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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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und würdest sonst was darum geben, wenn Ashton noch lebte und sie wieder glück lich wäre.«
    Anstelle einer Antwort gruben sich seine Finger in meine Haut.
    »Oh, Cyril!«, flüsterte ich und küsste seine Wange. »Du bist einfach … Du bist … der Beste … der Beste von allen.«
    »Das lass mal nicht deinen Gordian hören«, erwiderte er leise lachend. Dann schob er mich behutsam von sich und musterte mich eindringlich. »Besser?«
    »Ja«, sagte ich und rückte das Badetuch zurecht. »Und jetzt sag ich dir mal was: Du kannst Ruby auch glücklich machen. Viel leicht nicht jetzt und vielleicht noch nicht in einem Jahr … aber irgendwann, Cyril. Du musst dich nur trauen.«

    Ruby ging es eindeutig besser. Zwar war sie noch immer nicht besonders redselig, aber ihre Blässe war verschwunden und ihre Wangen schimmerten in einem sanften Rosaton. Cyril fragte nicht, ob uns seine Anwesenheit recht war, er blieb einfach, aß mit Tante Grace, Mam, Ruby und mir zu Mittag und wich auch danach nicht von unserer Seite.
    »Halbbrüder sind Halbbrüder«, raunte Ruby mir ins Ohr, als wir mal für fünf Minuten allein im Bad waren, um uns die Haare zu machen.
    Stirnrunzelnd sah ich sie an.
    »Na ja, Halbbrüder stammen genetisch zur Hälfte aus einer an deren Familie«, erläuterte sie und zwinkerte mir dabei grinsend zu. »Es ist also völlig okay.«
    Irgendwie stand ich auf der Leitung.
    Ruby verdrehte die Augen. »Ich hab gesehen, wie ihr euch um armt habt«, gab sie leise stöhnend von sich. »Heute Morgen hier im Bad.«
    »Was?« Endlich machte es Klick. »Nein, nein, nein!«, wiegelte ich sofort ab. »Cyril hat mich nur getröstet. Wegen Ashton und Gordy und dir!«
    Ruby schüttelte den Kopf. »Gib dir keine Mühe. Und davon abgesehen … Ihr passt toll zusammen.«
    »Aber …«
    Er liebt doch dich, hätte ich am liebsten ausgerufen. Ihr seid diejenigen, die toll zusammenpassen. Aber dann sah ich Ashton vor mir mit seinem Teddybärblick und dem wilden Schlenkerarm und biss mir betreten auf die Zunge. Es war über alle Maßen ge schmacklos, so etwas auch nur zu denken!
    »Ich liebe Gordy, Ruby. Immer und immer«, sagte ich. »Aber ich bin froh, dass ich einen Bruder wie Cyril habe. Er mag zu weilen vielleicht ein wenig sperrig sein, aber im Grunde seines Herzens ist er ein fantastischer Mensch.«
    Das war die Wahrheit, und sie Ruby gegenüber auszusprechen, war – zumindest im Augenblick – das Einzige, was ich für ihn tun konnte.

Mir graute vor Ashtons Beisetzung, und zwar gar nicht mal so sehr wegen Ruby. Jetzt da Cyril bei uns war und nicht von ihrer Seite wich, hatte ich eigentlich kaum noch Sorge, dass sie das alles würdig durchstand. Nein, mir graute vor allem, weil ich diese typi schen Beerdigungen, bei denen Särge in den Erdboden versenkt wurden, einfach schrecklich fand. Verabschiedet hatte ich mich ohnehin längst von ihm, und ich wusste, die Trauer, ihn verloren zu haben, würde ein Leben lang anhalten, auch wenn sie mit der Zeit natürlich immer leichter zu ertragen war.
    Obwohl sie Ashton nicht gekannt hatte, beschloss meine Mut ter, uns zu begleiten. Keine Ahnung, ob sie es mir und Tante Gra ce zuliebe tat oder weil sie insgeheim hoffte, Javen Spinx dort zu treffen.
    »Er wird nicht da sein«, versicherte Cyril mir. Wir saßen neben einander auf dem Rattansofa und warteten auf Ruby, die mit ih rem Rucksack im Badezimmer verschwunden war und sich noch nicht entschieden hatte, was sie anziehen sollte. »Er hasst Bestat tungen. Außerdem will er nicht den Anschein erwecken, dass er irgendetwas mit dem Unfall zu tun haben könnte.«
    »So ein Blödsinn«, brummte ich. »Wieso sollte er?«
    »Na ja, er ist in der Tat manchmal ein wenig … übersensibel«, meinte Cyril. »Allerdings denkt er bei allem, was er tut, weniger an sich selbst …«
    »… sondern vor allem an alle anderen«, vollendete ich leicht gereizt. Ich konnte es nicht mehr hören. »Schon klar. Du hast ihn inzwischen also gesprochen?«, fügte ich fragend hinzu.
    Cyril nickte. »Das Treffen findet heute Abend statt.«
    »Gut«, sagte ich. Es wurde höchste Zeit, dass wir endlich etwas unternahmen, und je eher ich meinen Auftritt als neue Anführe rin der Hainixe und das Wiedersehen mit Javen Spinx hinter mir hatte, desto besser.
    In diesem Moment öffnete sich die Badezimmertür und Ruby trat zögernd ins Zimmer.
    Sie trug ein kniekurzes sonnengelbes Kleid, dessen Rock ab der Hüfte leicht aufsprang, und darüber eine hauchdünne orange

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