Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
Vom Netzwerk:
Vase mit den Rosen. Sie kippte um und zerbrach, das Wasser floss vom Tisch auf den Boden und verbreitete seinen modrigen Geruch.
    Rose starrte auf die Scherben und die entblätterten Blüten. Dann auf ihren Neffen. Es war, als wäre sie gerade erwacht.
    «Is mein Ernst», brachte Adrian gerade so heraus. «Sie muss weg. Besser so.» Er versuchte sich hochzustemmen.
    «Adrian», begann Rose, «was ist passiert? Was …?»
    «Nein!» schrie er. Wieder fuchtelte er herum. «Nein.»
    Sie zuckte unwillkürlich zurück.
    Er schüttelte heftig den Kopf. «Muss», lallte er. «Muss.»
    «Was ist nur geschehen?» Rose flüsterte.
    Adrian stemmte sich hoch. «Sag du es ihr», befahl er. «Sag ihr …»
    Aber falls Rose auf eine Fortsetzung gewartet hatte, so wartete sie vergebens. Er stand da, wankend, vor sich hin starrend, wie abgeschaltet.
    «Das werde ich nicht tun.» Rose versuchte, zu ihrer alten Autorität zurückzufinden. «Adrian, du bist ja völlig aus dem Häuschen. Und ich verlange, dass du mir sofort …» Sie hielt inne, als er hemmungslos zu lachen begann. Mit wachsender Empörung starrte Rose Ames ihren Neffen an.
    Aber gerade, als sie etwas sagen wollte, ging sein Gelächter in Weinen über und verstummte endlich. Nur die Tränen liefen ihm über die Wangen. Dann kicherte er plötzlich wieder. «Sag ihr, ich hätte was Besseres gefunden.» Wieder brach er in hilfloses Gelächter aus, das auf die dieselbe Weise verstummte. «Irre», murmelte er. «Das ist doch Wahnsinn.»
    «Wahnsinn? Du bist stockbetrunken», stellte Rose fest.
    Adrian schaute sie an. Er wankte. «Und du hast Zahnpasta im Mundwinkel», erwiderte er, hob die Hand, als wollte er sie wegwischen, gab das Unternehmen aber auf. Rose war zu weit fort und schwankte zu sehr auf den Wellen auf und ab. Er konnte sie nicht erreichen. «Ist doch eh alles egal», fuhr er fort und setzte laut hinzu: «Alles scheißegal.»
    «Schön, dass du uns das mitteilst.» Rose verschränkte die Arme, nicht ohne sich vorher unauffällig über den Mund gewischt zu haben. Flüchtig dachte sie daran, dass ihr kinnlang geschnittenes graues Haar vermutlich zottelig und ungepflegt aussah. Es hatte Zeiten gegeben, da hatte Jonas ihr, wenn er nachts zurückkam, über die Haare gestrichen und ihr gesagt, wie schön sie sei, so schlafwarm und zerzaust. Heute fühlte sie sich dürr und hässlich, zerrupft und hilflos. Was war nur in den Jungen gefahren? Sie verschränkte die Arme fester und versuchte, die Kälte zu ignorieren, die von den Steinfliesen kam und an ihren Beinen heraufkroch.
    «Kannst du mir bitte erklären, was das soll, Adrian? Erst bringst du dieses Mädchen her, jetzt soll ich es wieder wegschicken. Sie ist doch kein Teppich, den man zur Probe kauft. Meine Güte.» Sie schnaubte. Als sie sein Gesicht sah, wechselte sie den Ton. «Du magst sie doch, das konnte ich sehen, Adrian. Ich mag ja eine dumme alte Tante sein, aber dass du und Christy …»
    «Tu ich nicht.» Adrian dachte an Maud. «Krankes Miststück, so eine Hexe.»
    Sie verstummte und trat einen Schritt zurück, als er ausholte.
    Adrian, der nur nach einem Halt gesucht hatte, zog sich am Herd hoch und murmelte eine Entschuldigung, als er ihr Gesicht sah.
    Rose fuhr fort. «Du liebst sie, das weiß ich, Adrian. Willst du mir nicht …»
    «Ich bin ein Schwein.» Adrian starrte auf den Boden, als stünde es dort in Riesenlettern geschrieben. «Ich bin ein Schwein, ein Schwein.»
    «Jetzt versink nicht in Selbstmitleid.» Roses Mund wurde schmal. «Reiß dich bitte zusammen, Junge. Und sprich mit mir.»
    Taumelnd hob Adrian den Kopf. «Du sprichst mit ihr.» Es klang abschließend. «Oder es wird was Schlimmes passieren. Sag ihr, sie hätte mich eh gehasst, ist besser so. Ist zu gefährlich. Ist alles …»
    «Gefährlich? Was meinst du mit gefährlich? Adrian!»
    «Aach!» Mit allem Schwung, den er aufnehmen konnte, machte er sich auf den Weg zur Tür. Er betrachtete die Türklinke. Er hatte das Bedürfnis, ihr etwas mitzuteilen. «Besser wär’s gewesen, sie hätten mich damals mitgenommen.» Die Türklinke schwieg. Adrian drückte sie herab und ging an ihr vorbei.
    «Adrian!», rief Rose, lief ihm nach und blieb im Türrahmen stehen. Sie hatte keine Schuhe an und ihre Brille nicht auf. «Adrian, komm sofort zurück. Adrian!» Sie versuchte, streng zu klingen, um der Angst Herr zu werden, die sein letzter Satz in ihr ausgelöst hatte. Denn sie wusste nur zu gut, was er meinte. Hätten seine Eltern

Weitere Kostenlose Bücher