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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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mir das Liebste, was ich je besessen hatte, und ich konnte nichts, aber auch gar nichts dagegen tun. Im Gegenteil, wenn ich jetzt aufgab, wenn ich jetzt nicht bereit war, alles und noch viel mehr zu geben, brachte ich Gordians Leben in Gefahr.
    Es wird Zeit, Elodie , riss eine leise Stimme mich ins Hier und Jetzt zurück.
    Ich wirbelte herum und sah mich Idis und einer Delfinschule aus mindestens hundert Tieren gegenüber. Sie mussten sich mir vollkommen lautlos genähert haben.
    Idis musterte mich mit einer hochgezogenen Augenbraue.
    Ts. Ts, machte sie. Wir können von Glück sagen, dass du nicht hinterrücks von einem Megalodon verspeist worden bist.
    Einem was?
    Riesenhai.
    Zuerst stutzte ich, dann konnte ich mir ein müdes Lächeln ab gewinnen. Du hast meine Gedanken gehört?, fragte ich betreten.
    Das nicht, erwiderte Idis und grinste verschmitzt, aber es besteht ja wohl kein Zweifel daran, dass du gerade ziemlich abwesend warst. Sie schüttelte tadelnd den Kopf.
    Ich zwang mich, nicht weiter an Gordy und auch nicht an mei ne Unvorsichtigkeit zu denken, und deutete auf die Tiere, die wundersamerweise absolut reglos im Wasser standen und nicht einmal ihre Flossenspitzen bewegten.
    Müssen sie wirklich alle mitkommen?
    Allerdings, antwortete Idis knapp. Nicht deinetwegen, fügte sie hastig hinzu. Du hättest es beileibe nicht nötig, meinte sie augenzwin kernd. Bei dem Tempo, das du inzwischen hinlegst, entwischst du garantiert jedem.
    Auch einem … ähm, Megalodon?
    Locker. Sie lachte auf. Ich glaube, der letzte dieser Art lebte vor ungefähr anderthalb Millionen Jahren.
    Ich sah sie an und musste grinsen.
    Idis’ Unbekümmertheit tat mir gut. Gordys Schwester war so ganz anders als die übrigen Delfinnixe. Die Sonne, nach der sie sich alle so sehnten, trug sie in ihrem Herzen. Idis versteckte ihre Gefühle nicht. Sie war immer geradeheraus und erfrischend ehr lich. Cyrils Behauptung, dass alle Delfine Schauspieler seien und ihre wahren Absichten hinter einer Maske versteckten, traf auf sie jedenfalls nicht zu.
    Wehmütig dachte ich an Gordy und ertappte mich bei dem Wunsch, er möge seiner Schwester in dieser Hinsicht etwas ähn licher sein.
    Sei nicht so egoistisch, Elodie, ermahnte ich mich. Du hast im Moment ganz andere Probleme. Der Ausblick in die Zukunft war beängstigend, und ich hatte große Zweifel, ob ich dem, was das Meer mir aufgetragen hatte, wirklich gewachsen war. Aber ich wollte meine Aufgabe erfüllen wie Gordy die seine. Nur dann hatten wir eine Chance, uns vielleicht eines Tages wiederzusehen.
    Erneut breitete sich ein Gefühl der Schwere in meiner Brust aus, und ich drohte wieder in meinem Schmerz zu versinken, was auch Idis offensichtlich nicht entging, denn sie betrachtete mich stirnrunzelnd. Alles okay bei dir?
    Ja, ja, sagte ich schnell und verscheuchte entschlossen sämtliche quälenden Gedanken. Ich hatte doch längst alles glasklar vor mir gesehen, meine Entscheidung getroffen und Gordian in seiner gestützt und bestärkt. Wenn ich verzagte, behinderte ich mich nur selbst … und war auch Gordy am Ende ganz sicher keine Hilfe.
    Noch geht es ihm gut, sagte Idis. Soll ich ihm das Gleiche von dir berichten?
    Ich atmete tief durch und zauberte mir einen Hauch von Zuver sicht ins Gesicht.
    Auf jeden Fall, gab ich zurück und wies abermals auf das Heer von Delfinen hinter ihr, die noch immer bewegungslos auf der Stelle verharrten. Verrätst du mir nun, warum es so wichtig ist, dass sie uns begleiten?, fragte ich.
    Weil diese Reise ein perfektes Training für uns ist, gab Idis zurück. Ich habe noch nie eine so große Schule geführt. Es ist aber wichtig, dass ich das lerne. Im Ernstfall hängt nicht nur unser Wohl, sondern auch das der Tiere davon ab, betonte sie.
    Ich nickte, denn im Grunde erzählte sie mir nichts Neues.
    Können wir dann?, fragte Idis. Oder findest du es hier so schön, dass du noch ein wenig entspannen möchtest?
    Scherzkeks, foppte ich sie.
    Tatsächlich befanden wir uns nämlich an einem der unwirt lichsten Orte, an denen ich mich je aufgehalten hatte. Hinter uns ragte ein schroffes, an einigen wenigen Stellen mit dunklem Tang bewachsenes, ansonsten aber vollkommen karges Riff auf, unter uns gähnte tiefschwarze Dunkelheit und aus der Ferne dröhnten die Motorengeräusche riesiger Containerschiffe herüber.
    Na, dann schwimm mal vor, du Hai, sagte Idis. Aber bitte langsam.

    Obwohl dies ein anderer Weg war als jener, den ich auf der Hin reise mit Gordian genommen

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