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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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sterben! Ich möchte nicht schuld sein an ihrem Tod.
    Vor allem aber wollte ich nicht, dass Gordy sich Vorwürfe ma chen musste, weil er sie nicht daran gehindert hatte, mich zu be gleiten.
    Nach einer Weile, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, wurde das Meer endlich lichter, Fischschwärme stoben vorbei, und ich konn te wieder die unzähligen Furchen und Spalten im Vulkangestein erkennen, aus denen Korallen, Algen und Anemonen hervor wuchsen.
    Ich nahm einen tiefen Atemzug, spürte, wie meine Lungen sich dehnten und mit sauerstoffhaltigem Wasser durchflutet wurden und meine Energie zurückkehrte.
    Kirby! , flüsterte ich. Kirby?
    Der delfinförmige Kopf ihrer Außenhaut ruhte auf meiner Schulter, darunter erkannte ich nicht mehr als ihr leuchtend rotes Haar, das über ihren schmalen bleichen Rücken fiel. Ihre Wirbel zeichneten sich bläulich unter der zarten Haut ab.
    Kirby, verdammt! Ich drückte sie ein Stück von mir weg und versuchte, ihr in die Augen zu sehen, doch ihr Kopf kippte sofort nach vorn, sodass sich mir nur ihr Scheitel und ein schmaler Streifen ihrer menschlichen Stirn darboten. Und plötzlich wurde mir klar, dass ich ihr nicht helfen konnte. Das Meer hatte mir kein Talent verliehen, um sie zu retten, und meine Bitte war nicht erhört worden. Jetzt gab es nur noch eine einzige Möglichkeit: Gordy!
    Ich hätte ihn gleich rufen sollen.
    Prompt meldete sich mein schlechtes Gewissen und begann an mir zu nagen, wie ein niederträchtiger kleiner Teufel. Die Arme wieder fest um Kirbys Körper geschlungen, glitt ich, so schnell ich konnte, dicht an der Klippenwand entlang weiter nach oben und rief dabei unaufhörlich nach Gordy.
    Hilf mir!
    Ich musste ihn nicht lange bitten. Sehr viel eher, als ich erwar tet hatte, erschien ein Schemen über mir, und kurz darauf sah ich mich Gordian und Poy gegenüber.
    Was ist passiert?, fragte der weißhaarige Delfinnix barsch und blitzte mich aus seinen Raubvogelaugen argwöhnisch an.
    Ich wich seinem Blick aus und wandte mich direkt an Gordy. Für lange Erklärungen war nun keine Zeit.
    Sie ist ohnmächtig geworden und auf einen Felsen geschlagen. Sei bitte vorsichtig, sie könnte verletzt sein.
    Ich weiß , flüsterte er mir zu. Ich bin in Gedanken immer bei dir gewesen, und ich wäre schon viel eher gekommen, wenn dieser Idiot mich nicht aufgehalten hätte. Er traut dir nicht.
    Das wundert mich nicht, erwiderte ich, während Gordian Kirby ergriff und in seine Arme nahm.
    Er schmiegte seine Wange an ihren Delfinkopf, schloss die Au gen und strich mit seinen Händen zärtlich über ihre Außenhaut.
    Der Anblick versetzte mir einen Stich. Hastig drehte ich mich um und stieß wieder in die Tiefe hinab. Ohne Begleitung würde ich den Geheimnisträger sehr viel schneller aufspüren können. Das Meer hatte mir durch Gordians Traum eine Botschaft ge schickt, es würde mir auch den Weg zur Höhle zeigen, das zumin dest hoffte ich.
    Mit gleichmäßigen, zügigen Flossenschlägen legte ich Meter um Meter zurück. Jetzt konnte ich mich endlich voll und ganz auf mei ne Mission konzentrieren und musste auf nichts weiter achten als darauf, mich nicht zu überanstrengen.
    Anfangs hatte ich noch das Gefühl, dass Poy mir folgte, doch offenbar hatte er es sich anders überlegt, denn mittlerweile spürte ich niemanden mehr in meinem Rücken.
    Ich war allein mit dem Meer und einem leisen Singsang in mei nem Kopf, der zwischen meinen Ohren an- und abschwoll und von dem ich zunächst glaubte, dass ich ihn mir nur einbildete. Möglicherweise wurde er vom steigenden Tiefendruck erzeugt, und ich hatte ihn eben nur deshalb nicht wahrgenommen, weil Kirby mich in eine Diskussion verwickelt hatte.
    Das Seltsame allerdings war, dass ich diesmal überhaupt kei nen Druck empfand. Mühelos behielt ich mein Tempo bei, an der Kraft meiner Bewegungen änderte sich nicht das Geringste, und meine Atemzüge blieben auch dann noch tief und gleichmäßig, als sich das Wasser um mich herum längst verdunkelt hatte und nur noch hier und da ein Lichtreflex auf ein lauerndes Fischauge traf, das aus einer der unzähligen Felsspalten hervorlugte.
    Je weiter ich hinabtauchte, desto deutlicher wurde der Gesang in meinem Kopf. Es war mittlerweile auch kein monotones An- und Abschwellen mehr, sondern ging nun allmählich in eine wunderschöne Melodie über, so lieblich und sehnsuchtsvoll, dass sie die tiefsten Tiefen meines Herzens berührte und mich und meine Seele davontrug.
    Vielleicht ist dies ja der Anfang vom

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