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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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Boden fallen – und sprang.
    Das Wasser war überraschend kühl und salzig und zum
Glück viel weniger trüb, als ich befürchtet hatte. Trotzdem
brauchte ich ein paar Sekunden, um mich zu orientieren. Dass
meine Beine sich zu einem Haischwanz zusammenschlossen,
spürte ich fast gar nicht, der erste Atemzug unter Wasser kostete
mich allerdings ein wenig Überwindung.
    Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich in die weit aufgerissenen
Augen des Jungen, dann stob er davon und verschwand
hinter einer hohen weinrot schimmernden Pflanze.
    Aufmerksam ließ ich meinen Blick über die Unterwasserlandschaft
gleiten, die Jane für ihn geschaffen hatte. Der Teich war wirklich nicht klein und zudem ungewöhnlich tief.
Es gab sogar ein mit Muscheln übersätes Riff und auch ein
paar Krebse und Fische. Dennoch konnte ich mir nicht vorstellen,
dass dieser Platz als ständiger Aufenthaltsort für einen
Nix geeignet war, und noch mehr fragte ich mich, wo sich ein
so großes Wesen wie Cyril wohl versteckt halten könnte, da
bemerkte ich plötzlich unter mir eine Bewegung.
    Meine Reaktion war ein Reflex, ich dachte nicht eine Sekunde
darüber nach. Mit einem einzigen Flossenschlag schoss
ich auf den Grund zu und bekam den dunklen Leib, der sich
aus dem sandigen Boden erhob und ebenfalls hinter die weinrote
Pflanze flüchten wollte, mit den Händen zu fassen.
    Unter normalen Umständen wäre er ganz sicher problemlos
mit mir fertiggeworden, aber er war verletzt – wie sehr, wurde
mir erst in dem Moment klar, als ich seinen Schrei spürte, der
jede einzelne meiner Zellen durchdrang und sogar das Wasser
im Teich zum Vibrieren brachte. Die zarte Haihaut-Hülle, die
seinen Körper umgab, war an unzähligen Stellen eingerissen.
An seinen Flanken hing sie zum Teil in langen Fetzen herab.
Blut, Schrunden oder Bisse waren nicht zu sehen, aber dort,
wo seine menschliche Haut mit Meerwasser in Berührung gekommen
war, hatte sie sich tiefblau verfärbt. Cyril sah aus, als
wäre er in eine heftige Schlägerei geraten.
    Sein Anblick schockierte mich bis ins Mark, und es kostete
mich eine ungeheure Willensanstrengung, ihn nicht einfach
loszulassen.
    Cyril, bitte, halt still, ich muss mit dir sprechen.
    Alles, was du willst, aber bitte nimm deine Hände weg,
flehte er.
    Ich verspreche dir, ich werde nicht flüchten. Ich käme ja sowieso nicht
weit.
    Ich suchte in seinen dunklen Augen nach einem Anzeichen,
ob er mich auszutricksen versuchte. Doch ich fand nichts
darin außer Schmerz und Qual, und so beschloss ich, ihm zu
vertrauen, und gab ihn zögernd frei.
    Cyril seufzte auf, entspannte sich und ließ sich langsam wieder
zu Boden sinken.
    Das ist keine gute Idee,
sagte ich.
Wenn wir nicht bald zusammen
auftauchen, bekommen wir garantiert Besuch von Gordy.
    Oh, du hast ihn mitgebracht!,
entgegnete Cyril spöttisch.
Das
ist wirklich … aufmerksam.
    Vielleicht weißt du es nicht, weil du bewusstlos warst, aber er hat
dir das Leben gerettet.
    Oh doch, ich weiß es. Javen und …
Er brach ab und schüttelte
den Kopf.
Sie haben es mir erzählt.
    Okay, du willst mir also nicht verraten, wer der andere Nix war.
    Cyril senkte den Blick.
    Das bedeutet, dass ich ihn kenne,
sagte ich.
Dass er wahrscheinlich
schon sehr lange unter den Menschen lebt und nicht enttarnt
werden will.
    Die Antwort war Schweigen, und aus Cyrils Miene konnte
ich nicht erraten, was er dachte oder fühlte.
    Ich lege auch keinen Wert darauf, enttarnt zu werden, wie du dir
sicher denken kannst,
fuhr ich also fort.
Aber früher oder später
werden wir einander erkennen.
    Cyril musterte mich schweigend.
    Du hast es gewusst, oder?,
fragte ich.
Du hast gewusst, dass ich
eine Halbnixe bin. Das würde nämlich erklären, warum du dich überhaupt
nicht gewundert hast, mich hier so zu sehen.
    Noch immer zeigte er keine Regung, sondern sagte nur:
Du
hast recht, wir sollten auftauchen.
    Mit einem Flossenschlag entfernte er sich von mir und
schoss nach oben. Ich folgte ihm, so schnell ich konnte.
    Unmittelbar nacheinander sprangen wir aus dem Teich.
    Dass ich vor dem Auftauchen sämtliches Wasser aus meinen
Lungen presste, geschah ganz automatisch, ich dachte nicht
einmal mehr darüber nach, und genauso rasch schlang ich mir
auch meine Haihaut um den Körper.
    Gleich neben der Bank am Teichrand stand Gordy und ein
Stück weiter in Richtung Haus Jane, die ihre Arme schützend
um einen hübschen rothaarigen Jungen gelegt hatte.
    Alle drei starrten uns an.
    Zu meiner Verwunderung ignorierte Cyril

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