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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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jünger als ich, musste aber in vielerlei Hin sicht schon wie eine Erwachsene denken und handeln, was ganz sicher alles andere als einfach für sie war. Und gestern Nacht, als die Haie uns verfolgten, hatte sie nicht nur sich selbst, sondern auch mich beschützen müssen.
    Das hat sie gern getan, sagte Gordy.
    Ich traute meinen Ohren nicht. Was?
    Gordian ließ meine Hand los und zuckte die Achseln. Ebenso wie auf deine Gefühle solltest du ab sofort auch besser auf deine Gedanken achten.
    Verdammt!
    Besonders, wenn es um die geht, die eigentlich nur mich betreffen. Er lä chelte matt. Die würde ich nämlich nur ungern mit meinen Eltern teilen.
    Ich schluckte.
    Du bist wie ein Buch, in dem jeder lesen kann, sagte er vorwurfs voll.
    Mir war bisher nicht klar, dass offenbar jeder Delfinnix so in mein Seelenleben eintauchen kann wie du, verteidigte ich mich.
    Gordy stellte seine Schwanzflosse auf und bremste abrupt ab. Hätte er nicht seine Arme ausgebreitet und mich darin aufgefan gen, wäre ich glatt an ihm vorbeigeschossen. Er umschloss mein Gesicht mit seinen Händen und küsste mich sanft auf den Mund. Das hoffe ich nicht, entgegnete er rau und küsste mich noch einmal. Und jetzt sammele dich. Es sind nämlich nur noch ein paar Meter bis zu Oceanes Lieblingsplatz.

    Gordys Eltern waren nicht nur wunderschön – was mich nun wirklich nicht überraschte –, sie waren zauberhaft. Zumindest auf den ersten Blick.
    Unter Cullums Delfinhülle verbargen sich ein feingliedriger, aber kräftig geformter Oberkörper und ein schmales, markant männliches Gesicht, aus dem mir ein paar freundliche, strahlend blaue Augen entgegensahen, die einen reizvollen Gegensatz zu seinem dunkelbraunen Haar darstellten. Der Blick von Gordys Vater war offen und das Lächeln, mit dem er mich begrüßte, ein fach hinreißend. Abgesehen von seiner rundlichen Nase hatte er rein äußerlich allerdings erstaunlich wenig Ähnlichkeit mit sei nem Sohn.
    Oceane dagegen war ihren Kindern wie aus dem Gesicht ge schnitten: die gleichen türkisgrünen Augen, die gleichen vollen dunkelroten Lippen und die gleichen goldblonden Locken, die ihr jedoch nur bis knapp über die Ohren reichten. Mit Idis hatte sie sogar die weiße Braue über dem rechten Auge ihrer Delfinhülle gemeinsam.
    Ihr Auftreten war ein wenig zurückhaltender als das ihres Man nes, doch anders als bei Kirby hatte ich bei beiden nicht eine Se kunde das Gefühl, unwillkommen zu sein.
    Ich freue mich, dich kennenzulernen, sagte Oceane, während sie sich mir langsam bis auf einen Meter näherte. Du musst wissen, wir Delfine mögen die Menschen. Wir finden ihre Art, miteinander umzugehen, außerordentlich faszinierend. Aber das hat Gordian dir sicher alles schon erzählt.
    Elodie ist kein Mensch, erwiderte er an meiner Stelle.
    Oceanes Blick ruhte noch einen Moment auf mir, dann wandte sie sich ihrem Sohn zu. Nun ja, sie ist aber auch kein Hai. Oder sehe ich das falsch?
    Du weißt sehr gut, was sie ist. Gordian sprach leise und in seiner Stimme schwang eine Spur Ungeduld. Und du weißt auch, welche Konsequenzen es haben kann, wenn wir sie unter unseren Schutz nehmen.
    Das kümmert mich nicht, entgegnete Oceane. Nicht solange ...
    Sie brach ab und ein Schatten huschte über ihr Gesicht. Mir schien, dass sie in sich hineinlauschte und ihr das, was sie da hör te, nicht sonderlich gefiel.
    Er hat recht, bekräftigte Kirby Gordys Worte. Wie Idis war sie kurz nach unserer Ankunft hinter einem der unzähligen Riffe auf getaucht. Wir sollten uns nicht in Sentimentalitäten verlieren. Ganz zweifellos ist Elodie schon jetzt eine Gefahr für uns. Drei schwarze Hainixe haben sie und deinen Sohn von den Kanalinseln bis hierher verfolgt. Ihre schlanken Hände gestikulierten hektisch unter der Delfin haut. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie am liebsten aus ihrer Hülle herausgeplatzt wäre, um ihren menschli chen Leib genauso frei bewegen zu können wie Gordy und ich. Im Übrigen habe ich für die Menschen ebenso wenig übrig wie für die Haie, fügte sie mit einem feindseligen Seitenblick auf mich hinzu.
    Obwohl ihre offenen Worte mich nicht überraschten, verur sachten sie mir einen körperlichen Schmerz, ähnlich dem eines Schlags in die Magengrube. Ich schnappte nach Wasser und zog es scharf in meine Lungen, entschied dann aber, dass es klüger war, mich zurückzuhalten und auf einen Kommentar zu verzichten.
    Was soll das, Kirby?, zischte Gordian. Ich bin nicht weniger gefährlich

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