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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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tragen … Du und Gordian ganz besonders«, fügte sie mit einem mitfühlenden Blick hinzu.
    »Was weißt du über ihn?«
    Diese Frage hatte ich eigentlich schon vor Ewigkeiten stellen wollen, doch jetzt kam sie so unvermittelt über meine Lippen, dass ich selbst ein wenig überrascht war.
    »Gar nichts.« Jane zuckte die Achseln und bemühte sich eine Spur zu offensichtlich um eine Unschuldsmiene.
    Mein Gefühl hatte mich also schon damals nicht getäuscht, als sie und Gordy sich zum ersten Mal begegnet waren. Und anders als bei Bos Geschichte war ich jetzt nicht bereit, einen Rückzieher zu machen.
    »Gordian ist ein Delfinnix«, begann ich noch einmal. »Aber dich hat er damals an einen Wal erinnert.« Ich hingegen nicht, obwohl ich unzweifelhaft ebenfalls Walnixgene in mir trug. »Du warst so gerührt von seinem Anblick, dass du geweint hast.«
    »Er ist ja auch besonders hübsch, oder?«, erwiderte sie auswei chend.
    »Jane, ich bitte dich!«, rief ich. »Du willst mir doch nicht allen Ernstes weismachen wollen, dass es nur sein Äußeres war!«
    »Nein«, sagte sie. »Natürlich nicht.«
    Ein Schatten zog über ihr Gesicht und von einer Sekunde auf die andere war nicht einmal mehr ein Funken ihrer natürlichen Fröhlichkeit übrig.
    Unruhe ergriff mich. »Was hast du damals gesehen?«, drang ich in sie, und ich hatte Mühe, meiner Stimme einen festen Tonfall zu verleihen.
    Jane schüttelte den Kopf.
    »Du willst es mir nicht sagen?«
    »Nein … es würde ohnehin zu nichts führen.«
    »Wie kannst du das wissen?«
    Jane antwortete nicht. Sie hatte sich leicht vornübergebeugt. Ihre Ellenbogen ruhten auf ihren Oberschenkeln und ihre Hände lagen ineinander. Stumm starrte sie vor sich ins üppig wuchernde Gras, während sie nervös mit dem rechten Daumen über ihren linken Handballen rieb.
    Mit klopfendem Herzen hielt ich meinen Blick auf sie gerichtet und spürte, wie sich eine Welle der Angst in mir Bahn brach.
    »Jane, ich befehle es dir!«, presste ich hervor. »Wird Gordy etwas zustoßen? Ist er vielleicht sogar schon … tot?«
    »Ich weiß es nicht«, hauchte sie.
    »Dann sag mir, was du weißt !«
    Sie löste ihre Hände voneinander und machte eine fahrige Geste.
    »Es ist so diffus … dunkel … eher ein Gefühl … Mir fallen keine Wörter ein, um es zu beschreiben«, kam es bruchstückhaft von ihr.
    »Ein Gefühl?«, bohrte ich weiter. »Was für ein Gefühl? Bitte, Jane! Ich muss es wissen. Versuch doch, es mir zu erklären.«
    Ruckartig wandte sie den Kopf und sah mir nun direkt in die Augen.
    »Du verlangst zu viel«, gab sie ungehalten zurück. »Ich sehe jetzt nichts und ich habe auch damals nichts Konkretes gesehen. Ich weiß nur, dass ich traurig werde, sobald ich an Gordian denke.« Ihre Stimme wurde leiser. »Es hängt irgendwie mit seiner Seele zusammen.«
    »Oh, Gott, Jane«, bettelte ich. »Streng dich an. Was ist das für ein Gefühl?«
    Sie schüttelte unwillig den Kopf.
    »Ich weiß auch nicht«, seufzte sie. »Es ist …«
    Das Herz schlug mir bis zum Hals hinauf. »Wie …?«
    Jane legte den Kopf zurück und holte tief Luft. »Es fühlt sich an … als würde er einen schrecklichen Fehler machen.«

Abends rief Ruby an und teilte mir schluchzend mit, dass Ashton am nächsten Tag um fünfzehn Uhr beigesetzt werden sollte.
    »Stell dir vor, sie hätten es mir fast nicht gesagt«, erzählte sie un ter Tränen. »Wenn ich nicht gerade zufällig bei seiner Mutter an gerufen hätte, hätte ich kein Sterbenswörtchen davon erfahren.«
    Ihre Verzweiflung, ihre Wut und Trauer übertrugen sich sofort auf mich.
    »Sie geben mir die Schuld, Elodie. Kapierst du?«, schniefte sie in mein Ohr, während ich mir fest in die Unterlippe biss, damit ich nicht auch noch zu heulen anfing. »Ich bin jetzt das Unge heuer von Guernsey. Ruby Welliams, die, die ihren Bruder schon beinahe hat ersaufen lassen und auf den Inselspasti nun auch nicht richtig aufpassen konnte.« Kaum war es heraus, brach das Schluchzen abrupt ab und eine qualvolle Pause entstand. »Oh, mein Gott, Elodie, das mit meinem Bruder weißt du ja noch gar nicht!«, stieß sie schließlich hervor.
    »Doch, ich weiß es«, erwiderte ich. »Meine Großtante hat es mir erzählt. Schon vor einer ganzen Weile.«
    »Scheiße … Und das hast du einfach so für dich behalten?«
    »Tante Grace fand, dass ich es wissen sollte, hatte dann aller dings ein furchtbar schlechtes Gewissen, weil sie das Gefühl hatte, dass es dir womöglich nicht recht

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