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Meeresblau

Meeresblau

Titel: Meeresblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Ihm wurde heiß und kalt vor Schrecken.
    „Maya hat recht“, hörte er Jeanne sagen. „Du siehst furchtbar aus. Du trocknest aus, hast Fieber und kannst kaum noch atmen.“
    „Mir ist nur heiß, zum Teufel.“ Unkontrollierbare Wut kochte in ihm auf. „Weiter nichts. Und jetzt hört auf, mich zu bemuttern.“
    „Still!“ Maya raufte sich die Haare. Ein von Palmen gesäumtes Gebäude nach Art eines griechischen Tempels zog an ihnen vorüber. „Wenn ich jemanden bemuttern will, dann tue ich das. Damit musst du leben.“
    „Und was, wenn er sich verwandelt?“ Jeanne flüsterte die Worte verstohlen in Mayas Ohr, doch hören konnte er klar und deutlich. „Was sollen wir dann machen?“
    „Solange er nicht hier im Taxi mutiert.“
    „Wie weit ist das Meer weg?“
    „Zu weit. Wenn er ausgerechnet jetzt meint, seine natürliche Gestalt anzunehmen, haben wir ein Problem.“
    „Wir wissen ja nicht mal, wie seine natürliche Gestalt aussieht. Vielleicht verändert er sich kaum.“
    „Äh … naja …“
    „Was?“
    „Stell dir Madison aus Splash vor und gib ihr sein Aussehen.“
    Jeanne klappte der Kiefer nach unten. „Also doch ein Fischschwanz? Woher weißt du das? Hat er es dir erzählt? Hast du es gesehen?“
    Jetzt wurde es ihm endgültig zu bunt. „Hallo die Damen? Ich habe gute Ohren. Also lasst den Blödsinn.“
    „Du sei lieber still.“
    Maya sank in ihrem Sitz zusammen, Jeanne hockte wie ein Häufchen Elend neben ihm. Diese verdammte Luft! Stickig war kaum ein Ausdruck für diesen Cocktail aus Abgasen, Smog, Zigarettenqualm und Hitze. Wenn sie nicht bald das Hotel erreichten, würde es übel enden. Die Haut seiner Hände fühlte sich an wie brüchiges Pergament. Seine Lungen brannten, und das allzu vertraute Kribbeln in den Beinen setzte ein.
    Jeanne blieb sein Gesichtsausdruck nicht verborgen. Sie fuhr hoch und schnauzte auf Spanisch etwas in Richtung Fahrer. Der knurrte zurück und trat auf das Gaspedal, um in halsbrecherischer Geschwindigkeit zwischen hupenden Autos hindurchzurasen.
    Christopher schloss die Augen und wandte alle Konzentration auf, um die Verwandlung seines Körpers aufzuhalten. Im Hotel war es ihm leicht gefallen, die Mutationen hervorzurufen und verschwinden zu lassen, indem er die entsprechenden Geschehnisse in seinem Kopf visualisierte. Doch jetzt entglitt der Vorgang seiner Kontrolle.
    Als der Taxifahrer endlich vor einem hohen Gebäude aus Sandstein hielt, hatte sich sein Zustand dramatisch verschlechtert. Irgendwie gelang es ihm dennoch, sich aufrecht zu halten und seine Tasche zu tragen. Jeder Schritt schmerzte, jeder Atemzug war eine sengende Qual. Seine Lungen begannen zu streiken.
    „Geht’s noch?“ Jeanne strich über seinen Rücken. „Meinst du, du schaffst das?“
    „Ja“, blaffte er zurück. „Mir geht’s gut.“ Schwindelnd lehnte er sich an den Tresen der Rezeption und starrte auf die Formulare, die man ihm gab. Die Schrift verschwamm vor seinen Augen, sodass er die Spalten auf Geratewohl ausfüllen musste. Beim Schreiben zitterten seine Finger so heftig, dass er kaum den Stift halten konnte.
    „Fühlen Sie sich nicht wohl?“, fragte die Empfangsdame mit besorgter Höflichkeit. „Soll ich einen Arzt rufen?“
    „Nein!“ Jetzt lief das Fass seiner Beherrschung endgültig über. „Sollen Sie nicht.“ Mit einer Gereiztheit, die er von sich nicht kannte, knallte er den Stift auf den Tresen, schnappte sich Jeannes Tasche und seine eigene und ging zum Fahrstuhl. Ein Fluch kam über seine Lippen, der seine Schwester und Maya erschreckt zurückzucken ließ. Irgendwo unter seiner Verzweiflung tat es ihm leid, dass sie ihn so erleben mussten, doch er hatte keine Kraft mehr, gegen seine Gefühle anzukämpfen. Wenn er es nicht schaffte, diese verdammte Metamorphose zu beherrschen, war alles verloren.
    Bis sie ihre Hotelzimmertür erreicht hatten, war das Schweigen zwischen ihnen dick wie Melasse geworden. Kaum waren sie in das Zimmer hineingeschlüpft, entlud Maya ihre Emotionen mit einer urplötzlich losbrechenden Standpauke.
    „Ich muss wohl nicht betonen, dass ich mir große Sorgen mache, Chris. Das sind keine guten Voraussetzungen für unsere Schiffsreise. Wirklich nicht. Wie stellst du dir das vor, bitte schön? Wie willst du solche Anfälle auf Dauer kaschieren? Sollen wir uns eine Kreislaufkrankheit ausdenken, auf die du im Notfall zurückgreifen kannst? Am liebsten würde ich dich würgen, aber du leidest auch so schon genug.“
    „Das wäre sogar

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