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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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aufgesetzt. «Warum schaust du so?»
    Mauds Augen blitzten. «Weil», sagte sie, «dieses Bootshaus und der Grund, auf dem es steht, nicht Rose gehören. Nicht nur, jedenfalls.»
    «Das tut es nicht? Aber sogar Patrick hat …»
    Maud winkte ab. «Das Ganze gehörte deinem Großvater. Der hat es an seine Töchter vererbt. Und da deine Mutter tot ist, dein Vater ebenso und du keine Geschwister hast, ist die Hälfte davon rechtlich gesehen dein Eigentum.»
    «Das kann ich mir nicht vorstellen», widersprach Adrian. «Das hätte sie mir gesagt.»
    Maud hob die Brauen. «Hätte sie?», fragte sie nur. Dann neigte sie ihr Gesicht ganz dicht an seines. «Adrian, was hat sie versprochen, dir vom Erlös zu kaufen? Eine Fußbodenheizung?»
    «Ja!», bestätigte er, verwundert, dass sie in Gelächter ausbrach. «Was hast du denn?»
    «Ach Adrian», rief sie, als sie wieder zu Atem kam, «du süßer, lieber, ahnungsloser Adrian.» Und wieder strich sie ihm über die Wange. Er schloss vor Wonne die Augen. «Hast du denn überhaupt eine Ahnung, was dieses Grundstück wert ist?»
    Kalte Luft dort, wo eben noch Mauds Wärme spürbar gewesen war. Adrian öffnete die Augen wieder und blinzelte. Kupfer, dachte er, dunkles Kupfer. Mauds Iris hatte im Sonnenlicht denselben rötlichen Ton wie ihr Haar.
    Sie flüsterte. «Die Gemeinde hat einen Investor, Adrian, der bereit ist, sieben Millionen dafür zu zahlen.»
    Die Summe hing in der Luft, so unwirklich wie ein Tropenvogel. Adrian lachte. Dann schwieg er. Dann lachte er wieder. «Das ist doch Unfug.»
    Maud stand auf. «Wollen wir nochmal ins Wasser gehen?», fragte sie. Ohne auf ihn zu warten, lief sie erneut voraus.
    Diesmal kam Adrian ihr nach. «Maud», rief er. «Maud, warte doch. Ich wollte dich fragen …»
    Ein Platschen antwortete ihm, als sie untertauchte. Aufgewühlt stand Adrian da und starrte auf seine Füße, an deren Zehen die glasklaren Ausläufer der Wellen leckten. Eine Gänsehaut kroch ihm über den Rücken, und er wusste nicht, kam sie von seiner Angst vor dem Wasser, von dem, was Maud ihm erzählt hatte, oder schlicht von der Kälte des Meeres.
    Sieben Millionen. Das war doch Wahnsinn. Das hätte Tante Rose ihm erzählt. Hätte sie? Der versteckte Brief fiel ihm ein, und er begann sich zu fragen, worauf das Schweigegebot sich eigentlich bezog, das sein Onkel vor vielen Jahren über die Tante verhängt hatte, und was es alles mit einschloss. Sieben Millionen! Das wären dann dreieinhalb Millionen für ihn!
    Und sie hatte ihn sein ganzes Studium lang, schon die gesamte Schulzeit über, schuften lassen wie einen Sklaven. Hatte ihn angetrieben, damit er die Stipendien bekam, die es ihnen angeblich einzig erlaubten, sein Schulgeld zu bezahlen. Er hatte gegärtnert und gekellnert, während die Jungs aus Broxton am Strand feierten.
    «Maud», rief er. «Maud, warte!» So schnell er konnte, schlüpfte er aus dem Shirt und seinen Shorts. Und er wagte den ersten Schritt ins Wasser.

[zur Inhaltsübersicht]
12. Kapitel
    Als Adrian ins Wasser tauchte, war das für Ondra, als ginge ein Beben durch den Atlantikboden. Sie war gerade mit einer ganzen Gruppe Gefährten weit draußen unterwegs und begleitete eine Schule Delphine, als sie das Signal wahrnahm. Das Meer schien sich förmlich um sie zusammenzuziehen und mit einem dröhnenden Paukenschlag wieder zu lösen, von dem sie meinte, alle müssten ihn wahrgenommen haben. Argwöhnisch blickte sie sich um. Aber die anderen hatten nichts bemerkt und spielten fröhlich weiter. Nox ließ sich von einem Delphin in rasendem Tempo durch das Wasser ziehen, ein Freund schnappte sich im Vorbeirauschen seine Flosse, um sich an ihn dranzuhängen, riss ihn aber in voller Fahrt von dem Tier los. Die beiden überschlugen sich und rangen miteinander. Aura lachte perlende Luftblasen und suchte sich ihrerseits ein Reittier. Keiner von ihnen war auch nur für einen Moment abgelenkt von seinem Spiel.
    Ondra war erleichtert. Also war es wahr. Sie war doch die Tochter ihres Vaters, sensibler in diesen Dingen als alle anderen. Offener, weitsichtiger. Geschaffen dafür, später einmal alles zu fühlen und alles zu lenken. Dieses eine Mal war sie froh darum.
    Kurz überlegte sie, mit welcher Entschuldigung sie sich absetzen sollte, dann entschied sie sich dafür, einfach zu verschwinden. Sie bog sich nach hinten, ließ ihren Schwanz schnalzen und drehte sich mit dieser Bewegung weit in die Tiefe, wo sie rasch Fahrt aufnahm. Das Wasser zog an ihren

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