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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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nötig sein« erwiderte ich.
    Rubys Lider flatterten und ein leises Stöhnen drang aus ihrer Kehle. Noch ehe ich die Treppe im Hausflur erreicht hatte, öffne te sie die Augen.
    »Was … was?«, murmelte sie. »Wo …?«
    »Du bist bei mir, Süße«, flüsterte ich, drückte sie an mich und lief weiter die Stufen hinauf bis in mein Apartment, wo ich Ruby behutsam auf mein Bett hinunterließ.
    »Schön liegen bleiben!«, rief ich, während ich ins Bad eilte, ein Gästehandtuch mit eiskaltem Wasser tränkte, es auswrang und ins Zimmer zurückeilte.
    Ich betupfte Rubys Stirn, ihre Wangen und den Hals, und als Tante Grace nach ein paar Minuten hereinkam, war sie schon wieder bei vollem Bewusstsein.
    Ihr linker Ellenbogen blutete, die Hose war über dem Knie aufgerissen und ihre Schläfe zierten ebenfalls ein paar Schram men, aber im Gegensatz zu Rubys Herzschmerz waren das alles nur Winzigkeiten, die schnell mit etwas Salbe und einem Pflaster versorgt und gelindert waren.
    »Ich würde dir so gerne versprechen, dass alles gut wird«, sagte ich, nachdem meine Großtante uns wieder allein gelassen hatte. »Das kann ich nicht, aber ich werde bei dir sein, Ruby, wenn du mich brauchst … ich werde bei dir sein.«
    Ruby weinte nicht mehr, stattdessen war sie schrecklich still ge worden. Stumm starrte sie vor sich hin, und ich konnte nichts für sie tun, außer sie im Arm zu halten und mit ihr zu schweigen.
    Später brachte Tante Grace uns Pellkartoffeln mit Kräuterquark und eine große Schüssel Karamellpudding. Ruby wollte nichts es sen. Mit Müh und Not bekam ich ein paar Löffel Pudding in sie hinein – und schämte mich fast ein bisschen für meinen Bären hunger.
    So unauffällig wie möglich verputzte ich alle Kartoffeln und fast den ganzen Quark und leckte zu guter Letzt – als am dunkelblauen Himmel bereits die Sterne funkelten und Ruby längst in tiefem Schlummer lag – auch noch die Puddingschüssel aus.

    Als ich die Augen aufschlug, lag Cyril bei uns im Bett.
    Er hielt Ruby sanft umschlungen, hatte die Finger seiner rech ten Hand mit ihren verflochten und schlief. Ihre Köpfe berührten sich an Stirn und Schläfe und ruhten einander zugeneigt auf ei nem Kissen. Im ersten Moment dachte ich, ich träume, im nächs ten war ich so gefangen von diesem Anblick, dass mir der Atem stockte. Und dann – endlich! – begriff ich, was ich im Grunde schon längst geahnt hatte!
    Vorsichtig schob ich meine Füße über die Bettkante, setzte mich auf und tappte auf Zehenspitzen ins Bad.
    Ich duschte lange und ausgiebig, genoss das Wasser auf meiner Haut und in meinem Haar und machte mir ein Vergnügen da raus, dem Drang meiner Beine, sich zu einer Schwanzflosse zu sammenzuschließen, zu widerstehen. Doch so unvermittelt, wie diese kleine Freude von mir Besitz ergriffen hatte, verschwand sie auch wieder, und eine tiefe Dunkelheit breitete sich in mir aus.
    Ich dachte an Janes letzte Worte und an Gordy!
    Zitternd drehte ich das Wasser ab und griff nach dem Bade tuch. Ich hüllte mich darin ein und sank auf den Wannenrand. Ich wollte heulen, aber ich versagte es mir.
    Ein zaghaftes Klopfen an der Badezimmertür ließ mich auf schrecken.
    »Elodie?«
    Cyril!
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Nein«, murmelte ich so leise, dass er es unter gar keinen Um ständen hören konnte. Es verstrichen nicht mal zwei Sekunden, da stand er vor mir.
    »Was ist los?«
    »Nichts«, sagte ich und mit einem Mal konnte ich doch heulen.
    Cyril kümmerte sich weder um das Badetuch noch den Um stand, dass ich darunter unbekleidet war, sondern schloss mich einfach in seine Arme.
    Ich roch seinen vertrauten Duft, spürte seine Wärme und ließ meinen Tränen freien Lauf.
    »Er kommt zurück«, wisperte Cyril in mein Ohr. »Glaub mir, Elodie, wenn er dich liebt, wird er alles tun, um bei dir sein zu können. Ich bin zwar kein Delfin, aber ein Nix ... Ich weiß, wie wir ticken.«
    Seine Worte sollten mich trösten, aber sie taten es nicht. Ich war auch eine Nixe, ein Halbwesen zwar, aber eines mit einer besonderen Aufgabe, und deshalb galten für mich auch besondere Regeln. Es ging nicht um mich, sondern um andere, und es half niemandem weiter, wenn ich jetzt in Angst und Depression versank.
    »Ruby … Du liebst sie, stimmt’s?«
    Cyril nickte kaum merklich.
    »Du liebst sie so, wie ich Gordy liebe.«
    »Ja.« Seine Stimme klang rau und verletzlich.
    »Du hast sie schon immer geliebt.«
    Wieder ein Nicken.
    »Du kannst ihren Kummer kaum ertragen

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