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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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schlug er das Fenster zu.
    Stille. Schweigen. Bis zum Stillstand verlangsamte Zeit.
    Die Beine gaben unter ihm nach. Das Beben der Macht flutete seinen Körper und ließ ihn brennen. Kaum koppelte er seinen Geist vom Rausch der Elemente ab, flaute der Orkan zu einem säuselnden Wind ab. Das ferne Donnern der Brecher verebbte, die zerrupften Bäume in den Gärten, zuvor in die Waagerechte gezwungen, standen still.
    „Chris?“ Jeannes Stimme ließ ihn hochfahren. Mit schreckgeweiteten Augen stand das Mädchen in der Tür. „Was war das?“
    „Nichts“, erwiderte er matt. „Nur ein Sturm.“
    „Das glaube ich nicht.“
    „Und was glaubst du?“ Seine Schwester stand da. Schweigend, reglos und verängstigt.
    „Ich habe dich gesehen“, sagte sie nach einer gefühlten Ewigkeit. „Wie du am Fenster standest. Chris, ich glaube, dass du den Sturm gerufen hast.“

    Die Weihnachtsbeleuchtung des Dorfes durchdrang den Winterdunst, wirkte heimelig inmitten der Weite des Landes. Jeder Bewohner hatte Lichterkränze in die Fenster seines Hauses gestellt, an Türen und Zäunen hingen Misteln und Tannengrün. Dieses Örtchen an der rauen Küste, vergessen vom Rest der Welt, ließ genau jene Stimmung aufkommen, die Maya all die Jahre vermisst hatte. Dazu gesellte sich eine Vorfreude auf Christopher, die kaum zu ertragen war.
    Hier war die Zeit buchstäblich stehen geblieben. Alte Bruchsteinhäuser, Grabsteine aus grauer Vorzeit und verfallene Mauern. Eine Herde Schafe mit ihrem Schäfer, der verwundert stehen blieb und ihren Jeep betrachtete. Wer wusste schon, wie oft hier Fremde auftauchten, in diesem winzigen Nest am äußersten Zipfel von Skye?
    Als sie den Wagen vor der Garage der Jacobsens abstellte und zur Haustür ging, breitete sich ein flaues Gefühl in der Magengegend aus. Sie hörte Klaviermusik, die in die winterliche Stille hinaustropfte und durch eines der Fenster fiel das Strahlen eines prächtigen, in Silber und Gold gehaltenen Weihnachtsbaumes. Sie biss sich auf die Zunge und drückte den Klingelknopf. Erinnerungen kamen hoch, an den letzten Weihnachtsbaum, den sie gemeinsam mit White Elk geschmückt hatte. Türkis war er gewesen. Glitzernd türkis, mit grünem Lametta und blauen Spiralkugeln.
    Als sich ein Schatten hinter dem Milchglas der Haustür abzeichnete, klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Er musste es sein. Christopher. Der Mann, mit dem sie die wunderbarste Nacht ihres Lebens verbracht hatte und der alles war, nur kein Mensch.
    „Hi“, hörte sie ihn wie von fern sagen. „Schön, dass du hier bist.“
    Da stand er vor ihr in der Tür, strahlte wie ein kleiner Junge und war gekleidet, als wollte er in die Oper gehen. Der schwarze, offenbar maßgeschneiderte Anzug samt dem weißen Hemd stand ihm ausgezeichnet. Seine Haare hatte er zu einem kurzen Zopf zusammengebunden. Es schmeichelte der Feinheit seines Gesichts. Genau genommen sah er viel zu gut aus, um wahr zu sein.
    „Ich bin eindeutig unpassend gekleidet.“ Sie sah an sich hinunter. Musterte ihre uralte, schwarze Cordhose und das braune Leinenhemd, das an mehreren Stellen durchzuscheuern drohte.
    „Du siehst wundervoll aus.“ Sein Lächeln ließ ihre Knie weich werden. „Mach dir nichts draus. Ich habe das nur angezogen, weil Jeanne findet, dass es mir steht.“
    „Allerdings.“ Ihre Kehle fühlte sich staubtrocken an. Großer Gott, löste sich ihre Beherrschung erneut in Wohlgefallenauf? Trat ihr Mut die Flucht an und stellte sich ihr rhetorisches Geschick stur? Es sah ganz danach aus.
    „Komm rein.“
    Seine Hand legte sich auf ihre Schulter. Eine Salve elektrischer Impulse raste durch ihren Körper, vom Scheitel bis zu den Zehenspitzen mit eindeutigem Schwerpunkt im Unterleib. Sie musste sich ablenken. Zumindest vorerst. Maya sah sich um. Ein geschmackvolles Weihnachtsgesteck aus Tannengrün, rot-grün karierten Bändern und vergoldeten Zapfen hing von der holzvertäfelten Decke herab. Kaffee- und Gebäckduft schwängerte die Luft, während das Knistern eines Kamins und dezente Klaviermusik der heimeligen Atmosphäre die Krone aufsetzte.
    „Es spielt also keiner Geige oder so was?“ Sie drapierte ihre Tasche und den Rucksack im Esszimmer, wo bereits zwei weitere Taschen aus schwarzem Leder standen.
    „Nein“, antwortete er. „Jeanne hatte zwar mal Geigenunterricht, aber sie wird einen Teufel tun, uns etwas vorzuspielen.“
    Sanft schob er sie in Richtung Wohnzimmer, wo seine Schwester bereits am Tisch saß und ihr neugierig

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