Meeresblau
jegliche Zurückhaltung unter ihrer Hitze schmolz. Seine Hände umfassten ihre Taille, spürten die heiße Haut unter dem nass geschwitzten Hemd, glitten höher und umfassten ihre Brüste. Ihren Körper so nah an dem seinen zu spüren, riss an den ohnehin dünnen Seilen seiner Beherrschung. Wie sie sich an ihm rieb, sich rhythmisch wand und mit fiebrigen Augen zu ihm aufsah, brachte ihn um den Verstand. Er wollte sie. Er brauchte sie.
„Ich will zurück“, rief er in ihr Ohr. „Ich will allein mit dir sein.“
Sie lachte. Plötzlich wurde er erneut geschnappt und weggezerrt. Quer über die Tanzfläche hinüber zu einem der Käfige. Als ihm schwante, was sie vorhatte, meldete sich sein Verstand zurück.
„Du willst doch nicht wirklich …“
Sie presste ihre Lippen auf die seinen und erstickte jedes weitere Wort. Fatalismus lag in ihrem Geschmack. Ein wildes Feuer, dem er nicht widerstehen konnte. Willenlos ließ er sich hinaufziehen, hinein in einen von Strahlern erleuchteten Stahlkäfig. Durch die Gitter blickte er auf die Menschenmenge hinab. Augenpaare starrten ihn an, zogen ihn mit Blicken aus, kehrten Wünsche und Begehrlichkeiten freimütig nach außen. Emotionen stachelten seinen alkoholvernebelten Geist an, flogen ihm zu und fluteten seine Sinne mit den schillernden Facetten des menschlichen Seins. Ihm wurde seltsam zumute. Auf der Leinwand tanzte und spielte das Wasser. Alles schien sich in blauen Nebel zu hüllen. Nein, es war blaues Glas. So, alsblickte er vom Meeresgrund aus in das Licht.
Maya legte eine Hand auf seine Brust. „Was ist mit dir? Alles okay?“
Ihm fehlten die Worte. Das Bild der Leinwand veränderte sich, zeigte nun ein vom Sturm aufgepeitschtes Meer. Wellen türmten sich auf, urgewaltig und schaumgekrönt. Sie schleuderten ihre Gischt in den düsteren Himmel hinauf, fielen in sich zusammen und bäumten sich erneut auf. Als Tropfen herabzuregnen begannen, glaubte er an eine Halluzination. Doch dann spürte er, wie das Wasser über sein Gesicht rann. Es durchnässte seine Kleidung und perlte über seine Haut.
„Regen?“
Tatsächlich. Ein Sprühregen aus salzigen Tropfen ergoss sich auf die Menge hinab. In der Hitze des Saales verwandelte sich Nässe in Dunst und gab den sich windenden Körpern etwas Surreales.
„Mordsmäßige Effekte, was?“
Maya strich mit den Fingern über Christophers Kehle. Sie beugte sich vor, küsste seinen Hals und ließ ihre feuchte Zungenspitze über seine Kehle gleiten. Die Berührung fuhr wie ein Blitz in seine Lenden. Sinneseindrücke prasselten nur so auf ihn ein. Herzschläge dröhnten, Gedanken flüsterten. Da war Sehnsucht in vielen Seelen. Eine Frau, die ihrer verlorenen Liebe nachtrauerte. Ein Mann, der sich danach sehnte, gehen zu dürfen und nichts mehr zu fühlen. Menschen, die sich Hals über Kopf verliebten, vom Glück Berauschte und vom Leben Gebeutelte, die die Hitze des Saales mit ihren Emotionen füllten.
Maya ließ ihren Kopf in unverhohlener Einladung zurücksinken und rieb ihren Körper an dem seinen. Diese Frau brachte seinen bis zur Schmerzgrenze empfindsamen Körper zum Brennen. Er wollte alles um sich herum vergessen, alles bis auf Maya, doch eine innere Stimme sagte ihm, dass ihn nur noch eine hauchdünne Membran vom Kontrollverlust trennte. Es durfte nicht sein. Nicht hier, umringt von wimmelnden Massen. Er entwand sich ihren Armen, sprang aus dem Käfig und lehnte sich erschöpft gegen die Stangen.
Seine Haut prickelte. Eis schien durch seine Adern zu fließen, als kündigte sich erneut eine Veränderung an. Nein, die Hände sahen normal aus, ebenso wie der Rest von ihm, soweit er das beurteilen konnte. Keine Schwimmhäute, kein Leuchten. Sein Blick suchte Maya, die im Käfig geblieben war. Er gab ihr durch ein Lächeln zu verstehen, dass es ihm gut ging, und sie begann wieder zu tanzen. Ein Hauch von Erleichterung wehte durch seine Gedanken, zart wie eine Berührung. Ausgelassen spielte sie mit dem Rhythmus, ließ ihre Hüften kreisen und wand sich wie losgelöst zur Musik. Ihr Treiben ließ die Blicke so mancher Männer glasig werden. Nur das Gleichgewicht wahrend, indem er sich an den Käfigstäben festhielt, starrte er sie an, verfolgte ihr laszives Spiel und malte sich aus, diese Bewegungen an seinem Körper zu spüren. Hemmungslos und entfesselt. Die Reaktion seines Körpers auf diese Gedanken war so heftig, dass es wehtat. Ein Knurren grollte in seiner Kehle.
„Sie müssen Dr. Jacobsen sein”, rief
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