Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
Vom Netzwerk:
Mann, der ihr vertraut war. Er hatte sich auf erschreckende, fantastische Weise verändert. Seine silbrige Haut, seine azurblau leuchtenden Augen, die fremdartig veränderten Gesichtszüge mit den bläulich schimmernden Streifen auf Wangen und Schläfen – all das war nicht mehr menschlich.
    Sie wollte ihn berühren. Sie wollte wissen, wie er sich anfühlte. Ob er echt war. Und sie wollte wissen, was dort unter der Wasseroberfläche lag. Tatsächlich der Körper eines Fisches? Er kam noch näher. Trieb langsam auf sie zu, bis sie die Hand ausstrecken und auf seine Wange legen konnten. Er neigte den Kopf und schmiegte seine Haut an ihre. Maya hörte sich wie losgelöst schluchzen. Kalt fühlte er sich an. Glatt und fremdartig. Sie ließ ihre Hände tiefer gleiten, ertastete die Schuppen auf seiner Taille, wanderte noch tiefer und dann …
    „Es ist wahr“, stieß sie hervor. „Großer Geist.“
    Nur kurz zuckte ihre Hand zurück, bis sie ihre Finger wieder über die Fischhaut gleiten ließ. Da war eine Flosse auf seiner Rückenlinie. Sie fühlte sich dünn und hart an. Ihre Spitzen waren so scharf, dass sie sich an einer stach. Mayas Rausch war wie verflogen.
    „Du bist … du bist …“
    Ihr fehlten die Worte. Sie zog Christopher an sich und spürte seinen geschmeidigen Leib an ihrem. Halb Mensch, halb Fisch. Nein – es gab gar keine menschliche Hälfte. Er war ganz und gar anders. Und doch immer noch wundervoll.
    „Ich bin eine elende Egoistin, aber ich will dich nicht verlieren. Bitte verlass mich nicht.“
    Zärtlich nahm er ihr Gesicht in beide Hände. Ein Hauch der vertrauten Wärme kehrte in seine Augen zurück. „Das werde ich nicht“, raunte er mit einer Stimme, die pure Magie war. Weich wie Samt und zugleich machtvoll wie die See. „Ich muss wieder weg, aber wir sehen uns wieder. Nimm das als Versprechen.“
    Sie nahm nur entfernt wahr, wie sich das Schiff von hinten näherte und helle Suchscheinwerfer über das Wasser huschten.
    „Geh nicht“, flehte sie. „Ich brauche dich.“
    „Glaub mir, Maya, auch wenn du mich nicht siehst, bin ich immer in der Nähe. Ich versuche, wieder Mensch zu werden.Aber ich weiß noch nicht, wie es funktioniert.“
    „Ich habe ihnen nicht gesagt, dass du weg bist.“ Ihre Worte gingen fast im Schluchzen unter. „Ich habe noch gar nichts gesagt.“
    „Das ist gut. Ich komme wieder zurück. Bald.“
    Mit diesen Worten beugte er sich vor und küsste sie. Endlich kehrte ein Gefühl des Wiedersehens ein. Es war so wunderbar. Sie brauchte es wie die Luft zum Atmen, doch viel zu schnell löste er sich von ihr. Mit der Kraft der Verzweiflung zog sie ihn wieder an sich.
    „Nein!“, flehte sie. „Nein, bitte bleib hier …“
    „Lass mich gehen“, sagte er. „Ich lasse dich nicht im Stich, vertrau mir.“
    „Noch nicht.“
    „Maya …“
    Sie erstickte jedes weitere Wort mit einem Kuss. Verzweifelt klammerte sie sich fest, hungerte nach jedem Moment der Nähe, der ihnen noch blieb.
    Das Licht des Suchscheinwerfers traf sie blendend hell. Mit einer blitzschnellen Bewegung riss Christopher sich los und tauchte ab. Wasser spritzte in ihr Gesicht, etwas zischte dicht an ihrem Kopf vorbei. Sie hörte einen dumpfen Laut, etwas Hartes traf sie am Bein, dann spannte sich neben ihr ein Seil. So fest, dass es knirschte. Ihr Verstand begriff nur zögerlich, was geschehen war. Unter ihr in der Tiefe wand sich etwas Helles. Ein Metallschaft blitzte im Wasser auf. An seinem Ende war jenes straff gespannte Seil befestigt.
    Eine Harpune! Großer Gott!
    Ihre Instinkte reagierten blitzschnell. Sie zog das Messer aus der Hosentasche, packte das Seil und versuchte, es zu durchschneiden. Es war aus dem robusten Nylonzeug gedreht, das selbst die Zugkraft eines Weißen Hais aushielt, und die Klinge war lächerlich stumpf. Maya säbelte mit aller Kraft. Millimeter für Millimeter durchtrennte sie das Gewebe, während auf dem Deck des Schiffes wilder Tumult ausbrach. Mehrere Männer versuchten aus Leibeskräften, ihre vermeintliche Beute anzulanden.
    „Komm schon! Komm!“
    Gleich würde es zu spät sein. Christophers Bewegungen wurden matter. Stück für Stück wurde er zur Oberfläche gezerrt.
    „Komm!“, schrie sie. „Komm! Du verdammtes …“
    Das Seil riss mit einem hässlichen Geräusch, schnellte zurück und schrammte über ihre Wange. Als sie ihre zusammenge-kniffenen Augen wieder öffnete, gähnte unter ihr nur schwarze Tiefe. Ein Rettungsring schlug neben ihr auf dem

Weitere Kostenlose Bücher