Meerestosen (German Edition)
Ende, dachte ich noch, der Beginn einer Ohnmacht … das Tor zum Tod … und damit die Lö sung für einen Teil aller Probleme … bevor stockdunkle Finsternis mich in einen Abgrund riss.
Perdido Key, Florida, 23. Mai 2012, 06:33 Uhr
»Woher kommst du?«, fragte Shelley. Ihre Finger fuhren durch den feinen Puderzuckersand des weitläufigen Strandes, an dem sie sich nebeneinander niedergelassen hatten. »Wieso habe ich dich hier noch nie gesehen?«
Zak blinzelte gegen die aufgehende Sonne. Seine Haut schillerte, als wäre sie von Millionen von Salzkristallen überzogen. Beiläufig fuhr er mit den Fingerkuppen über sein Knie.
»Das Meer ist mein Zuhause.«
»Aha.« Shellys Lachen war hell und klar. Ihre grauen Augen funkelten wie die Sterne, die vor wenigen Stunden noch den Himmel über ihm bedeckt hatten, und ihre schneeweißen Zähne erinnerten Zak an die Perlen einer Auster. Am besten aber gefielen ihm die winzigen Sommersprossen, die ihr bei jedem Lächeln auf der Nase tanzten. »Und wo ist dein Boot?«, fragte sie und machte eine ausschweifende Geste über den ausgedehnten Sandstrand, auf dem sich außer ihnen beiden keine Menschenseele befand.
»Ich brauche kein Boot«, sagte Zak.
Das Lachen verklang und machte einem Stirnrunzeln und einem verständnislosen Kopfschütteln Platz. Irritiert sah Shelly ihn an.
Zak wunderte sich, dass sie die olivgrünen Shorts, die er in dem kleinen Unterstand abseits des Wohnhauses neben den Surfbrettern gefunden hatte, nicht erkannte. Entweder gehörte sie keinem ihrer Geschwister oder Freunde oder es gab diese Art Hosen hier wie Seegras am Meeresboden.
»Ich kann ziemlich gut schwimmen«, erklärte er.
»Okay …«, meinte Shelly gedehnt. »Das ist aber keine Antwort auf meine Frage.«
»Doch«, erwiderte Zak. »Natürlich.«
Er verlieh seiner Stimme ein samtenes Timbre. Welche Wirkung es hatte, erzählten ihm Shelleys Augen. Ihre Pupillen waren riesengroß und nachtschwarz und ein scheuer, aber dennoch sehnsüchtiger Ausdruck lag in ihrem Blick.
Keine Frage, Shelley war hübsch. Sehr hübsch. Und Zak wusste, er konnte sie haben, so wie er jedes Mädchen würde haben können, doch leider war sie nicht die, nach der er suchte.
»Du hast mich gefragt, wo mein Boot liegt«, fuhr er fort.
Shelley sah ihn an und nickte. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, ihre Haut duftete nach Sommer und unter ihrem dünnen weißen T-Shirt zeichneten sich die dunklen Höfe ihrer Brustwarzen ab.
Zak wusste, es wäre besser, wenn er jetzt aufstand und einfach davonging. Noch hatte er die Grenze nicht überschritten, noch konnte er dieses Mädchen am Leben lassen. Er dachte an Elliot und Kyan und versuchte, sich an den Ekel zu erinnern, den er verspürt hatte, als die beiden Bethany töteten. Jetzt war er allein und plötzlich fühlte sich alles ganz anders an. Nicht Kyan entschied, sondern er, Zak. Nun hatte er die Macht über Leben und Tod und darin lag ein unwiderstehlicher Reiz.
Lächelnd neigte er sich zu Shelley hin. »Und du hast gefragt, woher ich komme …«
»Ja …« Sie seufzte leise.
»Möchtest du, dass ich es dir zeige?«
Sie zögerte.
»Ich weiß nicht.«
Zak nahm eine hellblonde Locke, die sich auf ihrer Schulter kräuselte, und drehte sie spielerisch um seinen Finger. »Du bist wunderschön, weißt du das?«
Shelley schluckte. Ihr Atem ging stockend, und ihre Hände, die sie um ihre Beine geschlungen hatte, zitterten. Aber sie schaute nicht weg.
»Vertraust du mir?«, flüsterte Zak.
»Ich kenne dich doch gar nicht … richtig.«
Er grinste. »Ich dich auch nicht, oder?«
»Ja, also … Ich beiße dich schon nicht«, erwiderte Shelley und grinste ebenfalls.
Zak erwiderte nichts, sondern sah sie nur an, berührte in Gedanken ihre weiche Haut und kostete ihre Lippen.
»Hast du Lust, schwimmen zu gehen?«, fragte er nach einer Weile knisternden Schweigens.
»Ich weiß nicht … Mein Bikini …« Shelley wandte sich zum Wohnhaus um. »Ich müsste ihn rasch holen. Wenn du kurz wartest …?«
»Bestimmt nicht.«
Ihre überraschte Miene amüsierte ihn.
»Weißt du, das kann ich nicht«, sagte Zak leise und zuckte bedauernd mit den Schultern. »Ich habe nämlich beschlossen, keine Sekunde mehr ohne dich zu sein.«
Shelley schluckte abermals. Eine zarte Röte überzog ihre Schläfen und wanderte über ihre Wangen bis zu ihrem Hals hinunter.
Zak beugte sich noch näher zu ihr hin, bis ihre Locken ihn an der Nase kitzelten. »Meermänner können nicht
Weitere Kostenlose Bücher