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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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unsereiner.»
    Knightley lächelte. Er dachte an seinen letzten Joggingversuch, der bereits einige Jahre zurücklag und nach einer Meile in seinem Lieblingspub endete, wo man so freundlich war, ihn nicht auf seine seltsame Kleidung anzusprechen. Danach hatte er noch einen ausgedehnten Spaziergang gemacht, damit seine Frau nichts roch.
    «Wenn ihr was passiert wäre, gäb’s jetzt schon Geschrei; da unten sind zwei meiner Leute», schloss Knightley das Thema ab. «Sagen Sie, kann ich eine Kopie des Berichts bekommen? Und hat jemand so etwas wie ein Phantombild gemacht von dem, was wir suchen?»
    Morningstar überlegte. «Ich glaube, in diesem Supermarkt haben sie ein Fax im Hinterzimmer.»
    «Bei Morgan.» Knightley nickte. «Das könnte gehen. Fragen wir. Morningstar?»
    Der Pathologe zuckte zusammen. Jetzt kommt’s, dachte er. Er fragt nach dem Handy.
    Aber der Kommissar sagte kein weiteres Wort. Er stand nur da und starrte verwirrt aufs Meer. «Ich werde alt», stellte er endlich fest. «Für einen Moment dachte ich, das Meer bewege sich.»
    Morningstar lachte wie über einen guten Witz. «Das tut es ständig, mein Bester. Es macht quasi den ganzen Tag nichts anderes. Kommen Sie.»
    Im Laden war die übliche Runde versammelt, dazu der Besitzer, sein Sohn und, zu Morningstars Überraschung und Erleichterung: Rose Ames.
    «Rose», rief der Pathologe. «Wir waren bei euch oben, und alles war verlassen. Hier steckst du also.»
    Sie lächelte. «Da kein frischer Fisch aus eigenem Fang kam», erinnerte sie ihn an sein nicht gehaltenes Versprechen, «musste ich einen kaufen gehen.» Sie hielt den Korb hoch.
    «Die letzten Seezungen von Broxton», kommentierte Morgan, begleitet vom Nicken der anderen Männer. Der schlechte Fang des Morgens war allgemeines Gesprächsthema geworden.
    «Einmal Pech hat nichts zu bedeuten.» Das war Ned. «Die reden doch schon seit Jahren vom globalen Ausverkauf, und was ist? Wir fahren aus seit eh und je. Geht doch alles weiter wie immer.»
    «Ja, aber dass einmal Schluss sein würde, das war doch klar», warf Tom ein. Mitleidig betrachteten sie Pete, dessen Familie das Angelgeschäft gehörte und die es daher am stärksten betraf. «Die Touristen wird es nicht stören.» So fasste Tom die Sache zusammen. Surfen würde man weiter. «Aber Thomas, dem geht die Flatter, mit seinen zwei Fangbooten.»
    «Jetzt wartet doch erst mal ab, es wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird.» Patrick Morgan war nicht bereit, sich aus der Ruhe bringen zu lassen. «Diese Untergangspropheten, die wollen doch bloß aus der Angst der Leute Kapital schlagen. Ich lass mich nicht von den ganzen Ökoterroristen ins Bockshorn jagen.»
    Pete, mit seinen vom Wind zerzausten Haaren und der ewig gleichen Jacke, gestikulierte lebhaft mit den Händen. Sie waren knochig, mit langen, hageren, von Wind und Wetter geröteten Fingern, die entfernt an Seespinnen erinnerten. «Habt ihr das etwa nicht gelesen? Jetzt bezahlen sie schon irgendwelche afrikanischen Diktatoren, damit sie ihre Küstengewässer plündern dürfen. Weil sie woanders gar nichts mehr fangen.»
    Keiner nahm ernst, was Pete sagte. Sie zweifelten, dass er überhaupt lesen konnte. Patrick lächelte. «Na, nach Afrika geht von uns keiner, was, Ned?» Er wandte sich an die anderen. «Diese ewigen Weltuntergangsschreier. Ich sage euch: nicht heute, nicht hier.»
    Alle lachten. Er hatte recht. Wer konnte und sollte sich das schon vorstellen: das Ende von allem. So etwas war Stoff für Hollywoodfilme und spannende Bücher. Solche, die man abends im Bett las und dann getrost beiseitelegte, um sich für den nächsten Tag fit zu schlafen.
    «
Ich
hab’s gelesen, Pete», sagte Rose und lächelte ihm zu.
    Mit aufgerissenen Augen starrte Pete sie an, so viel Freundlichkeit war er nicht gewohnt. Dann grinste er. «Ja, genau, eine verdammte Schande.»
    «Meine Herren», wandte Knightley sich an die Runde. «Mit Ihrer Erlaubnis muss ich Ihrem Gastgeber ein paar Fragen stellen.» Mit einer Geste bat er Morgan in das Hinterzimmer.
    In der Runde setzte ein großes Spotten und Feixen ein.
    «Morgan, jetzt kriegen sie dich», rief man ihnen hinterher. «Morgan, bist du es doch gewesen?» – «Ja, ja, die kleinen Mädchen.»
    Rose machte ein empörtes Gesicht.
    «Meine Herren, es sind Damen anwesend.» Knightley ließ seine Stimme noch ein wenig tiefer klingen.
    Aber Rose strafte ihn mit Verachtung und löste so eine neue Runde Gelächter und höhnische Sprüche

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