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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Warum war sie es nicht? Langsam streckte sie die Hand aus, Zentimeter für Zentimeter, um sie schließlich auf seine Brust zu legen. Etwas Überwältigendes durchzuckte sie, das mit Worten nicht zu umschreiben war.Sie wagte nicht zu atmen. Konnte man es Energie nennen? Dieses Prickeln, das über ihre Haut floss und sich verstärkte, als sie die Handfläche auf das phosphoreszierende Muster legte, war unfassbar.
    „Meerestiere haben so was perfektioniert“, sagte sie mit einer Stimme, als befände sie sich irgendwo außerhalb ihres Körpers. „Kennst du Sepien? Sie wechseln binnen von Sekundenbruchteilen die Farben, indem sie ihre Pigmentzellen öffnen oder zusammenziehen. Sie sind zu einem Farbspiel fähig, das jede Vorstellungskraft übersteigt. Nirgendwo ist die Biolumineszenz so weit verbreitet wie bei Meerestieren.“
    „Und ich bin ein Meerestier.“ Sein Grinsen weckte den Anschein, als fände er die unbeschreiblichen Metamorphosen seines Körpers in hohem Maße amüsant. „Nicht dass du auf die Idee kommst, mich in kochendes Wasser zu werfen. Oder plötzlich Lust auf Fischstäbchen bekommst.“
    „Du bist viel zu schade zum essen.“ Humor mutete unter den gegebenen Umständen sonderbar an, aber er half. „Allerdings denke ich alle sieben Sekunden daran, dich zu vernaschen.“
    „Das beruht auf Gegenseitigkeit.“
    Er zog sie mit einem Ruck an sich und küsste sie, bis ihr schwindelig wurde. Maya wand sich unter seinen tastenden Händen. Herrgott, er machte sie vollkommen verrückt. Jede Beherrschung zerschmolz unter seinen Berührungen zu nichts. Als er sich kurz von ihr löste und sie ansah, rieselten warme Impulse ihre Wirbelsäule hinab. Am liebsten wäre sie hintenüber gekippt und hätte ihn mit sich gezogen.
    „Bleibt nur zu hoffen“, presste sie hervor, „dass sich dein Paarungsverhalten nicht dem des Riesenkalmars anpasst.“
    Selbst sein Lachen löste körperliche Reaktionen aus. „Dann müsste ich ein Spermapaket mit brachialer Gewalt unter deine Haut injizieren, was dich derart traumatisiert, dass du für den Rest deines Lebens jedes vor dir aufkreuzende Männchen zu fressen versuchst. Oder ich bin so eifrig bei der Sache, dass ich mir das Ding selbst ins Bein schieße. Oder dir ins Auge.“
    „Und wie wäre es mit den Anglerfischen?“
    „Noch schlimmer. Ich bin als Männchen winzig klein und hefte mich an deine Seite, vereine mich mit deinem Blutkreislauf und schrumpfe zu einem Spermasäckchen zusammen, das fortan nur noch einen Zweck hat. Sporadisch gewisse Sachen abzugeben. Außerdem muss ich damit leben, dass sich bis zu einem Dutzend Konkurrenten an dich pappen. Ob es mir passt oder nicht.“
    Maya kicherte. Vorsichtig strich sie über seine Brust und erkannte mit wachsender Verzückung, dass das Schimmern durch ihre Berührungen intensiver wurde. Zärtlich fuhr sie die Streifen nach, beugte sich vor und setzte mit den Lippen das fort, was ihre Finger begonnen hatten. Sein Körper reagierte unvermittelt. Auf ganz menschliche Weise und nach Art eines verliebten Tintenfischs. Am liebsten hätte sie laut aufgelacht. Oder wäre in Tränen ausgebrochen. Der Cocktail ihrer aufkochenden Emotionen war überwältigend.
    Er hob ihr Kinn mit der Spitze seines Zeigefingers an und blickte ihr in die Augen. „Woran denkst du, Maya?“
    „Dass das Leuchten etwas mit Erregung zu tun hat. Wie bei den Sepien.“
    Belustigt hob er eine Augenbraue. „Hör auf, mich mit einem Tintenfisch zu vergleichen.“
    „Tut mir leid. Ich meine nur … intensive Gefühle sorgen auch bei dir dafür, dass die Haut mit diesem Schauspiel reagiert. Hast du vielleicht etwas Entsprechendes geträumt?“
    „Oh ja. Ich habe von dir geträumt. Du lagst auf einem Felsen im Meer. Und zwar nackt. Im Traum habe ich dich …“
    „Schon gut.“ Sie unterbrach ihn mit einem Wedeln ihrer Hand. „Da haben wir den Auslöser. Großer Gott, das ist unglaublich. Es gefällt mir nicht. Ich meine …“ Wie sollte sie es ausdrücken? „Natürlich gefällt es mir. Es ist fantastisch, aber wenn ich dich bitten dürfte, auf dem Schiff nicht oben ohne rumzulaufen?“
    „Das hatte ich nicht vor.“
    „Gut. Und falls dich irgendwer so sieht, erzählst du ihm was von neuester Tattoo-Technologie.“
    Er lachte auf, während sie ihre Hilflosigkeit in einem Seufzen entlud. Die Tatsache, dass er vor ihr saß, halb entblößt und auf dem besten Wege, zu einem sagenhaften Geschöpf zu mutieren, stürzte sie in einen Abgrund aus Sorge und

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