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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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da, ein Bierglas diente als Vase. Adrian konnte sich nicht erinnern, jemals Blumen im Siren’s Pub gesehen zu haben. Die Tische ringsum waren besetzt, und von überall her kamen immer wieder Seitenblicke, gefolgt von einem Heben des Pint Bier, wenn man einander in die Augen sah.
    «Ah, Ames, schön, dass du kommst.» – «Ames! Auch endlich mal hier.» – «Ames, grüß dich.» – «Gratuliere, Ames.»
    «Hi, Morgan.» Adrian erwiderte den Gruß mit einem knappen Kopfnicken. Aber niemand schien ihm die Kurzangebundenheit übelzunehmen. Er wurde von allen Seiten so freundlich begrüßt, dass ihm beinahe schwindelte. Noch niemals hatte er diese selbstverständliche Zugehörigkeit gespürt. Er fühlte sich wie betrunken, noch ehe er sein erstes Bier an die Lippen gesetzt hatte, das der Wirt unaufgefordert vor ihn hinstellte.
    «Auf dein Wohl, Ames.»
    Maud an seiner Seite, in einem cremefarbenen Jerseykleid, das ihre Figur atemberaubend betonte, lächelte nach links und rechts, machte die kleinen, scherzhaften Bemerkungen, die Adrian unterließ, und nahm die Huldigungen mit einer Selbstverständlichkeit entgegen, die Adrian nur bewundern konnte. Ohne sie hätte er sich wie ein Hanswurst gefühlt. Sie hingegen nahm den Ehrenplatz voller Selbstverständlichkeit ein, hielt die Gaffer auf Abstand und gab dem Ganzen einen Anstrich von Glamour, der den ihrer goldfarbenen Handtasche bei weitem übertraf. So weit das im Siren’s Pub möglich war.
    «Darf ich, Ames?» Es war Ned Dickson, der sich einen Stuhl nahm und Maud mit einem angedeuteten Handkuss begrüßte. Der rothaarige Tom Skerritt kam dazu, Morgan schloss sich an. Pete erhob sich schon halb von seinem Sitz, als sein Vater, der alte Hughes, ihn wieder herunterdrückte und selber herüberhumpelte. Das hier war wichtig.
    «Fehlt ja bloß noch der Notar», stellte Adrian ein wenig bockig fest.
    Die anderen lachten. «Scherz beiseite, Ames», kam Morgan schließlich zum Thema. «Der kommt schon noch.»
    «Wenn wir uns erst einig sind.» Ned nickte. «Und unsere bezaubernde Maud sagt, du hast einen Entschluss gefasst.»
    Noch ehe Adrian sich äußern konnte, klopfte der alte Hughes im kräftig auf die Schulter. «Und es ist der richtige Entschluss», sagte er und hustete. Ein halbes Leben auf See hatte nicht verhindern können, dass der Rauch seiner ewigen Zigaretten ihm die Lungen zerfraß. «Man muss was tun für den Ort, aus dem man stammt. Sich zu Hause was aufbauen.»
    «Genau genommen bin ich in Stratford geboren», widersprach Adrian und erntete dafür unterm Tisch einen Tritt von Maud, die girrend und laut lachte.
    «Pah», Morgan wischte den Einwand vom Tisch. «Alles, was dir am Herzen liegt, ist hier, Ames.» Er ließ Adrian Zeit, einen Moment darüber nachzudenken.
    Seine Gräber, seine einzige lebende Verwandte, das Rätsel seines Lebens, seine Liebe – an diesem Punkt verwirrten sich Adrians Gefühle, und er musste wegsehen, weg von diesem Tisch, den vertraut-verhassten Gesichtern, weg von Maud. Ausgiebig studierte er die Theke mit dem Zapfhahn und dem Regal mit Single Malts dahinter. Oben, neben dem Spiegel mit dem Werbeaufdruck der Brauerei, klebte ein Suchaufruf der Polizei, dabei eine Phantomzeichnung des Mordwerkzeugs.
    «Es ist ja auch nicht so, dass wir es nicht zu schätzen wüssten, einen international renommierten Architekten unter uns zu haben», fügte Maud hinzu. «Wäre es nicht wunderbar, wenn Adrian sich nicht nur für Dubai, sondern auch für uns ein paar Entwürfe einfallen lassen könnte?»
    Zustimmendes Gegrummel antwortete ihr.
    «Bleibt alles in einer Hand», stellte der alte Hughes fest.
    «Mit Adrian werden wir berühmter als die Villa vom Nähmaschinenhersteller.» Da war Patrick Morgan sich sicher. «Aber …», und er neigte sich weiter über den Tisch. «… die Hälfte gehört immer noch der alten Rose auf ihrem Felsen.»
    Adrian hatte auch sein zweites Bier geleert. Ein drittes folgte ohne Bestellung. Er nahm einen tiefen Schluck. Die gute alte Rose auf ihrem Felsen.
    «Sie wird nicht leicht umzustimmen sein, oder?», fragte Tom Skerritt in die Runde und kratzte sich zwischen zwei Hemdknöpfen die Brust. Dann winkte er seiner Frau, die mit den anderen an der Theke stand, wo sie abwechselnd tranken oder in kleinen Grüppchen zur Toilette gingen und Lippenstifte austauschten.
    «Was meinst du, Ames?»
    Adrian blinzelte und musterte Neds Gesicht, um zu sehen, ob der ihn aufs Glatteis führen wollte. Aber er wirkte ganz

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