlassen werden. Nur, wohin mit ihr? Wenn sie nicht weiß, wer sie ist, wo sie wohnt. Wenn sie niemanden hat außer Ihnen, Mr. Brauer«,
    Robert saß im dunklen Büro. In der einsamen Lichtpfütze vor ihm auf dem Schreibtisch schwamm das Adreßbuch: Dr. Mathai . Der sagte,
    »Natürlich könnten wir sie unter Umständen noch eine Weile behalten. Man müßte sehen, was sich da machen läßt, aber auch damit schieben wir das Problem nur vor uns her«,
    »Vielleicht könnte man sie herholen«, sagte Robert. »Nach Deutschland, in ein deutsches Krankenhaus. Nach München. Wo ich mich besser um sie kümmern könnte«,
    Dr. Mathai schwieg eine Weile. Sagte dann: »Ich muß leider abraten, aus ärztlicher Sicht. Wenigstens solltenihre Wunden verheilt sein, bevor man sie einem so langen Flug aussetzt. Sie sollte weitestgehend schmerzfrei sein, und das ist kaum vor Anfang Mai anzunehmen. Außerdem wäre es gut, wenn vorher ihre Erinnerung zurückgekehrt wäre. Glauben Sie mir, Mr. Brauer, das ist lediglich eine Frage der Zeit! Eine Frage von ein paar Wochen, und danach könnte sie selbst entscheiden, wo sie hingehen will. Aber was machen wir so lange«,
    Die Leitung summte vor Schweigen. Etwas raschelte: als blätterte Dr. Mathai in irgendwelchen Papieren, Robert schlug die Beine übereinander.
    Hob einen Kugelschreiber auf, legte ihn wieder hin, Aprilschauer prasselten gegen die dunklen Scheiben. Er hörte sich sagen,
    »Gut. Also gut, ein Freund von mir hat ein Haus auf Cape Cod. Vielleicht können wir dort hingehen. «
    Zu seinem großen Erstaunen war er erleichtert.
    Die Schlüssel zum Haus auf dem Cape hatte er noch. Es genügte, mit Gabriel zu telefonieren, Bogner schien erleichtert, ihn wieder loszusein. Für Natalie hinterließ er den üblichen Zettel: Bin auf dem Cape, sein Fortgehen wurde mit jedem Mal einfacher. Im Taxi zum Flughafen fiel ihm ein Song ein: Just hop on the bus, Gus, Just drop off the key, Lee, And set yourself free, aber das war nur Rockromantik: Das Eis unter Robert war längst geborsten.
    Er kauerte auf einer dünnen, unsicheren Scholle. Trieb dahin über das Meer ohne Strand. Trieb ziellos dahin unter dem vollkommen leeren Himmel, allein bis auf sie. Bis auf die Eisprinzessin: die in seinem Arm hing, die keuchend und fluchend zu stehen versuchte auf ihrem zerschlagenen Bein, ihrem verstümmelten Fuß.
    Ihr Gesicht verzerrte sich, als er es ihr sagte. Als er von Gabriels Haus sprach, sie hatte aufrecht im Bett gesessen, als er hereingekommen war. Hatte ihm entgegengelächelt, jetzt zogen sich ihre Lippen noch weiter von den Zähnen zurück: Aber dies war kein

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