Meerestosen (German Edition)
Hals gefallen wäre. Einzig ihre Außenhülle hielt mich davon ab.
Ehrlich, Idis, das vergesse ich dir nie!, rief ich aus vollem Herzen.
Geschenkt, brummte sie. Der Hauptteil der Arbeit scheint ja ohnehin auf dich zu gehen.
Verständnislos sah ich sie an.
Ich habe den Delfinen jedenfalls nicht gesagt, dass sie zu mir kommen sollen .
Aber … Ich schüttelte den Kopf. Das war doch nicht möglich. Wenn die Tiere wirklich auf meinen Befehl reagiert hatten, muss te ich – unbewusst – mit Idis’ Stimme gesprochen haben.
Sieht ganz so aus, knurrte sie und ließ ihren Blick langsam zu Cyril hinüberwandern. Unsere Begleitung brauchst du jetzt ja wohl nicht mehr.
Er nickte ihr stumm zu, woraufhin das Vibrieren des Meeres allmählich nachließ, dennoch war deutlich zu spüren, dass Cy ril und Idis weit davon entfernt waren, einen Bruderkuss zu tau schen, und das frustrierte mich. Wie sollten Hai- und Delfinnixe jemals Vertrauen zueinander fassen, geschweige denn Frieden schließen, wenn selbst die Klügsten und Weitsichtigsten unter ih nen nicht miteinander auskamen?
Cyril, was sollte das?, fuhr ich ihn an. Du hättest doch wissen müssen, dass die Tiere dich angreifen würden.
Ich wollte sie auf die Probe stellen, gab er zurück, und im ersten Moment glaubte ich, mich verhört zu haben.
Wen? Idis oder die Delfine? Egal – das eine war so hirnverbrannt wie das andere. Hast du deshalb deine Stimme verstellt?
Cyrils Antwort ließ auf sich warten. Wahrscheinlich war ihm inzwischen selber klar, dass er in seinem bisherigen Leben schon weitaus intelligentere Dinge vollbracht hatte.
Ich wollte ausprobieren, ob es eine Frequenz gibt, auf die sie reagieren, erklärte er mir schließlich.
Tja, offenbar erfolglos. Ich dagegen hatte es hingekriegt, und das, obwohl ich es gar nicht darauf angelegt hatte.
Cyril starrte mich an. Dann hatte sie also gar nicht vor, mich zu verschonen.
Natürlich hatte sie das!, erwiderte ich heftig . Ich war bloß schneller als sie.
Seine Miene verfinsterte sich. Zum Glück!
Du bist derjenige, der sich an uns herangeschlichen hat, wies ich ihn zurecht . Idis blieb gar nichts anderes übrig, als die Tiere auf dich zu hetzen.
Klar. Cyril schob herausfordernd das Kinn vor. An die hundert Delfine auf einen Hainix.
Ich presste die Lippen aufeinander und feuerte noch ein paar zornige Blicke auf ihn ab. Wie es aussah, wollte er einfach nicht verstehen.
Hauptsache, ihr kommt gut miteinander aus, drang Idis’ Stimme in mein Gehör, und einen Moment lang war ich irritiert, weil ich davon ausging, dass sie Cyrils und mein verschlüsseltes Gespräch belauscht hatte.
Keine Sorge, beruhigte er mich. Sie hat nur in unseren Gesichtern gelesen. Wahrscheinlich verrät unsere Mimik, dass wir gerade keine besonders freundlichen Worte füreinander finden. Sollen wir wetten?, sagte er betont harsch und lächelte mich dabei übertrieben strahlend an.
Ich lächelte wohlweislich zurück und schon entspannten sich auch Idis’ Züge.
Okay, ihr habt euch also … geeinigt?, fragte sie vorsichtig.
Ja, Idis, das haben wir, erwiderte ich und vermied es, Cyril dabei anzusehen. Womöglich hätte mein Blick ihr verraten, dass zwi schen ihm und mir noch längst nicht alles geklärt war. Ich werde nun mit Cyril weiterschwimmen. Danke, dass du mich begleitet hast … und für alles, was ich von dir gelernt habe.
Keine Ursache.
Sie lächelte kurz und nickte mir noch einmal zu, dann wandte sie sich ab und verschwand inmitten ihrer Delfinschar in Rich tung Süden.
Am besten ist es wohl, wenn du vorausschwimmst, schlug Cyril vor. Ich passe mich dann deiner Geschwindigkeit an. Außerdem kann ich so deinen Rückraum sichern.
Na, dann viel Spaß, wünschte ich ihm und preschte davon.
Natürlich konnte Cyril nicht mithalten und schon bald hat te ich ihn abgehängt. Wahrscheinlich war er schrecklich wütend, aber das geschah ihm ganz recht. Warum musste er auch den Mund immer so voll nehmen!
Zu meiner Überraschung machte es mir überhaupt keine Angst, allein in dieser mir völlig fremden Umgebung zu sein, wohl wis send, dass ich jederzeit von einer Allianz aus Delfinnixen angegrif fen werden oder mich bei dem Tempo, das ich vorgab, unversehens in einem Fangnetz verheddern konnte. Im Gegenteil: Ich genoss es, mit meinen Gedanken endlich ganz für mich zu sein, und gönn te mir die süße Erinnerung an Gordy, an diese letzte wundervolle Nacht, in der wir unsere Seelen über die Meere fliegen ließen und mit allem, was
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