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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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entfernt hatte. Mir blieb nicht einmal die Zeit, Luft zu holen, da hatte er sich bereits umgewandt und war hinter einer Klippe abgetaucht. Kümmer dich um Ruby!, brüllte ich Cyril zu und rannte los.

    Atemlos und vor Erregung am ganzen Körper zitternd, ließ Kyan sich in eine der Höhlen der Dixcart Bay spülen und zog sich an der Felswand empor. Ungefähr zweieinhalb Meter über dem Meeresspiegel ertastete er einen Vorsprung, auf dem er sitzend Platz fand. Er kontrollierte den Knoten seiner Delfinhaut, die er seit seiner letzten Verwandlung immer bei sich trug, und zurrte sie sicherheitshalber noch ein wenig fester um seine Hüften. – Nicht auszudenken, wenn er sie verlor! Ohne die Haut wäre er dazu verdammt, seine Menschengestalt zu behalten und innerhalb weniger Wochen einen qualvollen Tod zu sterben.
    Kyan zog die Beine an, umschlang seine Knie und schloss die Augen.
    Er hatte die Stelle gefunden, an der die Menschen Lauren verscharrt hatten. Das kleine ovale Bild von ihr war ihm sofort ins Auge gesprungen, nachdem er den Friedhof betreten hatte. Kyan musste unwillkürlich lächeln, als er sich den irritierten Gesichtsausdruck des Mannes vergegenwärtigte, den er gefragt hatte, wo die Toten aufbewahrt seien. Ob er denn nicht aus Europa stamme, hatte der hässliche, faltige Kerl ihn gefragt, ihm dann aber ohne Zögern den Weg zu der großen Wiese mit den hellen Steinen erklärt.
    Kyan hatte sich vor Laurens Stein ins Gras gehockt, mit dem Finger den Rand des kühlen glänzenden Glases, hinter dem sich ihr Bild befand, nachgezeichnet und dem Gesang der Kirchenglocke gelauscht.
    Später waren Menschen gekommen mit einer Kiste, die einen weiteren Toten enthielt, und Kyan hatte sein Glück kaum fassen können, als er unter ihnen den Hai entdeckte. Und Gordians Mädchen. Elodie.
    Ihr Duft, so fremd und abstoßend er auch war, hatte ihn geradezu magne tisch angezogen, und die Erinnerung daran, wie er sie verfolgt, dem Hai die Gräten gebrochen und seine Zähne in Elodies zartes Fleisch gerammt hatte, ließ ihn sogar jetzt noch lustvoll aufstöhnen.
    Weitaus aufregender jedoch war seine letzte Begegnung mit ihr gewesen. Nachts in der Dunkelheit. Schwimmend im Meer. Langsam unter der Oberfläche gleitend. Das alberne Surfboot des Hais unmittelbar über ihnen. Kyan hätte Elodie berühren oder ihr weitere Verletzungen zufügen können, doch davon hatte er Abstand genommen und sich stattdessen damit begnügt, sie aus gebührender Distanz genau zu betrachten: ihre helle samtene Haut, die großen meerblauen Augen, ihre wundervollen Locken, die hübschen Rundungen ihrer Brüste und das lockende Rot ihrer geschwungenen Lippen.
    Kyan hatte beobachtet, wie die vorwitzigen kleinen Sprotten an ihrer Wunde leckten, und er hatte gesehen, auf welche Weise Elodie sich diese Viecher vom Hals gehalten hatte. Es war ein großer Schreck für ihn gewesen, allerdings nur ein sehr kurzer.
    Sprotten mochte sie mit diesem Talent vielleicht von sich fernhalten können sowie alles andere Sichtbare, nicht aber einen Chamäleon-Nix. Kyan hatte es sofort ausprobiert und sich so dicht an sie herangewagt, dass er ihr Haar berühren konnte.
    Kein anderes Mädchen, nicht einmal Lauren oder Malou, hatten seine Gedanken und seine Sinne so sehr besetzt wie dieses Mischlingsweib aus Hainix und Mensch. Sie zu besitzen, reizte ihn mehr als die Aussicht auf grenzenlose Macht und den Sieg über die Landbewohner, und auch sein Hass auf den Plonx und die stinkenden Haie, die sich im Venus Pool zusammengerottet hatten, trat darüber in den Hintergrund.
    Es war eine entsetzliche Qual für Kyan, sich beherrschen zu müssen, sich dem Drang seiner Lenden und der Gier zu töten, zu widersetzen, aber er durfte jetzt keinen Fehler mehr machen.
    Zweimal war Elodie ihm nun schon entwischt. Noch einmal würde das Meer ihm das womöglich nicht verzeihen. Was Kyan brauchte, war der perfekte Zeitpunkt.
    Vollmond.
    Eskalation .
    Und Elodie allein und vollkommen schutzlos zwischen den Klippen .
    Kein Hai mehr, der ihr zur Seite stand .
    Kein Plonx, der sich noch für sie interessierte .
    Kyan hatte die Informationen verwertet und die Zeichen gedeutet. E r wusste: Genau so würde es kommen.
    Die Zeit lief für ihn.
    Und bis es so weit war, würde er so oft wie nur irgend möglich in Elodies Nähe sein.

Ich spürte kaum noch den Unterschied zwischen meiner menschlichen Gestalt und der Physis des Nixenkörpers. Wasser zu atmen, war für mich ebenso selbstverständlich

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