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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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bedrückte Christopher. Seit Maya ihn auf dem Parkplatz des Flughafens geweckt hatte, war er abwesend und verstört, beharrte jedoch bei jeder Nachfrage darauf, es sei nur die Müdigkeit. Nun ja, müde waren sie alle. Sie sogar derart, dass sie das Treiben der Menschenmassen, die Stimmen, Aufrufe und sonstigen Sinneseindrücke wie durch Watte wahrnahm.
    Jede Sekunde, in der sie Christophers Hand hielt, steigerte ihre Glückseligkeit. Immer wieder fragte sie sich, ob das alles wahr war, ob er wirklich zu ihr gehörte. Sie konnte es nicht glauben, doch jeder seiner Blicke, jedes Lächeln sagte ihr, dass es der Wahrheit entsprach.
    Ohne Frage musste sie einen Preis für diese Liebe bezahlen. Es war komplizierter, gefährlicher und erforderte Kompromisse, doch selbst das größte Opfer auf Erden war es ihr wert.
    Als sie im Flugzeug gezwungen waren, sich zu trennen, tat seine Abwesenheit körperlich weh. Während Maya sich am vordersten Ende der Maschine befand, saßen Christopher und Jeanne in der vorletzten Reihe. Sehnsüchtig drehte sie sich um und kam sich vor wie ein Backfisch. Als sein Blick sie traf, über zwei Dutzend Köpfe hinweg, versank sie erneut in einem Taumel aus Glück. Dieser Mann brachte so viele Saiten zum Klingen. Die Wissenschaftlerin in ihr glühte vor Neugier, die Romantikerin seufzte hingerissen und der abenteuerliche, wilde Teil empfand eine Erregung, die wie ein warm glimmendes Feuer ihre Fasern durchzog.
    Ihr wurde schwindelig, also drehte sie sich wieder um, versank in ihrem Sitz und schloss die Augen. Kaum hatte sie das getan, forderten mehrere Wochen Schlafentzug ihren Tribut. Trunken vor Müdigkeit dachte sie an die Wüstennächte in Arizona, als sie sich im Sand unter den Sternen ihre Zukunft ausgemalt hatte. Alle möglichen Verrücktheiten waren dabei gewesen, doch der Wahrheit kamen nicht einmal die kühnsten Träume nahe.
    Poseidons Volk. Sirenen und Selkies. Wenn Christopher existierte, was existierte dann noch? Wie war seine Rasse entstanden? Durch Evolution oder eine Art Schöpfung? Woher stammte sie? Was unterschied ihren Metabolismus von dem des Menschen? Noch hatte sie keine Antwort auf all diese Fragen, doch Zeit und Geduld würden das Rätsel lösen.
    Das Brummen der hochfahrenden Turbinen vibrierte in ihrem Körper. Es erinnerte an ihre gemeinsame Nacht mit Christopher, an diese berauschenden Momente, die einen schier unstillbaren Hunger geweckt hatten. Auf dem Schiff würden sie viele Nächte miteinander verbringen. So viel Zeit, so viel Nähe. Allein der Gedanke ließ jede Zelle vor Vorfreude prickeln.
    Ein verführerischer Tanz am Abgrund.
    Als das Flugzeug auf die Startbahn rollte und beschleunigte, gesellte sich zu der lustvollen Wonne das Gefühl von Befreiung. Weg, einfach nur weg. Auf den Horizont zu, in die Nacht hinaus. Die Maschine hob ab, die Lichter entfernten sich. Bald sahen sie aus wie verstreuter Glitzerstaub im Schwarz der Landschaft. Das trübe Grau der Wolken dort draußen vermittelte ihr das Gefühl, blind zu sein. Als sie diese Masse durchstießen und sich unter ihnen eine Landschaft aus vom Mondlicht beschienenen Bergen und Tälern ausbreitete, erschien ihr der Anblick wie eine Metapher für ihr neues Leben. Sie war irgendwozwischen den Welten. Weder im Hier noch im Dort, sondern in der Wahrheit. Magie war in ihr Leben eingekehrt. Grau schillerte in allen Farben. Gerade, asphaltierte Wege wurden zu verwunschenen Pfaden.
    „Danke“, flüsterte sie mit geschlossenen Augen. „Danke, dass du mir das geschenkt hast.“
    Fast war es ihr, als käme eine Antwort zurück. Ein flüchtiges Gefühl von Wärme und Zuneigung. Aber vielleicht irrte sie sich auch.
    Als Maya die Augen schloss und, kaum dass sie eingenickt war, von einer Durchsage aufgeschreckt wurde, schienen nur Sekunden vergangen zu sein. Umso verblüffter stimmte sie die Tatsache, dass die Maschine zur Landung ansetzte. Ein Blick auf die Uhr brachte Gewissheit. Sie hatte, ohne es bemerkt zu haben, die gesamte Flugzeit verschlafen. Unfassbar. Im Halbschlaf ließ sie sich von der Masse mitreißen, ging die Gangway entlang und blieb nur aufrecht, weil Christopher sie stützte. Alles in ihr schrie nach einem Bett.
    Die kurze Fahrt mit dem Taxi bekam Maya kaum mit. Nur ein flüchtiger Eindruck blieb in ihrem Geist haften – Christopher, der an ihrer Seite einschlief und dessen Kopf auf ihre Schulter sackte. Wie es aussah, neigte er genauso wie jeder normale Mensch zur Selbstüberschätzung.
    In das

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