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Meeresrauschen

Meeresrauschen

Titel: Meeresrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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Höhle und jedes Riff. Ich weiß, wo ich mich
verstecken kann. Und ich verspreche dir: Mir wird nichts passieren.
Ich komme zu dir zurück. So wie immer.«
    Von seiner Stimme ging ein Vibrieren aus, so fein, dass
es kaum zu hören war, dafür spürte ich es umso deutlicher.
Es tanzte auf meinem Trommelfell und prickelte auf meiner
Haut.
    Gordian sah mich an, einen Atemzug später stand er direkt
vor mir. Er fasste den Saum meines Pullis und zog ihn mir
über den Kopf.
    »Gordy«, murmelte ich, »was …?«
    Seine Antwort war ein Kuss. Während seine Lippen meine
umschlossen, hob er mich auf den Arm und trug mich zum
Bett. Sanft ließ er mich in die Kissen hinunter, legte sich auf
mich und küsste mich weiter. Seine Lippen und seine Zunge,
seine Haut und sein Duft, alles an ihm erschien mir verlockender
als je zuvor, und obwohl er nicht sprach, ließ das Vibrieren
nicht nach, sondern verstärkte sich von Sekunde zu Sekunde
und brachte jede einzelne meiner Zellen zum Schwingen.
    Ein glühend heißer Schauer jagte durch meinen Körper.
Zärtlich erwiderte ich seine Küsse, während meine Hände
sehnsüchtig über seinen Rücken streichelten. Ich hörte auf zu
denken und hatte keine Kontrolle mehr über das, was ich tat
oder Gordy mit mir tun ließ.
    Ich hörte ihn keuchen und überließ mich dem Druck seiner
Hände. Seine Berührungen waren fordernd und seine Küsse
hemmungslos und unersättlich. Wie eine Schlange glitt seine
Zunge über meinen Hals und mein Gesicht und plötzlich
spürte ich einen stechenden Schmerz in der linken Wange.
    Ich stöhnte auf und mit dem nächsten Atemzug sog ich
einen fremden, ekelerregenden Duft in mich ein. Die Hitze in
mir wurde zu einem Rauschen, das durch meinen Unterleib
pulsierte und sich in rasender Geschwindigkeit zu einem brodelnden
Zorn auswuchs, so gewaltsam, als entspränge es einem
wilden, ungezähmten Tier.
    Unbändig vergrub ich meine Finger in Gordians Haaren,
zerrte ihn zu mir herunter und atmete gierig seinen fremden,
feindlichen Geruch. Ich riss meinen Mund weit auf, spürte,
wie seine Haut unter meinen Zähnen aufsprang und süßes
Blut meine Mundhöhle füllte. Ich war wie von Sinnen, ich
wollte nur noch eines – töten!
    STOPP!
    Es war bloß ein Gedanke. Aber er katapultierte mich augenblicklich
in die Wirklichkeit zurück.
    Gordian und ich knieten splitterfasernackt einander gegenüber auf meinem Bett. Die Decke war zerwühlt und triefte
vor Nässe, die Kissen und unsere Klamotten lagen kreuz und
quer über dem Boden verteilt, sogar das Laken war heruntergerissen.
    Ich sah die Wunde in Gordys Gesicht, das feine Rinnsal
in seinem Mundwinkel, den entsetzten Ausdruck in seinen
Augen – und ich sah den tropfenförmigen Kristall, der unter
seinem Lid hervorquoll. Für einen kurzen Moment spiegelte
sich darin auf geradezu magische Weise das Türkis seiner Iris,
dann löste er sich mit dem nächsten Wimpernschlag, rollte an
seinem Nasenflügel entlang und fiel auf die Matratze hinunter.
    Ich spürte einen kurzen, tiefen Schmerz in meinem Herzen
und blickte wie gebannt auf den Kristall, der, anders als eine
gewöhnliche Träne, nicht im Stoff des Überzugs zerfloss, sondern
in einer Steppnaht der Matratze liegen blieb.
    Aus dem Augenwinkel registrierte ich das silbrige Schimmern
von Gordys Delfinhaut und nur eine Sekunde später
wehte ein feiner Luftzug seinen vertrauten Duft zu mir herüber.
Ehe ich etwas denken oder gar sagen konnte, war er bereits
durch das Fenster verschwunden, und ich blieb wie paralysiert
in meinem Zimmer zurück.

    Eine ganze Weile war ich außerstande, mich zu rühren. Zitternd
hockte ich auf dem Bett und versuchte zu begreifen, was
geschehen war.
    Erst als ich Tante Graces Schritte auf der Treppe vernahm,
ging ein Ruck durch meinen Körper. Blitzschnell sprang ich
auf, griff nach meiner Jeans und zerrte meine Haihaut her aus. Mit einem Satz war ich beim Fenster, schlüpfte durch den
Spalt und schwang mich über das Balkongeländer in den Garten
hinunter. Mein Sprung glich dem einer Katze und das Aufkommen
meiner Füße im Gras dem einer Feder. Mit langen
Sätzen sprang ich die Gartenterrassen hinunter – ich musste
mich beeilen, wenn ich nicht Gefahr laufen wollte, dass meine
Großtante oder einer der Nachbarn mich bei dieser Witterung
nackt zu den Klippen hinunterrennen sah.
    Die Felsen waren glitschig vom Regen und der aufbrandenden
Hochflut, doch meine Fußsohlen hafteten so gut daran,
dass die Sorge, ich könnte ausrutschen oder sogar

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