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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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wie wir
uns tarnen können.«
    »Das stimmt nicht ganz«, widersprach ich sofort. »Cyril und
Javen Spinx …« Ich brach ab, denn erst jetzt fiel mir eine Besonderheit
auf, die ich eigentlich schon längst hätte bemerken
müssen. »Wieso hat er einen Nachnamen und Cyril beispielsweise
nicht?«
    Wieder lächelte Jane. »Du hast auch einen, Elodie
Saller.
    Dabei brauchst du ihn im Grunde genauso wenig wie die meisten
von uns.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Wie meinst du das?«
    »Wir alle verfügen über das gleiche Talent. Es gehört zu
unserer Tarnung.« Sie machte eine flüchtige Geste vor ihrer
Stirn. »Bilder löschen.«
    »Aber …?«
    »Javen steht mit vielen Menschen in Kontakt«, kam Jane
meiner Frage zuvor. »Jeden Tag trifft er neue Leute. Wissenschaftler,
Politiker, Journalisten … Für das, was er sich vorgenommen
hat, ist es notwendig, dass sie sich an ihn und alles,
was er tut und sagt, erinnern. Mit der Fähigkeit, Dinge vergessen
zu lassen, kommt er da natürlich nicht weit. Anders als
die meisten von uns verfügt Javen zum Glück aber auch noch
über andere Talente, die er einsetzen kann, sollte es einmal
brenzlig werden.«
    Unwillkürlich kam mir die Szene am Hafen von St Peter
Port in den Sinn. War es womöglich in irgendeiner Weise gefährlich
für ihn gewesen, mich dort zu treffen? Es schien mir
absurd, und trotzdem: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er
sich von mir finden lassen wird«, murmelte ich.
    Jane sah mich verständnislos an. »Wie kommst du denn darauf?
«
    »Er hat mir gegenüber schon einmal so getan, als würde er
mich nicht kennen.«
    »Das macht er nur, um uns nicht zu schaden«, meldete sich
Bo überraschend zu Wort.
    Seine Stimme war überaus bezaubernd. Hell und klar, aber
ohne sich kindlich anzuhören. Überhaupt war seine ganze Erscheinung
einfach hinreißend. Bo hatte eine zarte, feingliedrige
Statur, seine kupferroten Haare standen in rosettenförmigen
Wirbeln, die wie Blumen aussahen, von seinem Kopf ab,
und seine leicht schräg gestellten blauen Augen leuchteten wie
Saphire. Ich hatte noch nie einen hübscheren Jungen gesehen.
Wäre ich ein kleines Mädchen gewesen, hätte ich ihn garantiert
für einen Elfen gehalten.
    »Du kennst ihn?«, fragte ich verwundert.
    »Natürlich.« Bo grinste schief. »Jeder von uns kennt ihn.«
    »Und du denkst, dass es mir geschadet hätte, wenn Javen
Spinx und ich uns in St Peter Port miteinander unterhalten
hätten?«
    Bo nickte, und Jane, die wieder hinter ihn getreten war und
ihren Arm um ihn geschlungen hatte, sagte: »Javen tut nichts
ohne Grund. Er arbeitet ungeheuer effizient.«
    »Vielleicht liegt es daran, dass er so viele besondere Talente
besitzt«, erwiderte ich schulterzuckend.
    »Schon möglich.« Jane warf einen kurzen Blick auf Gordy,
der vollkommen reglos neben mir stand und ziemlich nachdenklich
wirkte. »Unsere besonderen Fähigkeiten bilden sich
individuell nach Bedarf aus«, fuhr sie schließlich wieder an
mich gewandt fort. »Sie richten sich nach dem Ziel, das wiranstreben. Und da Javen besonders verantwortungsvolle Aufgaben
zufallen, wird er auch über besonders viele Talente verfügen.
«
    »Heißt das etwa, sobald man vor einem Problem steht, fällt
die entsprechende Gabe einfach vom Himmel?« Ich konnte
mir nicht helfen, aber das klang einfach zu fantastisch.
    »So ist es ganz und gar nicht«, meinte Jane auch gleich. »Im
Gegenteil: Das Meer gibt uns diese Fähigkeiten nur dann,
wenn es allen dient. Unsere persönlichen Probleme oder gar
Wünsche spielen dabei überhaupt keine Rolle. Außerdem sind
diese Talente nur Leihgaben, mit denen man äußerst sorgsam
umgehen sollte«, schloss sie mit ernstem Unterton.
    Abermals schaute ich auf ihren Fuß und ertappte mich bei
der Frage, ob dieses Handicap wohl eine Art Strafe gewesen
war, weil Jane eines ihrer Talente für eigennützige Zwecke
eingesetzt hatte. »Das Hinken ist sehr nützlich«, sagte sie augenzwinkernd,
als sie meinen Blick bemerkte. »Keiner der Inselbewohner
ist jemals auf die Idee gekommen, dass ich kein
Mensch sein könnte.«
    »Cyril hat angedeutet, dass mehrere von euch hier …«, setzte
ich an, doch Jane ließ mich nicht ausreden.
    »Von
uns
«, betonte sie. »
Du
gehörst auch dazu.«
    Ja. Ich seufzte leise. Es würde wohl noch eine Weile dauern,
bis ich es verinnerlicht hatte, dass ich kein normales Menschenmädchen,
sondern eine Hainixe war.
    »Also, er meinte, dass ich bereits einige kenne …«, fuhr ich
zögernd fort, in der

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