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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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zerkochte sein Körper. Schwitzend lag er im Bett und starrte an die Decke. Das Blut rauschte wie ein Stakkato in seinen Ohren, sein Atem ging flach und schnell. Immer schärfer wurden seine Sinne, immer lauter vernahm er das Pfeifen, Heulen und Säuseln des Windes, bis er glaubte, jeden einzelnen sich biegenden Grashalm zu hören.
    Doch kein Geräusch vermochte es, das Rauschen der Wellen zu übertönen. Je länger er ihnen zuhörte, umso mehr fühlte er sich eins mit ihnen. Ihr Rhythmus passte sich seinem Herzschlag an. Oder war es sein Herz, das den Gleichtakt zu dem Wasser fand? Während er in seinem Fieber dalag, fühlte er sich ebenso alt wie das Meer. All sein Wissen war in ihm. Seine gewaltige Zeitlosigkeit und seine unauslotbaren Tiefen.
    Irgendwann richtete er sich auf, zog das T-Shirt aus und ließ es zu Boden fallen. Seine Haut war zu empfindlich geworden, um den reibenden Stoff zu ertragen. Jeder Luftzug, der sie streifte, brachte seine Nervenenden zum Klingen, und als er mit der Spitze des Zeigefingers über seinen Arm strich, durchlief die Schockwelle dieser Berührung seinen ganzen Körper. Es fühlte sich an wie in der Nacht, als er Maya geliebt hatte. Die Sehnsucht nach ihr, nach ihrem Körper und ihrer Seele, verzehrte ihn. Wie gerne wäre er Hals über Kopf zu ihr geflohen, doch er wusste, dass es in einem Desaster enden würde. Seine Beherrschung hing an seidenen Fäden. Es war schlimmer geworden, sehr viel schlimmer. Nur schlecht als recht rettete er sich von einem Tag zum anderen, während er sich fühlte wie eine verblassende, langsam verschwindende Abbildung seiner selbst.
    Ruhelos stand er auf, stellte sich vor das Fenster und legte beide Handflächen auf das Glas. Der Wind nahm zu, und mit ihm das Geräusch der Wellen und der Stimmen. Wollten sie ihn lauter rufen, jetzt, da sie wussten, dass er zuhörte?
    Komm zu uns … komm …
    Wir brauchen dich. Du gehörst zu uns … zu uns … zu uns …
    Der, der Land und Meer in sich vereint …
    Sein Herz kämpfte um jeden Schlag. Etwas ballte sich in ihm zusammen. Ein gewaltiger, beängstigender Druck.
    Wir warten auf dich …
    Du bist unsere letzte Hoffnung …
    Er hielt sich die Ohren zu. Er wollte das Meer nicht mehr hören, diese Stimmen nicht mehr ertragen.
    „Lasst mich in Ruhe,“, schrie er ihnen zu, doch alles, was es ihm einbrachte, war ein noch drängenderes Flehen und Flüsternin seinem Kopf. Erschöpft lehnte er die Stirn an die Scheibe, todmüde und doch unfähig, Schlaf zu finden. Die Fremde war dort draußen. Er wusste es. Sie wartete auf ihn und schlich sich in seinen Verstand ein, um den Verfall seines Willens zu beschleunigen. Zitternd strich er sich die Haare aus der Stirn. Seine Augenlider wurden schwer, immer schwerer. Doch sobald er sie schloss, kamen die Bilder. Durch die Finsternis der Tiefe huschende Wesen. Kalte Finger. Haar wie Seegras. Eine gezackte Wunde am Grund des Meeres.
    Heulend fegte der Wind mit zunehmender Kraft über das Gras der Hügel. Seit Jahrmillionen zehrte das Meer am Land und würde nicht damit aufhören. Jeden Tag und jede Nacht fraß es weiter, um bald die gesamte Insel in sich aufzunehmen. Genauso, wie es mit seiner Seele geschah.
    Mit einem wütenden Aufschrei riss er das Fenster auf und ließ den Wind herein. Die Böen fegten durch das Zimmer, ließen Papier umherfliegen, rissen eine Maske von der Wand und brachten die am Fischernetz befestigten Muscheln zum Klirren.
    Er breitete die Arme aus und bot sich dem Sturm dar. All seine Wut legte er ihm zu Füßen, schleuderte sie ihm entgegen und schrie sie hinaus. Eine gewaltige Böe riss ihn fast von den Füßen. Er stemmte sich dagegen, umklammerte den Fensterrahmen und schenkte den Elementen noch mehr seines Zornes. Bücher flogen vom Schreibtisch, die Farnpalme wurde umgerissen, Bilder fielen herunter, Glas zersprang auf dem Boden. Der Sturm brüllte. Eine wilde, zornige Entzückung überwältigte ihn, als er begriff, dass das Toben der Elemente aus seinem Innersten kam. Er steuerte diese Urgewalt. Es war seine materialisierte Wut, die die Wellen zu Giganten auftürmte und den Orkan entfesselte. Er wollte mehr! Viel mehr. Wenn er alles hinausließ, wenn er die Fesseln ganz und gar löste, würde der Sturm dieses Haus, dieses Dorf und vielleicht ihn selbst zerreißen. Grenzenlose Macht, grenzenloser Rausch. Die urtümliche Lust nach Befreiung und Selbstzerstörung verwandelte seine Seele in ein Inferno.
    Herrgott, was tat er?
    Mit einem Knall

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