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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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das Rauschen der Brandung, das bis zu ihnen heraufklang. Und zum ersten Mal seit langem klang es friedlich.

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27. Kapitel
    «Möchtest du ein paar Kräcker?»
    Adrian runzelte die Stirn. «Du hast mich doch wohl kaum so nachdrücklich zu dir eingeladen, um mir was zu essen anzubieten, oder?»
    «Streng genommen sind Kräcker kein Essen», sagte Maud und nahm einen der salzigen Kekse vom Teller, um ihn einer genauen Betrachtung zu unterziehen. «Sie sind ein Snack.» Krachend biss sie hinein. Kaute und schluckte. «Aber du hast recht», sagte sie dann, schob ihren Stuhl zurück und stand auf. «Kommen wir zum Thema.»
    Adrian sah ihr zu, wie sie sich durch das weiche Lampenlicht im Raum bewegte. Er war im ersten Moment erleichtert gewesen, dass sie ihn nicht schon an der Tür mit Tränen empfangen hatte. Er hatte mit Vorwürfen gerechnet, mit Liebesschwüren. Immer noch klang ihm ihr Satz im Ohr, sie trauere um die Chance, ihm beweisen zu können, wie sehr sie ihn liebe. Wann hatte sie das noch einmal gesagt? Er kam nicht darauf, es war ihm so unwirklich erschienen wie die Ruhe jetzt. Im Moment wirkte sie einfach nur sachlich und geschäftig, wühlte in diesen Kartons herum, die er ihr in einem anderen Leben samt seinem Herzen zu Füßen gelegt hatte und von denen er jetzt dachte, sie könne sie gerne behalten, wenn sie ihn nur in Ruhe ließ. Und er selber fühlte sich genauso unberührt.
    Er wunderte sich über sich selber. Vor nicht allzu langer Zeit wäre er der dankbarste Mensch der Welt gewesen, wenn sie seinetwegen die Fassung verloren und etwas von ihrer Liebe zu ihm gestammelt hätte. Jede Begegnung mit ihr war voller Spannung gewesen, er auf die Folter seiner ausgesprochenen und unausgesprochenen Wünsche gespannt. Würde sie ihn berühren, würde sie eine Berührung zulassen, einen Kuss sogar? Wie nahe würde er ihr kommen? Würde sie ein Wort sagen, einen Satz, der von Liebe sprach, Zuneigung wenigstens? Würde sie ihm einen Krümel Hoffnung geben, der reichte bis zur nächsten Begegnung, wenn alles wieder von vorne begann und sie nur gerade genug tat, damit der Frust ihn nicht überwältigte – und er wiederkam?
    Jetzt konnte er sie voller Gelassenheit beobachten. Selbst der Gedanke, dass dies ihr letztes Rendezvous war, ließ ihn kalt. Die Art, wie sie sich vorneigte und der Rock um ihre Hüften sich straffte, machte ihn kein bisschen mehr nervös. Ihr Hintern erschien ihm jetzt eher ein wenig zu flach. Sie war eben doch schon älter.
    «So», sagte sie. Ihre Stimme klang dumpf von unten herauf. Als sie sich wieder aufrichtete, war ihr Gesicht lebhaft gerötet. Adrian sah sie lachen und sich eine Strähne aus dem Gesicht streichen. «Da», sagte sie und legte ihren Fund auf den Tisch. «Das ist es.»
    «
Was
ist
es?
», präzisierte Adrian. Er streckte die Hand aus, um die Plastikfolie zu berühren, in die der Gegenstand eingewickelt war.
    «Das weißt du nicht?» Mauds Stimme klang unverbindlich freundlich. «Dabei hat die Polizei doch wirklich schon jeden im Ort danach gefragt. Dich noch nicht? Ich glaube, im Schaufenster bei Patrick hängt sogar ein Phantombild davon.» Sie stieß die eingepackte Perlenschnur an, sodass sie böse rasselte. «Von dem Mordinstrument.»
    «Das hier?» Adrian lachte. Ein wenig zu laut, fand er selbst. Er bemühte sich um eine ruhige Stimmlage. Aber es erschien ihm absurd. «Das ist ein Stück von dem alten Vorhang zum Nebenraum des Begonienzimmers. Rose hatte das mal gekauft, als ich vierzehn war und sie dachte, Kinder in meinem Alter stehen auf so was. Vielleicht, weil es während ihrer Jugend in Mode war.» Er schnaubte.
    Maud schaute ihn an wie ein interessantes Tier. «Es ist die Mordwaffe», sagte sie. «Vorsicht!» Sie zog die Tüte an sich, als er danach greifen wollte. «Sonst kommen noch deine Fingerabdrücke drauf. Aber ach, die haben wir ja ohnehin schon, nicht wahr?»
    Adrian stutzte, dann ballte er die Fäuste. Es war nicht zu leugnen, er hatte die Kette selber eingepackt.
    Maud lächelte zufrieden.
    «Das ist lächerlich», stieß er hervor. «Das Ding lag jahrelang auf dem Speicher. Bis ich beim Entrümpeln darauf stieß und dachte …»
    «… dass du es für einen anderen Zweck verwenden könntest», ergänzte Maud seinen Satz. «Neulich an jenem Abend zum Beispiel. Und dann wolltest du es loswerden und mir unterschieben.»
    «Das ist absurd, nein, Maud, du bist absurd.»
    «Oh, ich war voller Zweifel, nein, ich konnte mir das

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