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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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ich
mein Tempo. Ich stellte meine Sinne auf Empfang, analysierte
jedes Geräusch, und zu meiner Überraschung erfasste mein
Blick selbst in dieser trüben Finsternis jede noch so kleine Bewegung.
    Der Höhlengang verengte sich zunehmend, und schon
bald hatte ich Mühe, meinen Körper zwischen den Felsen
hindurchzuzwängen, ohne mich an den unzähligen scharfkantigen
Vorsprüngen und Steinspitzen zu verletzen. Ich spürte,
dass das Wasser um mich herum allmählich kälter wurde, und
mit einem Mal verdichtete sich auch die Dunkelheit so sehr,
dass ich kaum noch etwas erkennen konnte.
    In diesem Moment wurde mir klar, dass ich einen Fehler gemacht
hatte. Am liebsten wäre ich zurückgeschwommen, aber
an ein Umkehren war in dieser Enge gar nicht zu denken. Ich
konnte meine Schwanzflosse kaum noch hin und her bewegen
und mein gutes Sehvermögen nutzte mir in dieser absoluten
Finsternis auch nichts mehr. Jede Berührung einer Alge auf
meiner Haut, jede Garnele, die sich in meinem Haar verfing,
jedes Gluckern in einer der vielen bleistiftdünnen Felsröhren
versetzte mich nun in Panik.
    Ich musste mich zwingen, nicht nach Gordy zu rufen. Auf
keinen Fall durfte er mir in diesen Höhlengang folgen. Meine
Muskeln waren bis in die letzte Faser gespannt und mein
Herzschlag brachte das Wasser um mich herum zum Pulsieren.
Trotzdem schwamm ich tapfer weiter, in der ständigen
Erwartung, urplötzlich Kyans dunkelgrüne Augen vor meinem
Gesicht aufleuchten zu sehen, und zugleich getrieben von der
Hoffnung, dass sich doch noch ein Ausweg finden würde.
    Viele unerträglich lange Minuten tat sich überhaupt nichts,
dann stieg die Wassertemperatur ganz unvermittelt wieder an
und die Konturen des Felstunnels schälten sich aus der Dunkelheit
hervor. Kein Zweifel, von irgendwo drang Tageslicht
herein. Der Gang beschrieb jetzt eine Kurve, vielleicht mündete
er dahinter in einer Grotte.
    Zuversicht erfasste mich, und ich versuchte, ein wenig
schneller voranzukommen. Doch noch ehe ich das Ende des
Ganges erreichte, schoss etwas Dunkles auf mich zu. Es war
mindestens so groß wie ich und es verströmte einen seltsam
vertrauten süßlichen Duft.
    Zurück!
, zischte es.
    Ich kann nicht, der Gang ist zu eng.
    Ich kann nicht, wird es in deinem Leben ab sofort nicht mehr geben,
war die prompte, zutiefst beunruhigende Antwort, und als
Nächstes erhielt ich eine Anweisung:
Senk deinen Kopf. Gesicht
nach unten!
    Alles in mir sträubte sich, diesem Befehl zu folgen. Trotzig
blickte ich dem, der da vor mir war, ins Antlitz, und ich erkannte
das eckige Maul eines Hais und ein winziges schwarzes
Auge, das schräg darüber aufblitzte.
    Wer bist du?
    Kopf runter!
    Nein! Zuerst sagst du mir, wer du bist!
    Der Hai zögerte, allerdings nur einen kurzen Moment.
    Also gut, du hast es nicht anders gewollt.
Entschlossen drückte
er mir sein Maul ins Gesicht und schob mich mit aller Kraft in
den Tunnelgang zurück.
    Verdammt noch mal, was soll das?
, fuhr ich ihn an.
Willst du,
dass ich mir die Haut aufschürfe?
    Keine Sorge,
entgegnete er.
Ich bin derjenige von uns beiden, der
eine empfindliche Außenhülle hat, und je weniger Widerstand du
leistest, desto weniger Schmerz fügst du mir zu.
    Seine Worte bohrten sich wie ein Dorn in meine Brust und
ich schämte mich zutiefst.
    Schon gut, Elodie,
kam es überraschend sanft von ihm.
Lass
einfach locker.
    Cyril,
dachte ich. Eigentlich war es nicht möglich, dass seine
Wunden bereits verheilt waren – aber wer sonst sollte es sein?
    Ich hörte auf, mich zu wehren, presste die Arme eng an
meinen Körper und ließ mich bereitwillig von ihm durch den
Felsengang schieben. Um es ihm so leicht wie möglich zu machen,
verzichtete ich sogar darauf, ihn durch weitere Fragen
abzulenken, und geduldete mich damit, bis wir das Ende des
Tunnels erreicht hatten und uns wieder frei bewegen konnten.
    Er war groß, mindestens zweieinhalb Meter lang, und seine
Außenhülle ziemlich dunkel, sodass es mich nicht weiter verwunderte,
dass ich ihn in der Enge und Finsternis des Höhlengangs
nicht gleich erkannt hatte. Jetzt allerdings musste ich
nicht zweimal hinsehen, um zu realisieren, dass es sich nicht
um Cyril handelte. – Und dass er nicht allein war.

Sie nutzten den Augenblick meiner Überraschung, nahmen
mich in ihre Mitte und pressten ihre Leiber so fest an mich,
dass ich nicht mehr entwischen konnte. Mit kräftigen Flossenschlägen
preschten sie voran, zurück zur Perelle Bay.
    Jane hatte eine viel kleinere und zartere Statur

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