Meerestosen (German Edition)
als sonst – und ließen die Region westlich der Ilhas Desertas im Nu hinter uns.
Kirby, hörte ich Gordy neben mir keuchen. Ich muss zurück.
Er stoppte und ließ dabei meinen Arm so plötzlich los, dass ich noch ein ganzes Stück weiterglitt, ehe ich ebenfalls anhalten und mich zu ihm umwenden konnte.
Was ist denn los?
Kirby kann nicht mithalten, erwiderte er. Große Macht zu haben, bedeutet offenbar auch, sich effektiver voranbewegen zu können .
Ich schluckte. Natürlich war das ein Vorteil. Trotzdem bereitete mir die Vorstellung, dass mir nun Fähigkeiten zur Verfügung stan den, deren Wirkung ich nicht einzuschätzen vermochte, großes Unbehagen.
Es ist so weit, flüsterte Gordian. Wir müssen … uns trennen …
Seine Pupillen waren geweitet und das Türkis seiner Iris fla ckerte.
Ich spürte die Panik, die mit kalten Fingern nach mir griff, und die Angst, dass das Meer uns nun womöglich doch für immer auseinanderriss, lag so schwer auf meiner Brust, dass ich kaum noch atmen konnte.
Ich werde dich nicht vergessen, Elodie.
Gordys Stimme durchdrang meine Gedanken und erfüllte mich mit einer leisen Hoffnung.
Und ich trage unsere letzte Nacht in mir. Es ist, als hätte sie sich in meine Seele gebrannt.
Seine Pupillen waren noch immer geweitet, aber seine Iris schimmerte nun ruhig und sanft und sein Blick schenkte mir un endliche Liebe und Zärtlichkeit.
Ich wollte ihm in die Arme fliegen. Ihn noch einmal spüren, ein letztes Mal küssen, aber ich war wie in mir selbst gefangen.
Pass auf dich auf , sagte Gordian. Und bitte warte hier, bis Idis dich eingeholt hat.
Aber … Es war doch im Grunde gar nicht mehr nötig, dass sie und ihre Delfine mich begleiteten.
Ich möchte Gewissheit haben, dass du sicher in den Ärmelkanal zurückgekehrt bist.
Und ich? Was ist mit mir? Ich muss auch wissen, ob du …
Ein winziges, nahezu unmerkliches Lächeln zupfte an seinen Augenwinkeln. Solange Idis bei dir ist, wirst du es wissen.
Ich nickte. Für einige wenige unschlüssige Sekunden klebten unsere Blicke aufeinander.
Und bitte denke daran, wisperte Gordian dann. Ich gehöre jetzt zu Kirby.
Wie meinst du das?, schrie es in mir, und am liebsten hätte ich ihn dazu gebracht, mir noch einmal zu schwören, dass er mich liebte. Nur mich. Aber ich wusste ja, dass das nun nicht mehr möglich war. Niemand – weder Hainix noch Delfinnix – durf te auch nur im Geringsten daran zweifeln, dass unsere Liebe ein Ende gefunden und Gordy sich für Kirby entschieden hatte – am wenigsten sie selbst.
Und da sah ich sie auch schon. Ihren roten Schopf, der nun zügig immer näher kam. Ohne Frage hatte Gordian ihn ebenfalls längst bemerkt.
Also …, sagte er leise.
Ein kurzes Nicken noch, dann hatte er sich bereits von mir ab gewandt und schwamm mit kräftigen Flossenschlägen auf Kirby zu.
Ich starrte Gordian hinterher, sah, wie Kirby allmählich größer und er gleichzeitig immer kleiner wurde und wie dann beide zu sammen im dunstigen Blau des Meeres verschwanden.
Ich werde dich nicht vergessen, Elodie.
Dieses Versprechen schwang noch immer in meinem Herzen und strich behutsam über die Wunde in meiner Seele.
Mit einem tiefen, schweren Seufzer schloss ich die Augen und wurde augenblicklich von einem samtschwarzen Sternenhimmel umfangen. Das sanfte Rauschen des Meeres drang in meine Oh ren, ich hörte Gordians zärtliche Worte und diese wunderschöne Melodie, die das Zusammenschmelzen unserer Sehnsüchte beglei tete. Gordys Küsse und Berührungen brannten auf meiner Haut, und für einen kurzen berauschenden Moment war mir so, als spürte ich seinen Körper noch immer in meinem.
Die Versuchung, ihr Herzenslicht auf einen Einzigen zu richten und darin Erfüllung zu finden, ist groß, doch sie können ihrer Bestimmung niemals entfliehen.
Das ist ein ehernes Gesetz.
Es zu brechen, bedeutet ihren Tod … und damit auch den Tod des Meeres.
Die Ernüchterung traf mich wie ein harter Schlag.
Gordian gehörte nicht mehr zu mir, er gehörte jetzt zu Kirby. Das war seine Bestimmung und zugleich Teil unserer gemein samen Aufgabe. Ich hatte das viel eher erkannt als er, ich hatte vernünftig sein wollen und tapfer, aber nun riss mich die Verzweiflung über die Ausweglosigkeit unseres Schicksals innerlich schier entzwei.
Gordian war mein Herzschlag, mein Blut und meine Seele. Nie mand kannte mich so gut wie er und nie zuvor hatte ich mich so tief mit jemandem verbunden gefühlt. Und nun nahm das Meer ihn mir weg, nahm
Weitere Kostenlose Bücher