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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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Morning has broken von Cat Stevens, ein uralter Schinken, der bereits vor ungefähr 150 Jahren komponiert worden war, den allerdings noch immer jeder zu kennen schien.
    »Ich finde den Song ja ganz schön, Ashton mochte ihn aller dings nicht besonders«, murmelte Ruby. Sie hob ihren Kopf wie der und setzte sich langsam in Bewegung. »Komm, Elodie, ich will sehen, wer ihm das antut.«
    Cyril schüttelte den Kopf. Ich sah ihm an, dass er Ruby am liebsten zurückgehalten hätte, aber das konnte er getrost verges sen. Ruby hatte schon immer ihren eigenen Kopf gehabt.
    Lass sie, sagte ich also. Ashton war das Liebste, was sie hatte. Es ist ganz allein ihre Sache.
    Schon gut.
    Cyril umfasste nun Rubys Oberarm, und dann folgten wir ihr Schritt für Schritt, zunächst ein Stück den Hauptweg an einer Reihe von Grabsteinen entlang und anschließend quer über die leuchtend grüne Rasenfläche, wobei wir den Blick unentwegt auf die Gesellschaft gerichtet hielten.
    Hüte, mit im Sonnenlicht glitzernden Nadeln verzierte Dutts, graue Kurzhaarschnitte, gelglänzende Wellen, diverse Schnäuzer, ein Dreitagebart und eine blonde Locke, die unter einem dunkel blauen Tuch hervorlugte, zogen an uns vorbei, und dann sahen wir ihn: Jerome, der direkt neben einem einfachen, mit einem weißen Blumenbouquet geschmückten Kiefernholzsarg auf einem Holzklappstuhl saß, die Gitarrensaiten zupfte und den Eindruck zu erwecken versuchte, er wäre der gute alte Cat Stevens höchst persönlich.
    Dahinter, aufgestellt wie die Zinnsoldaten, reihten sich Seite an Seite all die anderen alten Freunde aus Rubys Clique. Rechts die Jungs: Isaac, Mike und Finley, links daneben die Mädchen: Olivia, Joelle und Aimee. Sie hatten ihre Hände vor ihrem Schoß ineinan dergelegt und hielten andächtig die Lider gesenkt.
    »Scheinheiliges Pack!«, zischte Ruby.
    Sie wollte sich aus Cyrils Griff lösen, doch der gab sie nicht frei.
    »Bleib hier«, raunte er. »Einen Streit zu diesem Anlass hätte Ashton nicht gewollt.«
    »Das da hätte er erst recht nicht gewollt!«, gab Ruby zurück.
    »Sie sind seinetwegen gekommen«, wisperte ich eindringlich in ihr Ohr. »Gib ihnen eine Chance. Vielleicht meinen sie es ja wirk lich ernst … auf ihre Art.«
    »Ts«, schnaubte Ruby.
    Ihr innerer Widerstand war deutlich zu spüren, dennoch blieb sie stehen und entspannte sich sogar ein wenig.
    Jerome sang die letzte Zeile und die Gitarrentöne verklangen. Ein Pfarrer im schwarzen Talar trat vor und rezitierte einen Ab schnitt aus der Bibel. Danach hob er den Kopf und blickte feier lich in die Runde.
    »Liebe Trauergäste! Wir sind heute hier zusammengekommen, um Abschied zu nehmen …«, begann er mit lauter, unangenehm durchdringender Stimme. » …Abschied zu nehmen von unserem lieben Ashton, einem jungen Mann, dem das Schicksal nicht zu geneigt war und der sein Leben nun auch noch auf eine so tra gische Weise verlieren musste. Ist das wirklich nötig gewesen?, möget ihr jetzt vielleicht fragen! Oh, Herr, musstest du unseren wundervollen Ashton so früh und auf eine solch grausame Weise aus unserer Mitte reißen?« Er machte eine bedeutungsvolle Pause und wandte sich schließlich Raymond Clifford zu. »Dann lasst euch sagen: Ein Leben lang untröstlich zu sein, sich ständig zu quälen mit der Frage, wie die Zukunft des geliebten Sohnes wohl aussehen möge und ob man ihm auch stets den Halt geben kön ne, den er so sehr benötigte …«
    »So ein Schwachsinn«, knurrte Ruby. »Ashton war nun wirklich der Allerletzte, der Halt brauchte!«
    »… kann eine große Last sein …«
    »Eine Unverschämtheit ist das!« Rubys Miene verhärtete sich.
    »Wie kommt dieses Arschgesicht von einem Pfaffen dazu, so etwas zu behaupten!«
    »… eine Last, die der gütige Herr nun von euch genommen hat und damit nicht nur Ashton, der achtzehn Jahre unter seiner furchtbaren Krankheit leiden musste, sondern auch euch allen hier, die ihr dasteht in eurer Fassungslosigkeit und Trauer, seine Gnade erwies.«
    »Bullshit!« Rubys Gesicht war jetzt wutverzerrt. Sie fuhr zu Cyril herum und zischte: »Lass mich los! Das kann ich unmöglich auf Ashton sitzen lassen.«
    Zögernd gab er ihren Arm frei und Ruby rannte sofort los. Wie ein gelborange glühender Feuerball mischte sie sich unter die Trau ergesellschaft und stellte sich unmittelbar vor Ashtons Sarg auf.
    »Was Sie da reden, ist kompletter Unsinn!«, brüllte sie den Pfar rer an. »Ashton hatte keine furchtbare Krankheit, sondern das

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