Meerestosen (German Edition)
auf den Weg.
Das lässt sich machen, erwiderte sie und lächelte mich triumphie rend an.
Ich lächelte zurück, aber natürlich war mir klar, dass es sich um einen äußerst fragilen und trügerischen Frieden zwischen uns handelte. Kirby wusste, worüber Gordy und ich gesprochen hatten. Sie beide mochten füreinander bestimmt sein, aber mich liebte er. Wahrscheinlich hoffte sie, dass er mich eines Tages ver gessen und mit der Zeit ebensolche Gefühle für sie entwickeln würde, und das konnte ich ihr nicht einmal verdenken.
Nein. Nein. Ich wollte – ich durfte! – mir darüber jetzt nicht den Kopf zermartern. Auch wenn mir das Meer Schutz gewährte, die Aufgabe, die mir bevorstand, war nicht ungefährlich. Das Hi nabtauchen in die unbekannte Höhle und das Befragen des ural ten Delfinnixes würden meine ganze Kraft und Aufmerksamkeit erfordern.
Okay, sagte ich leise zu mir selbst und dann an Gordian ge wandt: Versprich mir, dass du dich nicht unnötig in Gefahr begibst. Sollte mir oder Kirby dort unten etwas zustoßen, werden wir deine Hilfe benötigen.
Elodie … Zärtlich nahm er mein Gesicht in seine Hände. Ich wünsche so sehr, dass du mit einer Nachricht zurückkehrst, die es uns erlaubt zusammenzubleiben, wisperte er, während er seine Stirn an meine legte. Für immer zusammenzubleiben.
Ich auch!, schrie jede Faser in mir. Eine tiefe Sehnsucht über flutete mein Herz, doch die große Schwester namens Vernunft war stärker und erstickte jegliche Hoffnung im Keim.
Wir werden sehen, sagte ich und küsste Gordy noch einmal auf den Mund, bevor ich mich von ihm löste und Kirby in die Tiefe des Meeres folgte.
Minutenlang ging es steil an der Klippenwand der Hauptinsel hi nunter, und schon bald spürte ich den Druck, der meinen Leib umfing und sich wie eine riesige Boa constrictor immer enger zu sammenzog. Es kostete mich eine gewaltige Anstrengung, dagegen anzukämpfen und mich weiter hinabzubewegen. Ich schwamm dicht neben Kirby und behielt ihren Zustand wachsam im Auge, denn ich durfte auf gar keinen Fall den Augenblick verpassen, in dem sie bewusstlos zu werden drohte.
Rede mit mir!, forderte ich sie auf. Wie tief müssen wir noch hinunter?
Es kann nicht mehr weit sein, gab sie träge zurück.
Alles okay?, fragte ich. Geht es dir gut?
Sie stöhnte leise. Nicht besonders.
Dann solltest du mich den Rest besser allein machen lassen.
Und wenn du es nicht schaffst?
Ich war ehrlich überrascht. Zweifelst du jetzt etwa plötzlich? An der Botschaft des Meeres?
Kirby antwortete nicht, sondern verdrehte nur die Augen.
Sag bloß, du glaubst nicht daran?
Das würde ich gerne. Ihre Lippen umspielte ein mattes Lächeln. Zumindest, was den Teil von Gordys und meiner Bestimmung betrifft. Doch ehrlich gesagt, halte ich das alles für eine Legende. Aber an irgendetwas muss man sich ja festhalten, wenn man seinen Lebensraum dahinsiechen sieht.
Du glaubst also nicht, dass dort unten ein uralter Nix lebt, der darauf wartet, dass der Richtige kommt, um ihm ein vielleicht schon vor sehr langer Zeit anvertrautes Geheimnis zu entlocken?, fragte ich.
Natürlich nicht. Mit jeder einzelnen Silbe verlor Kirbys Stimme an Kraft. Denn es ist vollkommen unmöglich. Allein schon aus biologischen Gründen, erläuterte sie, während sie ihren Blick auf das Atemloch in ihrer Außenhülle richtete.
Ich verstand. Der Nix würde sterben, sofern er nicht in regel mäßigen Abständen die Oberfläche durchstoßen und seine Lun gen mit Luft füllen konnte.
Aber wieso hat Gordy mir dann erzählt, dass es diese Geheimnisträger gibt? Er weiß doch genauso gut wie du, dass ihr nicht in der Lage seid, so lange unter Wasser zu bleiben.
Kirby schüttelte im Zeitlupentempo den Kopf. Vielleicht glaubt er ja daran. So wie fast alle anderen auch.
Du weißt es also nicht, erwiderte ich.
Sie rümpfte abfällig die Nase. Solche Dinge waren für Gordy und mich nie wichtig.
Ich ignorierte den Stich in meinem Herzen und ich sah auch über Kirbys Arroganz hinweg. Die Frage, was denn für sie beide in ihrer gemeinsamen Zeit gezählt hatte, verkniff ich mir.
Der geringschätzige Ausdruck in Kirbys Gesicht wich einem spöttischen Zug um ihre Mundwinkel.
Es wundert mich nicht, dass er Spaß daran hat, dich zu küssen, be gann sie in beiläufigem Tonfall , und zu berühren … und all das mit dir zu tun, was Menschen miteinander machen. Es ist neu für ihn und deshalb sicher aufregend. Ihre Stimme verschärfte sich. Aber es ist nichts weiter als
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