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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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Menge nicht. Ich verstehe fast nichts.» Es klang bitter. Vor allem, dachte sie, verstehe ich Adrian nicht. Der mich in einem Moment liebt und im anderen nicht. Das geht nicht, das ertrage ich nicht. Es ist, als bekäme ich in einem Augenblick Luft und im anderen ersticke ich.
    Rose betrachtete sie noch immer. Es war ein großer Schritt, es war ein Wagnis. Andererseits, der Mann, dem sie das Versprechen gegeben hatte, war gegangen, um sie für immer alleine zu lassen. Sie holte tief Luft. Dann sagte sie: «Wirst du lange bleiben?»
    «Wie?» Erschrocken wandte Ondra ihr den Kopf zu. Und noch erstaunter war sie, als die alte Frau plötzlich die Hand hob und ihr beinahe zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht strich.
    «Ich frage nur», sagte Rose, «weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass ihr nicht nur plötzlich auftaucht, sondern auch sehr unmittelbar wieder verschwindet.»
    «Wir?», fragte Ondra erschrocken. Ihre Hände begannen zu zittern. Das Gefühl der Bedrohung, das mit Adrians Lieblosigkeit in ihr aufgestiegen war und sich in den letzten Stunden nur mühsam hatte bekämpfen lassen, stieg in ihr auf. «Ich weiß nicht, was du meinst.»
    «Ihr», sagte Rose, «ja.» Sie ließ die Hand auf das Buch sinken und streichelte es. Der Meerkönig schaute sie an.
    Um Ondra drehte sich alles. Sie wusste nicht, ob sie begriff, ob sie missverstand, ob sie träumte. Ob sie begreifen durfte. Das war doch überhaupt nicht möglich?
    «Adrian liebt dich», sagte Rose. «Und ich kann es verstehen, glaub mir. Alles, was ich will, ist, dass du ihm nicht das Herz brichst. Er soll nicht wie ich sein Leben damit verbringen, an einem Strand zu warten.»
    «Er hat mich weggeschickt.» Ondra konnte selbst kaum glauben, dass sie das gesagt hatte, leise und verzagt.
    Rose schüttelte den Kopf. «Ich würde mir darüber keine Sorgen machen», sagte sie und stand auf. «Und jetzt trink deinen Tee.»
    «Rose?»
    «Ja, Kind?»
    Ondra überlegte. Dann schüttelte sie den Kopf. «Ich weiß nicht …», begann sie. Sie wagte einfach nicht, es auszusprechen.
    «Aber ich», erwidert Rose.
    «Woher?», platzte Ondra heraus.
    Rose Ames ging zur Tür. «Das ist eine lange Geschichte», sagte sie. «Und ich musste schwören, sie niemandem zu erzählen.»
    «Getrennte Welten», bestätigte Ondra nachdenklich. «Dazwischen gibt es nichts.»
    Rose lächelte traurig. «Manchmal ist es das Talent eines Menschen, aus nichts etwas zu machen.»
    Das Telefon klingelte. Rose wollte noch etwas sagen, entschied sich dann aber anders und ging hinaus. Wenig später kam sie zurück. «Christy, es ist für dich. Adrian.»
    Sie hielt der unsicher dreinblickenden Nixe das Telefon entgegen.
    Ondra nahm den Hörer und zögerte. Sie wusste nicht, was sie damit tun sollte. Und wo war Adrian?
    Rose lächelte und drückte ihr das Ding ans Ohr. «Du kannst seine Stimme hören», sagte sie leise. «Er selbst steht unten im Ort.» Dann ging sie in die Küche.
    «Christy?»
    Ondra erschrak. Und zugleich war sie glücklich. Das war er, das war Adrian. Durch irgendeine Zauberei war er bei ihr, selbst wenn er es nicht war.
    Adrian warf eine weitere Münze in den altertümlichen Fernsprecher, den einzigen, den Broxton noch besaß, am Ende des Kais dicht bei Neds Pension. Sein Blick wanderte zu Mauds Tür. Dort würde er gleich klingeln. «Ich wollte dir nur sagen, dass es mir leidtut. Und dass ich dich liebe.»
    Seine Stimme erklang im Cottage, verzerrt, blechern. Aber jedes einzelne Wort machte Ondra glücklich. «Ja», rief sie und packte den Hörer so fest, wie sie Adrian am liebsten gehalten hätte. Ihr ganzer Körper verlangte danach, ihn zu umarmen und nicht mehr loszulassen. «Ja, ich liebe dich auch.»
    «Ich bin bald wieder bei dir, Darling.»
    Ondra strahlte über das ganze Gesicht. «Ja» war alles, was sie herausbrachte. «Ja. Ich freue mich so.»
    «Bis bald», sagte Adrian. Er sah, dass sich die Vorhänge an Mauds Fenster bewegten. «Warte auf mich, ja?»
    «Bis bald.» Jetzt flüsterte Ondra unwillkürlich. «Bis bald, bis bald.»
    Es war Rose, die ihr schließlich den Hörer abnahm, um ihn auszustellen und sanft zurück in die Station zu legen. «Hab ich es nicht gesagt?», fragte sie.
    Ondra fiel ihr um den Hals, zu glücklich, um lange zu überlegen, was sie tat. Zu glücklich auch, um zu sprechen. Sie brachte nur ein Nicken zustande.
    Überrascht, nicht zuletzt von sich selbst, schloss Rose sie in die Arme. Zum ersten Mal seit langem achtete sie wieder auf

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