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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Last auf ihr lag?
    „Es wird alles gut werden.“ Jeanne ließ ihren Kopf auf Mayas Schulter sinken. „Mach dir keine Sorgen. Wir finden ihn. Ich weiß es.“
    Sie nickte nur und nahm das Mädchen in den Arm. Hilfe suchend klammerten sie sich aneinander fest und versuchten zu verstecken, dass sie unaufhörlich weinten. Obwohl Alan dem Boot alles abverlangte und eine halsbrecherische Geschwindigkeit an den Tag legte, schien die Küste viel zu langsam an ihnen vorüberzugleiten. Vielleicht lag Christopher irgendwo und blutete aus. Jede Sekunde, die sie brauchten, war eine zu viel.
    „Da ist sie!“, rief Alan. „Die schwarze Küste.“
    Schroffe Felsen kratzten an einem grauen, dunstverhangenen Himmel, unterbrochen von Stränden aus anthrazitfarbenem Sand. Trostlosigkeit war alles, was sie bei diesem Anblick empfand. Alan lenkte das Boot so nah am Ufer entlang, wie die Sicherheit es zuließ. Mehrmals glaubte sie, einen leblosen Körper erspäht zu haben, doch entweder war es eine Robbe, die faul vor sich hindöste, oder ein von den Elementen ausgebleichter Baumstamm.
    Lange tat sich nichts. Maya glaubte, verrückt zu werden.
    Die Sonne erreichte ihren höchsten Stand und brannte selbst durch die Wolkendecke unerträglich heiß. Jedes Mal, wenn ein Strand oder eine Bucht an ihnen vorbeizog, ohne dass sie Christopher gefunden hatten, wuchs ihre Verzweiflung. Es gab so viele Haie hier, die in jedem verletzten und geschwächten Wesen eine leichte Beute sahen.
    Zwei Stunden vergingen, ohne dass etwas geschah. Doch als der Abgrund ihrer Angst rot glühenden Zorn auf Gott und die Welt ausspuckte, wedelte Alan aufgeregt mit den Armen.
    „Dort hinten. Seht ihr das?“
    Er hielt mit einer Hand sein flatterndes Haar im Zaum und deutete mit der anderen nach vorne. Ein schier endloser Strand erstreckte sich vor ihnen, nebelbegrenzt und bar jeden Lebens. Auf dem schwarzen Sand, nah am Saum der Brandung, lag ein Körper.
    „Das ist er.“ Sie sprang auf. „Oh Gott, er ist es. Bewegt er sich? “
    „Ich hoffe nicht. Wenn er denkt, wir wären Japaner auf der Suche nach Sushi, finden wir ihn wahrscheinlich nie wieder.“
    Alan lenkte das Boot zum Strand. Er war ein rabiater, aber nichtsdestotrotz fantastischer Fahrer, sodass er das Boot trotz der halsbrecherischen Geschwindigkeit mit einer eleganten Drehung anlandete. Kreischend schrammte der Bug über den Lavasand.
    Noch ehe es zum Stillstand gekommen war, sprang Maya von Bord. Wasser durchnässte sie von Kopf bis Fuß, doch sie kümmerte sich nicht darum. All ihre Aufmerksamkeit galt Christopher. Er lag auf der Seite, hatte den Kopf auf seinem ausgestreckten Arm abgestützt und sah aus, als schliefe er nur.
    „Es tut mir so leid.“ Sie ging neben ihm in die Knie. Seine Brust hob und senkte sich, doch die Erleichterung darüber war nur flüchtig. Vorsichtig berührte sie seine Schulter und wagte es nicht, den Blick zur Seite zu richten. Schon aus dem Augenwinkel heraus sah sie furchtbar aus. Die Harpune, die in seiner linken Hüfte steckte.
    „Heiliger Assisi!“ Alan stand mit offenem Mund da. Er ließ den Rucksack fallen, sackte in die Knie und gaffte. „Kneif mich mal. Das gibt’s doch nicht. Hat er wirklich … Herr im Himmel. Hat er wirklich das da?“ Zitternd berührten seine Finger die weiße Haut des Fischleibes. Sie strichen über die Schuppen, betasteten die Flosse entlang der Rückenlinie und wanderten zu dem metallenen Schaft hinauf. „Krass“, flüsterte Alan. „Das ist so was von abgefahren.“
    Nach einem kurzen Moment blinzelte er, als wäre er aus einem Traum aufgewacht, schaltete auf Arztmodus um und press-te Zeige- und Mittelfinger an Christophers Hals. „Sein Puls ist regelmäßig.“ Alan nickte zufrieden, was Maya vor Erleichte-rung zusammensacken ließ. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Es hämmerte so heftig, dass sie glaubte, es gäbe jeden Augenblick den Geist auf. „Ich kann ihn deutlich fühlen. Anscheinend befindet er sich nicht im Delirium, sondern in einer Art Heilschlaf. Beste Voraussetzungen für unseren kleinen Einsatz. Mach dir keine Sorgen, Süße. Das kriegen wir wieder hin.“
    Maya murmelte eine Floskel. Sie fühlte sich derart erschöpft, dass ihr Blick verschwamm. Dieser Ort schien zwischen den Welten zu liegen. Das Dämmerlicht, die Stille. Der schwarze Sand, durchsetzt von Gerippen aus Stein und totem Holz.
    „Allerdings macht mir eine Sache Sorgen.“ Alan griff nach seinem Rucksack und zog ihn zu sich heran. „So eine

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